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Zahnarztpraxis zieht ins Gotteshaus

Zwei Brüder bauen die ehemalige katholische Kapelle in Bretnig um. Einer der beiden hat zu dem Haus eine besondere Beziehung.

Von Reiner Hanke
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Die Brüder Michael (l.) und Andreas Schneider bauen das ehemalige katholische Gotteshaus in Bretnig zum Wohn- und Ärztehaus um.
Die Brüder Michael (l.) und Andreas Schneider bauen das ehemalige katholische Gotteshaus in Bretnig zum Wohn- und Ärztehaus um. © René Plaul

Bretnig. Die Butzenscheiben mit christlichen Motiven erinnern noch an die über 50-jährige Geschichte des markanten Gebäudes am Ortseingang von Bretnig. Hier hatte die Bischofswerdaer katholische Gemeinde St. Benno ein Gotteshaus, eine Kapelle. An der Stirnseite des Saales zeichnet sich noch genau die Stelle ab, wo einst das Kreuz hing. Am Fußboden fallen die hellen Streifen auf, wo die Kirchenbänke standen. Vor zwei Jahren trennte sich die katholische Kirche von dem Gebäude. Ein Hauptgrund war wohl der marode Zustand. 

Die Brüder Andreas und Michael Schneider kauften die Immobilie in dem Großröhrsdorfer Ortsteil. Die beiden Unternehmer gründeten in Wendezeiten eine Firma für kaufmännische Software. Anfangs betrieben sie die im Keller des Elternhauses. Beide haben zwei Diplome in der Tasche – für Elektrotechnik beziehungsweise Maschinenbau und für Mikroprozessortechnik. Das heutige Gebäude der Firma Timeline ist nicht weit von dem ehemaligen Gotteshaus entfernt.

Seit dem Kauf sind zwei Jahre vergangen. Den früheren Eigentümern sei der Abschied nicht leicht gefallen, erinnern sich die Brüder. Deshalb wollten sie das Gebäude nicht gleich umkrempeln. Nun ist der Baustart für August geplant. Bei der Investitionssumme rechnen die Unternehmer mit zwei Millionen Euro.

Der Investor wohnte früher selbst im Haus

Für den Kauf habe es etliche Gründe gegeben. Die Unternehmer wohnen selbst nebenan, also lag es nahe, sich die Nachbar-Immobilie zu sichern. Andreas Schneider erinnert sich, wie er immer wieder vorbeigegangen ist mit dem Gedanken „daraus könnte man etwas machen“. Zumal den 59-Jährigen auch Jugenderinnerungen mit dem Gebäude verbinden.

In der Studentenzeit habe er mit seiner Frau und der Tochter im Erdgeschoss gewohnt: „Hier war unsere Stube, dort die Küche“,  zeigt er beim Rundgang in die Räume. Das Linoleum in Fliesenoptik scheint noch aus der Zeit zu stammen. Die Toilette war eine halbe Treppe höher. Über Schneiders wohnte der Pfarrer, und manchmal drang wohl auch geistliche Musik durch die Wände. 

Schwarze Flecken an den Wänden deuten auf den enormen Sanierungsbedarf hin. Derzeit werde die Statik untersucht. Der Untergrund sei feucht und unsicher. Ursache ist die Große Röder.

So planen die Investoren und Architekten den Umbau des früheren Gast- und Gotteshauses in Bretnig: Die historische Fassade bleibt erhalten. Das Dach wird neu gestaltet. Dazu gehören auch Balkone für alle Wohnungen in den Obergeschossen.
So planen die Investoren und Architekten den Umbau des früheren Gast- und Gotteshauses in Bretnig: Die historische Fassade bleibt erhalten. Das Dach wird neu gestaltet. Dazu gehören auch Balkone für alle Wohnungen in den Obergeschossen. © KKS Architektur+GEstaltung

Die historische Fassade werde auf jeden Fall erhalten. Innen werde entkernt. Und das marode Dach samt Gebälk müsse abgerissen und neu gebaut werden. Es soll in seiner neuen Ansicht auf die künftige Nutzung der Erdgeschossräume hindeuten und sich ein bisschen an die Form einer Zahnkrone anlehnen. In der Vergangenheit war der Bau aus dem Jahr 1847 unter anderem Leinwandgeschäft, Fahrradwerkstatt und Wirtshaus. 

Eine Praxis und vier Wohnungen entstehen

Gastronomie hatten die Investoren auch im Sinn, als sie über Nutzungsvarianten nachdachten. Nun wird es aber eine Zahnarzt-Doppelpraxis. In die zieht Andreas Schneiders Frau - Zahnärztin Dr. Simone Schneider - und mit ihr ein weiterer Zahnarzt aus Hauswalde. Perspektivisch zudem zwei junge Zahnärzte. Sie  praktizieren derzeit im Ruhrpott und würden gern in die Heimat zurückkehren.

Für die Praxisräume mit Labor wird der Trakt mit dem Saal abgerissen und neu gebaut, erklärt Michael Schneider. Denn es soll eine Praxis auf modernstem technischen Stand mit Perspektive für die kommende Ärzte-Generation werden. In dem alten Gemäuer wären zu viele technische Kompromisse nötig gewesen. An Klimatisierung, Wasseraufbereitung, Drucklufttechnik, Belüftungsanlage und viele Dinge mehr sei zu denken. Dafür wurden Fachleute mit in die Planung einbezogen.

Die beiden oberen Geschosse werden zu vier Wohnungen zwischen 75 und 90 Quadratmetern ausgebaut. Alle erhalten einen Balkon. Außerdem wird ein Aufzug angebaut. Dabei denken die Investoren vor allem an ältere Mieter, die bequem ihre Wohnung erreichen sollen. Von der Stadt konnten die Investoren jetzt noch ein kleines Grundstück gegenüber erwerben, um Parkflächen für Patienten und auch die Mieter zu schaffen. Im kommenden Jahr sollen sie einziehen.

Und was wird aus den Butzenscheiben des Kirchensaals? Die bleiben erhalten, versprechen die Brüder. Sie werden ein besonderer Blickfang in den Praxisräumen und sollen aus der Geschichte des Gebäudes erzählen, damit dieses Kapitel nicht in Vergessenheit gerät. 

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