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Fährmann hol’ über!

An der Elbe gibt es knapp 50 Fähren, fast die Hälfte davon befinden sich in Sachsen.

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Die Autofähre in Zehren ist inzwischen eingestellt, weil der Landkreis nicht mehr für sie zahlt. Damit ist nicht nur ein Transportmittel, sondern auch ein Stück Kultur verschwunden.
Die Autofähre in Zehren ist inzwischen eingestellt, weil der Landkreis nicht mehr für sie zahlt. Damit ist nicht nur ein Transportmittel, sondern auch ein Stück Kultur verschwunden. © Claudia Hübschmann

Von Sabine Tacke

Für die einen sind sie ganz normale Verkehrsmittel, für die anderen bedeuten sie ein kleines Abenteuer, eine Mini-Kreuzfahrt: Fähren – die schwimmenden Brücken zwischen den Flussufern.

An der gesamten Elbe gibt es nach Angaben der Arbeitsgemeinschaft Binnenfähren 47 Fähren. Nicht eben viel, wenn man die Länge des Flusses bedenkt. Noch vor Jahrzehnten sah man an seinen Ufern eine ganz stattliche Zahl der kleinen Fährhäuschen. Doch immer mehr verschwanden von der Bildfläche – eine Folge des Brückenbaus und der Motorisierung. Und so kam es, dass die Elbfähren zu einer vom Aussterben bedrohten Art wurden.

Auf dem 170 Kilometer langen sächsischen Elbabschnitt verkehren 23 von ihnen. Damit schwimmt fast jede zweite Elbfähre in Sachsen. Von Dresden bis Tschechien findet man sogar alle fünf Kilometer eine. Das ist Rekord! Die Sachsen lieben ihre Elbfähren. Eigentlich sind sie ja sogar die Erfinder der kleinen Elbschiffchen. Die älteste überhaupt gibt es zwischen Riesa und Promnitz. Sie wurde 1197 erstmals urkundlich erwähnt. Und man staune – es gibt sie noch heute.

Nicht so die Blasewitzer Elbfähre. Sie pendelte schon im 13. Jahrhundert zwischen dem Blasewitzer und Loschwitzer Ufer. Doch sie musste dem Blauen Wunder weichen, der berühmten Elbbrücke, die seit 1893 die beiden Dresdner Stadtteile verbindet. Dass die Sachsen schneller waren, ficht die Hamburger wenig an. Sie reklamieren beharrlich die älteste Fährstelle Deutschlands für sich – die Fähre Zollenspieker im Südosten der Stadt, seit 1252 in Betrieb. Einen anderen Superlativ kann sie getrost in Anspruch nehmen. Sie ist die letzte Autofähre Hamburgs.

Die erste Gierseilfähre an der Elbe ging 1682 am Roßlauer Flussübergang in Betrieb. Bis dahin wurde nämlich noch fleißig gestakt und gerudert. Johann Georg II., Fürst von Anhalt-Dessau (1627 – 1693), hatte diese neue Technik am Rhein gesehen und holte sie an die heimische Elbe. Im Prinzip unterschied sie sich nicht von den heutigen Gierfähren – originelle Gefährte, die ohne Motorkraft auskommen. Nur die Strömung treibt die kleinen Boote an einem Seil übers Wasser. Geräuschlos, fast geisterhaft, gleiten sie dahin. Eine der modernsten Gierfähren gibt es übrigens in Aken. Sie wurde erst 1997 auf der Akener Schiffswerft Georg Placke gebaut.

Heute bestimmen Motor- und Gierseilfähren das Bild der auf der Elbe. Nur bis 1878 gab es noch eine Extravaganz – das Elbetrajekt Lauenburg-Hohnsdorf. Die Fähre nahm ganze Eisenbahnzüge auf ihren Buckel. Ihr Betrieb wurde nach 14 Jahren wieder eingestellt, nachdem die Eisenbahnbrücke bei Lauenburg eröffnet worden war.

Längst Geschichte ist auch der alte Brauch, die Hände wie einen Trichter vor den Mund zu legen und nach dem Fährmann zu rufen. Inzwischen gibt es für die schwimmenden Transportmittel ordentliche Fahrpläne wie bei Bus und Bahn. Der etwas archaische Ruf „Hol’ über!“ wäre wohl heute eine ziemlich unpraktische Art der Kommunikation, eingedenk der Tatsache, dass Fähren heute pausenlos pendelnde Massenverkehrsmittel sind.

Der Text ist dem Bildband „Kulturlandschaft Elbe“, 576 Seiten, 1672 farbige Abbildungen, 39 Euro, Verlag Janos Stekovics, entnommen.