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Mit Fleiß zum Sachsenpreis

Mit einer Hausaufgabe gewinnt der Freitaler Philip Rädisch eine Auszeichnung als Heimatforscher. Ausgangspunkt war eine Entdeckung im eigenen Garten.

Von Annett Heyse
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Preisarbeit: Philip Rädisch vom Weißeritzgymnasium wurde für eine Projektarbeit ausgezeichnet.
Preisarbeit: Philip Rädisch vom Weißeritzgymnasium wurde für eine Projektarbeit ausgezeichnet. © Karl-Ludwig Oberthuer

Als er den Brief geöffnete hatte, wollte es sein Vater erst gar nicht glauben. "'Lies noch mal genauer', hat er gesagt", erinnert sich Philip Rädisch. Doch da stand es schwarz auf weiß: Der Gymnasiast hatte für eine Schularbeit den Sächsischen Landespreis für Heimatforschung gewonnen. Vor wenigen Tagen konnte er die Auszeichnung in Empfang nehmen. Die Reaktionen seiner Mitschüler? "Die fanden es total krass, dass man für eine Hausarbeit einen Preis gewinnen kann."

Philip Rädisch besucht das elfte Schuljahr am Freitaler Weißeritzgymnasium. Er ist 17 und nach eigener Aussage kein Stubenhocker. "Ich treibe sehr gerne Sport, am liebsten Basketball und Fußball." Zudem spielt er seit zehneinhalb Jahren Gitarre, komponiert und textet sogar eigene Lieder. Doch vor zwei Jahren, als er in der neunten Klasse war, musste er seine Hobbys gehörig einschränken. Wie bei jedem Weißeritzgymnasiasten stand für Philip Rädisch eine große Jahresarbeit im Hausaufgabenheft. Das Thema kann jeder Schüler frei wählen, es gibt lediglich Vorgaben zu Umfang, Form, Quellenverzeichnis, Länge. Auf das preisgekrönte Thema "Die Industrialisierung des Plauenschen Grundes - Vom Tal der Romantik zum Zentrum geballter Industrie“ kam Philip Rädisch während der Gartenarbeit.

Die Rädischs wohnen in Birkigt. Eines Tages half der Junior im Garten hinter dem Haus und buddelte dabei einige schwarze Brocken aus dem Boden. Interessiert grub er tiefer, noch mehr schwarze Steine kamen zum Vorschein - Steinkohle. Zufällig war der Schüler auf ein Flöz gestoßen, dass nur wenige Zentimeter unter der Oberfläche lagerte. Die Familie muss sich in dem Moment gefühlt haben wie die Birkigter vor gut 200 Jahren, die in sogenannten Bauernschächten teils auf eigene Faust Steinkohle gewannen. 

Philip Rädisch war von der Entdeckung so fasziniert, dass er es nun genauer wissen wollte. Er knüpfte Kontakte zum Bergbau- und Hüttenverein, durchforstete das Internet und machte das Thema Kohle und die damit einhergehende industrielle Entwicklung im Plauenschen Grund zum Thema seiner Jahresarbeit. 

Dafür suchte der Schüler viele Puzzleteile zusammen. Er fand sie in der Bücherei, im Internet und vor allem in den Städtischen Sammlungen auf Schloss Burgk. Besondere Unterstützung erhielt er von Museumsmitarbeiterin Juliane Puls, die dem Schüler half, so manches alte Buch aufzutreiben. Allein die Bücherliste in den Quellenangaben der Arbeit umfasst 48 Positionen. Manchmal, das gibt er gerne zu, sei es extrem anstrengend gewesen. Es habe auch Phasen gegeben, da fehlte ihm die Lust. "Aber so geht das  wahrscheinlich jedem bei solch einer Arbeit." 

Eineinhalb Jahre brauchte Philp Rädisch, um die Fakten zusammenzutragen, zu sortieren und niederzuschreiben. Die Arbeit beginnt mit einer Zeit, als das Weißeritztal noch wildromantisch war. Der Schüler spannt den Bogen über den aufkommenden Bergbau, neue Techniken und Maschinen in den Schächten, zur Entwicklung der Infrastruktur mit Eisenbahn und Straßenausbau, dem Bankwesen, dem Bevölkerungszuwachs bis hin zu den ökologischen Folgen mit Luft- und Bodenverschmutzung. "Wir hatten im Geschichtsunterricht einiges über die Industrialisierung in England und im Ruhrgebiet gelernt. Aber dass das in kleinerem Rahmen in Freital ähnlich ablief - das war für mich faszinierend."

Die Arbeit umfasst aber für jeden Schüler noch einen zweiten, den sogenannten kreativen Eigenanteil. Lange überlegte er, eine kleine Ausstellung anzufertigen. Doch am Ende wurde es etwas ganz anderes. Der Schüler tippte in nur vier Wochen eine fiktive Geschichte in seinen Computer. "Im Schatten des schwarzen Goldes" dreht sich um den zehnjährigen Sohn einer armen Bergarbeiterfamilie um 1870, der auf eigene Faust in einem stillgelegten Bauernschacht nach Steinkohle gräbt. Mit dem Verkaufserlös möchte er das Geld für die Behandlung seiner kranken Schwester aufbringen. 107 Seiten hat das Buch. "Ich hatte noch so viele Fakten, die ich nicht in meiner Arbeit unterbringen konnte, weil das die vorgegebene Länge gesprengt hätte. Also habe ich diese Fakten in die Geschichte gepackt und konnte dann auch noch Emotionen und Phantasie unterbringen."

Fakten und Fiktion: Die Erzählung "Im Schatten des schwarzen Goldes" von Philip Rädisch spielt um 1870. 
Fakten und Fiktion: Die Erzählung "Im Schatten des schwarzen Goldes" von Philip Rädisch spielt um 1870.  © Karl-Ludwig Oberthuer

Als Philip Rädisch seine Arbeit im April 2019 vor einer Jury der Schule verteidigt, gab es ein "ausgezeichnet". Eine Lehrerin war so begeistert, dass sie das Werk schließlich einreichte. "Als ich dann bei der Preisverleihung aufgerufen wurde, war das schon ein tolles Gefühl", berichtet der Gymnasiast. So ein bisschen verfolgt ihn jetzt sein Erfolg. Es gab Anfragen für Lesungen und Vorträge. Philip Rädisch hat erst einmal abgelehnt. Er ist in der elften Klasse, die Schule ist stressig genug. 

"Ich könnte die Arbeit sogar fortsetzen und das Thema erweitern. Aber das will ich nicht, ich würde es doch nur verschlimmbessern", meint er. Einen Tipp an alle Neuntklässler des Weißeritzgymnasiums für eine erfolgreiche Facharbeit hat er aber: "Es muss ein Thema sein, was einen wirklich interessiert und hinter dem man voll steht. Dann schafft man es auch, durchzuhalten und etwas Gutes abzuliefern."

Durchhalten muss Philip Rädisch nun noch zwei Schuljahre. Er will Lehrer werden. Aber nicht für Geschichte, obwohl es eines seiner Lieblingsfächer ist. "Französisch und Englisch und dann noch Geografie. Dafür braucht man ja auch ein paar Geschichtskenntnisse."

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