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So lebt es sich im Ebay-Dorf 

Durch eine ungewöhnliche Verkaufsaktion wurde der kleine Ort Liebon bekannt. Heute wohnen dort wieder 20 Leute. Für sie ist der Ort ein Paradies.

Von Katja Schäfer
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Das kleine Dorf Liebon erlangte durch den Verkauf bei Ebay große Bekanntheit. Seit es Andreas Reitmann gehört, hat sich auf dem Gelände viel getan. Davon können sich Gäste am Sonntag überzeugen. Mit Tochter Nelly probt der Besitzer fürs Hoffest.
Das kleine Dorf Liebon erlangte durch den Verkauf bei Ebay große Bekanntheit. Seit es Andreas Reitmann gehört, hat sich auf dem Gelände viel getan. Davon können sich Gäste am Sonntag überzeugen. Mit Tochter Nelly probt der Besitzer fürs Hoffest. © Steffen Unger

Liebon. Die jüngste Errungenschaft in Liebon ist eine Bühne. Ihr Fußboden besteht aus mächtigen alten Balken. Auch das Dach ist aus gebrauchtem Holz. Am Sonntag, beim ersten Kultur-Hoffest, wird auf ihr musiziert. „Danach bauen wir die Bühne nicht wieder ab. Sie bleibt stehen. Denn künftig soll es hier mehrmals im Jahr Veranstaltungen geben“, sagt Andreas Reitmann.

Ihm gehört der Hof, der gut zehn Kilometer westlich von Bautzen inmitten von Feldern liegt und zur Gemeinde Göda gehört. Überregionale Bekanntheit erlangte das Gelände vor etwa zehn Jahren, als es auf der Internetplattform Ebay mit dem Vermerk „Dorf zu verkaufen“ angeboten wurde. Denn Liebon besteht nur aus diesem einen Gehöft. Vor rund sieben Jahren hat es schließlich Andreas Reitmann gekauft. Seitdem gestaltet er es zu einem Energie- und Erlebnishof um.

Das große Wohnhaus an der Westseite, das fast von Grund auf neu aufgebaut werden musste, ist inzwischen fertig. Sieben Wohnungen und Ferienwohnungen gibt es darin. „Bis auf eine Wohnung sind alle bezogen. Damit leben jetzt zehn Erwachsene und zehn Kinder auf dem Hof“, berichtet Andreas Reitmann. Das Alter reicht von drei Monaten bis hin zu 53 Jahren – wobei die letzte Zahl auf ihn selbst zutrifft. Denn mittlerweile hat der Unternehmer, der in der Photovoltaik- und Windkraftbranche tätig ist, nicht nur ein Büro in Liebon, sondern wohnt auch die meiste Zeit dort mit seiner Lebenspartnerin und den Kindern.

Ferienwohnungen geplant

Außer Menschen bevölkern zahlreiche Tiere das Gehöft. In einer Ecke des Innenhofes gackern Hühner. In einer Voliere zwitschern Wellensittiche. Auf dem großen Gelände östlich des Hofes stehen Ziegen. Zwei Hunde und zwölf Katzen streifen umher. In einem Teich, dessen Bewirtschaftung ein Hof-Bewohner übernommen hat, schwimmen unter anderem Forellen, Karpfen und Saiblinge. Zum Fest am Sonntag werden sie abgefischt.

Als nächstes großes Projekt will Andreas Reitmann die Sanierung des Hauses, das an der Nordseite des Gehöftes steht, und des Verbindungsbaus zur Ostseite angehen. Acht Ferienwohnungen sind dort geplant. „Außerdem entsteht ein großer Aufenthaltsraum, der für Schulungen, Feiern oder andere Treffen genutzt werden kann“, erklärt der 53-Jährige. Entkernt sind die Räume schon. Der Wiederaufbau soll im Frühjahr starten. Die Grundrisse stehen bereits fest. Überlegungen gibt es noch zu den zu verwendenden Materialien. Andreas Reitmann hat das Ziel, das Gebäude zum Passivhaus zu machen. Das bedeutet vereinfacht gesagt, dass der Wärmebedarf überwiegend aus der Sonneneinstrahlung sowie der Abwärme von Personen und Geräten gedeckt wird.

Ohnehin verfolgt der Liebon-Besitzer das Ziel, den Vierseithof energieautark zu machen. Strom und Wärme sollen komplett vor Ort aus erneuerbaren Energien erzeugt werden. Deshalb sind das ganze Dach und die Südfassade des Wohnhauses mit Photovoltaikelementen bedeckt. Bis zum Fest am Sonntag, bei dem sich Besucher auch über das Energiekonzept des Gehöfts informieren können, sollen auch die noch fehlenden an den Balkonen angebracht sein. Auf den Dächern aller anderen Gebäude sind ebenfalls Photovoltaik-Anlagen geplant. Eine große Batterie speichert den erzeugten Strom für Zeiten, in denen die Sonne nicht scheint; ein Tank heißes Wasser für Heizung und Warmwasserversorgung.

Pläne bis ins Jahr 2032

Im Südhaus plant Andreas Reitmann Gastronomie – für die Feriengäste und Besucher von außerhalb. Auf die Frage, wann er mit der Sanierung des Ebay-Dorfes fertig sein will, sagt er lachend: „Am liebsten gestern.“ Als realistisches Ziel nennt er 2032. Dann kann Liebon das 700. Jubiläum der ersten urkundlichen Erwähnung feiern. „Es wäre schön, wenn die Arbeiten bis dahin abgeschlossen sind“, wünscht sich Andreas Reitmann. Jetzt konzentriert er sich aber erst mal gemeinsam mit seinen Helfern auf die Organisation des ersten Kultur-Hoffestes und ist gespannt, wie viele Besucher kommen. „Auf alles zwischen 50 und 500 sind wir vorbereitet“, sagt er.

Livemusik und Kinderspiele

Das 1. Kultur-Hoffest wird am Sonntag, dem 22. September, von 11 bis 22 Uhr in Liebon gefeiert.

Livemusik kommt von Mckinley Black, der Chris Harp Bluesband, Heart of Blues sowie Korn & Sprite. In den Pausen legt DJ Cramér auf.

Kinder können Sackhüpfen, Eierlaufen, auf eine Torwand schießen, Gummi-Hopse machen und mehr.

Eine Künstlerin porträtiert Besucher. Kunsthandwerk wird verkauft.

Bei Führungen über den Hof wird auch das Energiekonzept erläutert.

Der Eintritt kostet zehn Euro.

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