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Der Fahrplan für den Wiederaufbau von Roscher

Von Normalität kann auf dem Roscher-Gelände keine Rede sein. Doch der Wiederaufbau nimmt konkrete Züge an.

Von Ingo Kramer
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Falko Hoffmann und Pirkko Lübben von Europcar stehen vor ihrer Filiale Reichenbacher Straße. Sie ist wieder normal geöffnet.
Falko Hoffmann und Pirkko Lübben von Europcar stehen vor ihrer Filiale Reichenbacher Straße. Sie ist wieder normal geöffnet. © Nikolai Schmidt

Auch wenn Normalität derzeit noch ein Fremdwort ist im Roscher-Gewerbepark an der Reichenbacher Straße: Die ersten Mieter sind wieder arbeitsfähig. Und zwar die, die von dem verheerenden Großbrand am Montag nicht direkt betroffen waren. „Die Stadtwerke haben Wasserrohre geschweißt und in den ersten unversehrten Hallen gibt es nun auch wieder Strom“, sagt Anke Klaus von der Maro Gewerbepark Görlitz GbR, die den von 27 Firmen genutzten Standort seit 2013 verwaltet. Die Firma Europcar zum Beispiel sei gestern wieder an den Start gegangen – inklusive aller Medien, sagt Anke Klaus: „Die nächsten Firmen folgen Schritt für Schritt.“

Für die, die komplett abgebrannt sind und alles verloren haben, sieht die Situation aber völlig anders aus. Doch Anke Klaus ist auch hier optimistisch. Und das aus zwei Gründen: „Einerseits halten die Mieter alle wahnsinnig toll zusammen, räumen zum Beispiel für den anderen Lagermöglichkeiten frei, und andererseits ist uns ganz viel Hilfe angeboten worden, das ist toll.“ Für sie steht fest: Die denkmalgeschützten Gebäude sollen auf jeden Fall wieder aufgebaut werden. Weil das aber eine Weile dauern wird, könnten zunächst einmal Bürocontainer und eine Leichtbauhalle entstehen – und das nicht irgendwo, sondern direkt im Gewerbepark. Platz ist jedenfalls genügend da. „Das sind zwar momentan erst einmal nur Gedankengänge, aber für die Firmen könnte es eine Zwischenlösung sein, um die Zeit des Wiederaufbaus zu überbrücken“, sagt Anke Klaus.

Sie macht keinen Hehl daraus, dass die Betroffenen im Moment noch völlig fertig sind, ständig unter Strom stehen, einige Mitarbeiter auch schon Kündigungen von ihren Chefs erhalten haben. „Aber bisher hat noch kein Einziger gesagt, dass er wegziehen will“, sagt sie. Stattdessen hofft sie, dass alle gemeinsam den Neuanfang schaffen. Allerdings gebe es auch einige, die im Moment zweifeln, ob sie überhaupt noch einmal einen Neuanfang wagen sollen: „Die sind einfach traumatisiert und müssen ihren weiteren Lebensweg ordnen.“

Umso glücklicher ist sie über all die Hilfe, die angeboten wurde. OB Siegfried Deinege war schon zweimal vor Ort, dazu die Wirtschaftsförderung und der CDU-Landtagsabgeordnete Octavian Ursu: „Alle wollen uns unterstützen.“ Die Stadt habe zum Beispiel ganz konkret angeboten, planungsrechtlich alles zu vereinfachen, sodass es möglichst schnell vorangeht.

Weil viele Leute Hilfe angeboten haben, soll in den nächsten Tagen auch ein Sammelkonto eröffnet werden. Das ist eine Art Spendenkonto, aber es kann nicht Spendenkonto heißen, denn der Gewerbepark ist nicht gemeinnützig und kann deshalb keine Spendenbescheinigungen ausstellen. Stattdessen ist es ein Treuhandkonto, auf das die betroffenen Firmen zugreifen können. Wer spenden will, muss konkret angeben, welche Firma er unterstützen möchte. Sobald das Konto eröffnet ist, wird die SZ die Kontoverbindung veröffentlichen und auch sagen, für welche konkreten Firmen gespendet werden kann. Auch in den sozialen Netzwerken will Anke Klaus dieses Sammelkonto schnellstmöglich bewerben, denn momentan ist die Spendenbereitschaft groß. Sie könnte aber abebben, wenn zu viel Zeit vergeht. „Geld wäre jetzt tatsächlich eine echte Hilfe“, sagt sie.

Der erst im Jahr 2013 sanierte historische Schornstein bekommt auch eine Zukunft. „Für seinen Erhalt soll eine Stiftung gegründet werden“, sagt Anke Klaus. Was ebenfalls fehlt ist Internet. Das war in dem Gewerbepark aber auch schon vor dem Brand ein großes Problem, die Anbindung war mies: „Das soll jetzt schnell vorangetrieben werden.“ Ein anderes Problem: Anke Klaus musste noch nie so vieles gleichzeitig koordinieren wie jetzt. Sie ist momentan Tag und Nacht gefordert. Das zehrt an ihren Kräften. Wenn sich jemand mit Erfahrung finden würde, der ihr bei der Koordination helfen kann, wäre sie glücklich.

Hilfsangebote jeder Art bitte per E-Mail an Anke Klaus: [email protected]

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