Roßwein. Wie ein dunkler Schlund mutet die Zufahrt zum ehemaligen Hotel „Herkules“ am Roßweiner Markt in. Dunkelheit und ein muffiger Geruch empfängt denjenigen, der einen vorsichtigen Blick riskiert. Der ist möglich, seitdem die Mitarbeiter der Baufirma von Michael Lazecky aus dem Mannsfelder Land mit den Sicherungen an dem Gebäudekomplex angefangen haben.
Dessen Ausmaße sind von der Straße kaum erkennbar. An das Vordergebäude mit Gaststubenraum und Wohnungen beziehungsweise Hotelzimmern in den oberen Etagen schließt sich ein imposanter Saal an. In die zahlenreichen Anbauten von Toiletten über die Bühne bis hin zu Umkleideräumen für die Künstler wagt sich auch Bauplanerin Kerstin Bauer, die für den Eigentümer aus Brandenburg unterwegs ist, nur mit größter Vorsicht. „Teile sind einsturzgefährdet“, erklärt sie. Dass über die Jahre des Leerstandes viel Nass in die Gemäuer eingedrungen ist, davon zeugen nasse Flecken auf den Fußböden.
Damit die Bausubstanz nicht weiter Schaden nimmt, gehören eine Neueindeckung der Dächer und eine Instandsetzung geschädigter Dachkonstruktionen zu den Sicherungen, die im nächsten Abschnitt folgen. Am Anfang stehen Entkernungen. In den ersten Räumen hacken die Handwerker bereits Putz von den Wänden und tragen Wände ab, die nicht tragend sind. Dadurch wollen die Experten einen Überblick über den Zustand der Statik bekommen.
So sieht’s im ehemaligen Hotel aus
Und damit Nässe nicht mehr an den Wänden hochkriecht, bringt Jens Schmidt von der Firma Getifix aus Meißen in den ersten Erdgeschossräumen Horizontalsperren ein. Hinter ihm sind noch Futtertröge in den Wänden eingelassen. „Das war wohl der ehemalige Pferdestall der Ausspanne“, nimmt Kerstin Bauer an. Eher aus Spaß habe sich an der Tür mal ein Schild befunden, das für eingestellte Pferde keine Haftung übernommen wird – wie heutzutage oft für Garderobe in der Gaststätte oder im Wartezimmer des Arztes.
Bis wahrscheinlich im Januar der Abriss von Hinter- und Nebengebäuden beginnt, haben die Handwerker noch viel zu tun. Beinahe in jedem Raum ist altes Inventar verblieben: vom Bett, Badewanne und Waschbecken über Herd, Lampen und abmontierten Antennen auf dem Dach. Außerdem werden kaputte Böden und alte Installationen wie Heizungen entfernt.
Für die Sicherung steht bis 2020 Fördergeld in Höhe von rund 700.000 Euro zur Verfügung. Danach sollte die Bausubstanz wieder genutzt werden. Ein Konzept sieht das Einrichten von zwölf altersgerechten Wohnungen in früherem Hotel und Saal vor. Ein Aufzug sorgt für Komfort. Im Erdgeschoss, also dem Gastraum, könnte eine Sozialstation oder ein Gewerbe einziehen.
Im gesamten Haus befinden sich noch historische Details, auf deren Bewahren Planerin und Denkmalschützer gleichermaßen ein Auge haben. Dazu hören Stuckelemente, bemalte Glasscheiben, die Decke im Saal mit der auffälligen Lampenkonstruktion, eine Wendeltreppe aus Eisen, Holzgeländer und Bodenfliesen. Die heutigen Gebäude dürften aus der Zeit nach 1844 stammen. 1749 wird der Herkules erstmals unter diesem Namen erwähnt.