Ebersbach. Wie bekommt man einen 30 Meter langen Düngerstreuer von der Maschinenhalle aufs Feld? Mag die Computersteuerung auch noch so ausgefeilt sein – das wird ohne einen Traktoristen auf absehbare Zeit nicht gehen. Die Sicherheitsprobleme beim autonomen Fahren sind bisher noch nicht einmal für Pkw gelöst, geschweige denn für Trecker und Landmaschinen.
Und das gilt nicht nur für die Straße, sondern auch fürs Feld. Wie will man im dicht besiedelten Deutschland verhindern, dass ein spielendes Kind von einer vollautonom arbeitenden Erntemaschine erfasst wird? „Muss der Landwirt seine Schläge dann komplett einzäunen“, fragt Kurt Glück vom Landmaschinenproduzenten Horsch.
Der Horsch-Marketingchef gab beim Infotag zur Digitalisierung in der Landwirtschaft in Ebersbach die Spaßbremse. „Wer hat im Moment das Gefühl, in Sachen Digitalisierung etwas zu verpassen“, fragte Glück am Freitag in die Runde. Niemand der mehr als 100 versammelten Landwirte hob die Hand. Die Digitalisierung hat bei modernen Landmaschinen längst Einzug gehalten.
Ob Traktoren, Mähdrescher, Düngerstreuer oder Gülle-Ausbringtechnik – die wichtigsten Arbeitsschritte werden von Assistenzsytemen gesteuert. Auch die elektronische Erfassung, Verarbeitung und Übertragung der Daten ist mittlerweile Standard – die Landwirte klagen eher darüber, dass sie zu viel Zeit am Computer verbringen müssen. Und das ist der Punkt, auf den der Horsch-Manager aufmerksam macht. Jeder neue Digitalisierungsschritt erfordert es, sich in die Sache einzuarbeiten und die darauf folgende Datenflut zu bewältigen.
Kommt der Bauer dann überhaupt noch hinaus auf seine Felder? Bei der Ausbringetechnik seien autonome Systeme durchaus denkbar, sagt Kurt Glück. Sofern man das Sicherheitsproblem in den Griff bekommt. Bei der Bodenbearbeitung momentan eher nicht. Da spielten viele Faktoren eine Rolle, die sich nicht in Algorithmen fassen lassen. Im Grunde brauche der Landwirt nur Daten, die ihm weiterhelfen. Und dann kommt es: Es gebe mittlerweile Studien, die den Digitalisierungsgrad von Agrarfirmen ins Verhältnis zum Betriebsergebnis setzen. Die Experten hätten keinen Zusammenhang gefunden. Glücks Fazit: Auf die Fachkenntnis des Landwirtes könne die Agrarbranche auch in Zukunft nicht verzichten.
Norbert Rauch von der gleichnamigen badischen Landmaschinenfabrik sieht die Digitalisierung der Agrarunternehmen deutlich optimistischer. Der Senior des Familienunternehmens hat sich intensiv mit dem Einsatz von Drohnen, Robotern und autonomen Landtechnik-Systemen beschäftigt und setzte sich in Ebersbach detailliert mit den Vor- und Nachteilen der einzelnen Technologien auseinander. Rauch hat 2017 die weltweit erste, flugfähige Düngerstreuer-Drohne vorgestellt. Allerdings darf das 80 Kilogramm schwere Gerät in Deutschland wegen der Sicherheitsbestimmungen nicht fliegen, und es ist auch ziemlich teuer. Aber der Einsatz von kleineren Drohnen, so Norbert Rauch, sei geradezu ein Gebot der Stunde. Auch für Roboter und autonome Landtechnik gelte: Jede Technologie dort, wo sie wirtschaftlich am sinnvollsten und wirtschaftlichsten einsetzbar ist.
So etwa könnte das Fazit des Infotages Digitalisierung im Schulungszentrum der Agrartechnik Sachsen lauten. Dabei kann man bestenfalls zehn Jahre in die Zukunft blicken. Die Elektronik wird bis dahin weder den Landwirt noch den Traktor-Piloten überflüssig gemacht haben.
Was schon Gegenwart ist, stellte am Freitag die Firma Horsch vor: eine Maschine namens X-Power, die das Unkraut ohne jegliche Chemie bekämpft. Das elektrische Herbizid bringt die Pflanzenzellen mit einer Stromspannung von 3000 bis 7000 Volt zum Platzen. Die Regenwürmer würden dabei weitgehend verschont, versicherte Marketingchef Glück. Ganz billig ist aber auch dieser Beitrag zur umweltgerechten Landwirtschaft nicht.
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