Gemeinderat gibt wegen Corona auf

In den Gohrisch Gemeinderat kommt wieder Bewegung. Erst vor knapp vier Wochen wurde der neue Bürgermeister, Christian Naumann (parteilos), in seinem Amt vereidigt. Nun soll es die nächste Veränderung geben. Gemeinderatsmitglied Maik Franke (Zukunft Gohrisch) will von seinem Posten zurücktreten.
Einen entsprechenden Antrag hat er bereits gestellt, bestätigt Franke gegenüber Sächsische.de. Er habe diese Entscheidung aufgrund der aktuellen Corona-Krise getroffen. Franke betreibt den Hofladen in Gohrisch. Wegen der Ausbreitung des neuartigen Coronavirus musste er seinen Laden vor Wochen schließen. Zu viele Unsicherheiten gäbe es nun, die unter anderem die Öffnung des Ladens, die Auslastung durch Touristen und die Zurückhaltung bei der Mitarbeiterwiedereinstellung betreffen, wie Franke schriftlich mitteilt. Die positive Entwicklung der letzten Jahre sei in den Hintergrund geraten. Als Unternehmer sei er deswegen nun mehr gefordert und habe weniger Zeit für andere wichtige Dinge. "Der höhere zeitliche Einsatz im Unternehmen verhindert den notwendigen Einsatz in der Gemeindearbeit", begründet Maik Franke.
Platz im Gemeinderat bleibt frei
Über den geplanten Austritt muss noch der Gemeinderat entscheiden. Die nächste Sitzung soll am 28. April stattfinden. Wird Franke das Gremium verlassen, gibt es keinen Nachrücker. Der Sitz im Gemeinderat bleibt frei. Denn Franke trat bei der Kommunalwahl im Mai 2019 als parteiloser und einziger Bewerber für die Liste "Zukunft Gohrisch" an. Insgesamt 12,1 Prozent der Wählerstimmen holte er damals.
Sein Rückzug hätte noch mehr Konsequenzen. Und zwar für Gemeinderatsmitglied Heiko Ziegenbalg von der AfD. Er und Franke bilden die Fraktion "Alternative Zukunft Gohrisch". In dieser Konstellation können sie eigene Anträge in den Gemeinderat einbringen, die auf die Agenda kommen. Politische Einzelkämpfer ohne Fraktionszugehörigkeit können das nicht. Was das für Heiko Ziegenbalg bedeutet? "Ich bleibe erst einmal Einzelkämpfer", sagt der AfD-Mann gegenüber Sächsische.de. Sich einer anderen Fraktion anzuschließen, sei im Moment nicht geplant. In Gohrisch gibt es noch die Überparteiliche Fraktion, die aus Vertretern von Grünen, CDU und AfD besteht. Diese Konstellation sorgte im vergangenen Jahr überregional für Schlagzeilen.
Corona als Begründung nur vorgeschoben?
Dass sich Maik Franke nach gerade einmal acht Monaten im Gemeinderat aus dem Gremium zurückziehen will, dürfte viele Gohrischer überraschen. Die Corona-Krise und seine berufliche Tätigkeit als Unternehmer scheinen als Begründung plausibel. Dennoch könnte noch mehr hinter dem Entschluss stecken.
Franke trat im vergangenen Jahr als neuer Gemeinderat an, um Gohrisch voranzubringen. Er wollte die Arbeit nachholen, die seiner Meinung nach unter der Regie von Ex-Bürgermeister Heiko Eggert (parteilos) versäumt wurde. Unter anderem forderte Maik Franke mehr Transparenz im Gemeinderat. Er plädierte beispielsweise dafür, dass alle Beschlüsse des Gemeinderates nur noch namentlich gefasst werden - damit sich alle Räte an ihre Wahlversprechen halten, wie Franke argumentierte. Denn einige Räte hätten seinem Empfinden nach bereits entgegen ihrem Wahlversprechen abgestimmt. Der Vorschlag scheiterte zwar an einer Mehrheit. Er zeigt jedoch, wie systematisch Franke vorging.
Im Wahlkampf um das Bürgermeisteramt mischte der Gohrischer ebenfalls mit - zwar nicht direkt als Kandidat, dafür aber indirekt. Er unterstützte Christian Naumann (parteilos), der bei der Neuwahl im Januar 2020 antrat. Neben ihm bewarb sich Johannes Dietrich (parteilos) um das Bürgermeisteramt. Kurz vor dem Wahltag wurde im Internet massiv Stimmung gegen Johannes Dietrich gemacht - teilweise mit Falschinformationen. Für den Inhalt waren die beiden Gemeinderäte Maik Franke und Heiko Ziegenbalg (AfD) verantwortlich, die in einer eigenen Fraktionszeitung die Gohrischer dazu aufriefen, Christian Naumann zu wählen. Naumann gewann am Ende mit 58,3 Prozent der Wählerstimmen vor Dietrich.
Wachsende Kritik am neuen Bürgermeister
Maik Franke, der Naumann einst protegierte, scheint sich nun mehr und mehr von dem Neu-Bürgermeister abzuwenden. Das legen Frankes Äußerungen in der "Litfaßsäule Gohrisch" nahe. Die Internetseite, die einst die Fraktionszeitung war, betreut Maik Franke nun laut Impressum allein. Dort äußert er scharfe Kritik an der Arbeit des neuen Ratschefs.

Franke wirft Naumann beispielsweise vor, den Geschäftsablauf der Gemeinde stillzulegen. Naumann sei zu sehr mit der Auf- und Abarbeitung der angehäuften Arbeit von Ex-Bürgermeister Heiko Eggert beschäftigt. Aussagen des neuen Bürgermeisters wie "Ich muss erst einmal das Alte aufarbeiten", wie Franke schreibt, seien nicht akzeptabel. Wenn Naumann den Aufgaben, die anliegen, nicht gewachsen sei, müsse er diese auf die Gemeinderäte verteilen, bis zur Normalität zurückgekehrt werden könne, fordert Franke.
Kurios: In der letzten Gemeinderatssitzung im März, als Neumann als neuer Bürgermeister von Gohrisch vereidigt wurde, sprachen sich alle anwesenden Räte einstimmig für eine geordnete Übergabe der Amtsgeschäfte aus. Auch Maik Franke. Die Überparteiliche Fraktion formulierte sogar einen Antrag dazu, der von allen getragen wurde. Naumann sagte damals, dass er sich genügend Zeit nehmen will und muss, um sich einzuarbeiten. Er müsse sich erst einen Überblick über wichtige Vorgänge, Akten und Ordner verschaffen, die sich in Eggerts ehemaligem Büro stapeln würden.
Dass Maik Franke Christian Naumann nun vorwirft, zu sehr mit der Auf- und Abarbeitung der angehäuften Arbeit von Ex-Bürgermeister Eggert beschäftigt zu sein, wirft Fragen auf. Warum es zu diesem offenkundigen Bruch zwischen beiden gekommen ist, dazu äußerte sich Franke nicht. Auch auf Nachfrage von Sächsische.de geht er nicht darauf ein. Er überlässt durch seinen Rückzug aus dem Gemeinderat das Feld nun anderen.