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Geschäfte sammeln tausende Papier-Bons

Seit Anfang des Jahres gilt die „Bon-Pflicht“ – um Steuerbetrug zu verhindern. Meißner Händler sind aber gut vorbereitet.

Von Martin Skurt (Nutzer gelöscht und neu angele
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Tom Schmidt, Mitarbeiter im Filmpalast Meißen, verschwindet fast hinter den Kassenbons der letzten Tage. Auch hier im Kino muss jeder Bon ausgedruckt werden.
Tom Schmidt, Mitarbeiter im Filmpalast Meißen, verschwindet fast hinter den Kassenbons der letzten Tage. Auch hier im Kino muss jeder Bon ausgedruckt werden. © Claudia Hübschmann

Meißen. Für Bäcker ist die neue Bon-Pflicht belastend. Denn oftmals bestellen Kunden nur für kleine Beträge. Dafür jedes Mal einen Beleg auszudrucken, das ist unnötig. „Selten nimmt jemand den Bon mit“, sagt Hartwig Adam. Seit 31 Jahren arbeitet er schon in der Bäckerei auf dem Neumarkt 37, davor seine Eltern. Die Familie Adam hat noch nie elektronische Kassen besessen. Bis jetzt.

Seit dem 1. Januar 2020 gilt für Händler die Belegausgabepflicht – wenn sie eine elektronische Kasse verwenden. Verantwortlich ist das schon im Dezember 2016 beschlossene Gesetz „Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen“. Das Kassengesetz besagt: Jeder Händler muss dem Kunden einen Beleg aushändigen – egal, ob dieser ihn will oder nicht. Der Kunde muss ihn jedoch nicht mitnehmen. Spätestens ab Oktober müssen alle Kassen mit einem Technischen Sicherheitssystem (TSE) ausgerüstet sein. Dieses verschlüsselt die Belegdaten und speichert sie elektronisch für das Finanzamt. Das soll die Daten manipulationssicher machen.

Hartwig Adam hat sich deshalb eine gebrauchte Registrierkasse angeschafft, um das neue Gesetz umzusetzen. Laut dem Bundesfinanzamt droht jedoch kein Bußgeld bei Nichtausgabe eines Bons, allerdings der Verdacht des Steuerbetrugs. Nur Händler mit elektronischen Kassen sind von der Belegausgabepflicht betroffen. Offene Kassen schließt das Gesetz davon aus. Eigentlich müsste Hartwig Adam keine neue Kasse kaufen, aber die Steuerdaten ordnungsgemäß aufzeichnen. Deswegen hat er sich eine elektronische Kasse angeschafft. Das ist im Alltagsgeschäft komfortabler und zudem gesetzeskonform, wie der Bäckermeister sagt.

Kino muss neue Mülltonne anschaffen

Auch der Filmpalast Meißen muss ab sofort an jeden Kunden einen Bon ausgeben. Der Betrieb sei davon nicht eingeschränkt, man musste nur ein Häkchen in der elektronischen Kasse setzen. Jetzt erhalten alle Kunden einen Bon, nicht mehr nur auf Anfrage. „Der Ablauf spielt sich nach ein paar Wochen ein, in anderen Ländern ist es schon seit längerem Pflicht“, so Geschäftsführer Alexander Malt. Ein Problem beschäftige ihn aber trotzdem. „Aktuell sammeln wir in einem großen Karton die Bons, da wir erst mit der Entsorgungsfirma sprechen müssen, wie wir das am besten entsorgen können. Vermutlich benötigen wir eine weitere Mülltonne.“ Aus Umweltschutzgründen würde er darauf verzichten oder auf eine elektronische Variante umsteigen.

Laut sächsischem Finanzministerium gibt es momentan folgende Möglichkeiten der elektronischen Übertragung: per E-Mail, über Kundenkonten oder sogenannte „Near Field Communication“ (NFC) direkt aufs Mobiltelefon. „Gerade im letzten Fall muss der Steuerpflichtige keine persönlichen Daten des Kunden erheben“, so Pressesprecherin Sandra Jäschke. „Die Belegausgabepflicht soll zudem Entwicklungen anstoßen, die zu weiteren praktikablen Lösungen für Händler und Kunden führen werden.“ In anderen Ländern behindere schließlich die Belegausgabepflicht die Betriebsabläufe nicht, so Jäschke.

Auch andere Geschäfte in Meißen sind gut vorbereitet. Das Friseurteam Krast zum Beispiel. Es verwendet seit eineinhalb Jahren eine elektronische Kasse mit Belegausgabe. Inhaberin Carmen Krast-Schmidt sieht das neue Gesetz deshalb gelassen. „Für uns ändert sich nichts“, so die Friseurmeisterin. „Allerdings nimmt nur jeder zweite Kunde den Kassenbon mit. Der ganze Müll, der dabei entsteht, das sehe ich schon kritisch.“

Auch das Familienunternehmen Fleischerei Kretschmann arbeitet schon immer mit Kassenzetteln. „Das ist für uns nichts Neues“, so Annette Kretschmann. „Wir fragen auch nicht extra nach, ob Kunden den Bon wollen. Wer ihn will, nimmt ihn mit. Ansonsten schmeißen wir ihn weg.“ Aber auch sie empfindet die Umweltbelastung als problematisch.