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Kohle für Kultur auf dem Lande

Wie ein Schellerhauer der Kunstministerin ein Versprechen abluchst und damit sogar in Sachsen etwas mit bewegt.

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Dietrich Papsch und die Heimatstuben in Schellerhau: eine ganz besondere Beziehung.
Dietrich Papsch und die Heimatstuben in Schellerhau: eine ganz besondere Beziehung. © Archiv: Frank Baldauf

Auch ein gut situierter, älterer Herr mit über achtzig kann noch ausflippen. Dietrich Papsch ist noch immer ganz überwältigt und aufgekratzt. Erst ein Anruf aus Sachsens Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst, dann die Ministerin höchstselbst im knapp 400-Seelen-Dorf Schellerhau. Und Eva-Maria Stange (SPD) reiste diese Woche nicht mit leeren Händen im oberen Osterzgebirge an.

Sie brachte den Kunstfreunden und dem Heimatverein Schellerhau einen Scheck über 1 000 Euro mit. „Wir sind überglücklich“, so Papsch, „und haben uns riesig gefreut.“ Jetzt können Galerie & Museum Heimatstuben, die sie ehrenamtlich in dem Urlauberort betreiben, etwas sicherer in die Zukunft gehen und das erste größere Projekt ohne finanzielle Verrenkungen anpacken. „Wir hatten schon lange den Plan, aus Dresden den Schriftsteller Thomas Rosenlöcher, die Komponistin und Musikerin Agnes Ponizil und den großen Maler der Sächsischen Schweiz, Jochen Fiedler, einzuladen“, sagt Papsch. Nun, mit dem frischen Tausender in der Kasse, machen die Vorbereitungen gleich noch mehr Freude. Die Veranstaltung „Kunst, Literatur und Musik auf dem Erzgebirgskamm“ mit Vernissage kann am 12. Oktober über die Bühne gehen.

Gut, von allein kam die Kunstministerin nicht ins Osterzgebirge. Papsch hat ein bisschen nachgeholfen, wenn nicht gar für die Kleinkunst und -kultur in Sachsen mit seiner zielstrebigen und beharrlichen Art etwas angestoßen. Aber um seine Person geht es ihm dabei überhaupt nicht. „Wichtig für mich ist, dass die Politikerin ihr Wort gehalten hat“, sagt er. Das Versprechen aber hat der gewiefte Schellerhauer der Ministerin erst einmal abgenommen. Und das ging so.

An der Promenade im staatlich anerkannten Erholungsort, der Hauptstraße, dümpelte der einst florierende Gasthof vor sich hin. Die Heimatstuben waren zuletzt schon zwei Jahre geschlossen und damit auch das kleine Museum, das der Heimatverein dort eingerichtet hatte. Papsch und einige andere Bürger wurmte das. Sie wollten nicht länger zusehen und wagten den Vorstoß, das Haus mit neuem Leben zu erfüllen – als Stätte für Kunst und Kultur und als Haus der Begegnung. Stadtverwaltung und Ortschaftsrat stimmten zu. Dann ging es an die Arbeit. Etwa ein Dutzend Kunstfreunde packten an, suchten sich weitere Unterstützer und Helfer. In rund 700 Stunden ehrenamtlicher Arbeit wurden Räume in dem städtischen Gebäude zu einer Galerie umgebaut und das Heimatmuseum wieder aus dem Dornröschenschlaf geweckt. Mithilfe von Spenden flossen etwa 3 000 Euro in die Einrichtung der Galerie. Im Mai vergangenen Jahres konnten dann die Heimatstuben neu eröffnet werden.

Das war aber nur der eine Schritt. Der andere, Galerie und Museum am Leben zu halten, ist der weitaus schwierigere. Das sollte sich schon bald zeigen, obgleich Besucher das Angebot gern nutzen und die Initiatoren erstaunlich viel Zuspruch erhalten. Doch laufende Kosten wie auch Ausgaben für neue Ausstellungen und Veranstaltungen müssen bestritten werden. Und Hoffnungen brauchten sich die Kunstfreunde auf Förderung durch den Kulturraum gar nicht erst zu machen. Dieser fokussiert sich neuerdings mehr auf größere Projekte und setzte seine jahrelangen Zuschüsse zum Beispiel für den Botanischen Garten Schellerhau sogar auf null. „Voriges Jahr war bei uns Notstand“, sagt Papsch. „Wir brauchten Geld“ – wenn dieser Ort der Kunst und Kultur und der Begegnung auf Dauer erhalten und weiter etabliert werden soll.

Papsch meldete sich im Herbst zum Bürgergespräch bei Ministerin Stange an und konnte seine Sorgen vortragen. Er nahm von Dresden nach Schellerhau zwei Botschaften mit: Die Ministerin will darüber nachdenken, wie Kunst und Kultur im ländlichen Raum gefördert werden kann, und die Akteure in Schellerhau besuchen. Nur wenige Monate später hat der Freistaat erstmals ein Förderprogramm für kleinere Projekte aufgelegt, von dem nun die Schellerhauer Kunst- und Heimatfreunde profitieren. Der Topf ist mit insgesamt 200 000 Euro gefüllt. „Es soll möglichst keine Frage des Geldes sein, ob eine Ausstellung, eine Lesung, ein Musikfest oder Ähnliches stattfinden können“, sagt Stange. „Kunst und Kultur tragen in allen Orten Sachsens zur Belebung bei, sind wichtig für die Lebensqualität und fördern den Zusammenhalt.“ Altenbergs Bürgermeister Thomas Kirsten (Freie Wähler) setzt noch einen drauf. „Unser Vertrag mit der Stadt wird für zwei Jahre verlängert, weil das Haus lebt“, sagt Papsch – und jubelt.

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