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Staatsanwalt fordert Haftstrafe für Kennzeichen-Dieb

Ein Döbelner soll die Kennzeichen von einem Auto abgeschraubt haben. Er hat ein langes Vorstrafen-Register.

Von Elke Braun
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Symbolfoto.
Symbolfoto. © Symbolbild: dpa

Döbeln. Mit etwa einer Stunde Verspätung beginnt am Montag die Hauptverhandlung gegen einen 26-jährigen Angeklagten aus Döbeln. Er soll sich wegen Diebstahls von zwei Kennzeichentafeln verantworten. Zum Termin erscheint er jedoch zunächst nicht.

Auch die Bemühungen seines Anwalts, Martin Göddenhenrich, ihn per Handy zu erreichen, scheitern. Immerhin gelingt es ihm, die Mutter des Angeklagten ans Telefon zu bekommen. Doch auch auf ihren Anruf meldet sich der Sohn nicht. Richterin Nancy Weiß und Staatsanwalt Lucas Morgenstern einigen sich darauf, ihn von der Polizei ins Amtsgericht Döbeln bringen zu lassen.

Ende Mai vergangenen Jahres soll der 26-Jährige in den späten Abendstunden vom VW Golf eines Bekannten zwei Kennzeichen abgeschraubt haben. Das Auto hat der 25-jährige Döbelner von seiner Oma geborgt. Es steht auf dem Parkplatz in einem Hof an der Breiten Straße. Die Kennzeichen finden sich knapp drei Wochen später in der Mulde unter der Niederbrücke zwischen Pferdebahnmuseum und Körnerplatz wieder. Angeblich soll der 18-jährige Freund des Angeklagten diese gefunden haben.

Wie der Geschädigte vor Gericht aussagt, habe er jedoch nicht gesehen, dass der Angeklagte selbst die Schilder abmontiert hat. „Als ich aus dem Fenster geguckt habe, waren sie weg“, sagt er. „Ich habe daraufhin die Polizei verständigt.“

Dem vorausgegangen sei jedoch ein Streit zwischen dem Angeklagten, seinem Freund und dem Geschädigten. Auch eine 18-jährige Frau, die sich beim Geschädigten in der Wohnung aufgehalten haben soll, sei daran beteiligt gewesen.

 Alle drei Männer sollen einmal mit ihr eine Beziehung gehabt haben. Die ehemalige Bewohnerin des Kinderheims in Gärtitz konnte jedoch nicht geladen werden. „Sie gilt als unbekannt im Inland verzogen, wahrscheinlich ist sie obdachlos“, verliest Richterin Nancy Weiß aus dem Melderegister.

Wenig zur Aufklärung beitragen kann der arbeitslose 18-jährige Freund des Angeklagten. Er habe in letzter Zeit so viel zu tun gehabt, dass er sich nicht mehr an das Geschehen in jener Nacht erinnern könne. Er wisse weder, wo die Kennzeichen abmontiert worden, noch wie sie in die Mulde gelangt sind. Bei einer polizeilichen Vernehmung im Juni 2019 hatte er noch von Rache gesprochen. „Kann sein, das weiß ich nicht“, erwiderte derZeuge. Auch an einen Streit erinnert er sich nicht.

Der Angeklagte ist kein unbeschriebenes Blatt. 15 Vorstrafen verliest die Richterin. Sie reichen von Diebstahl, über Sachbeschädigung, gefährliche Körperverletzung, Computerbetrug, Hausfriedensbruch bis hin zu vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis. Deshalb besitzt der Döbelner derzeit auch keinen Führerschein. Die Sperrzeit ist noch nicht abgelaufen.

Seit November vergangenen Jahres habe er kein Einkommen, wartet auf die Bewilligung des Arbeitslosengeldes, dessen Beantragung er wohl hat schleifen lassen. Aus diesem Grund zahle er auch keinen Unterhalt für seine achtjährige Tochter. Bei seiner Großmutter hat er Unterschlupf gefunden. Die Miete bleibt er seit vier Monaten ebenfalls schuldig.

Auch wenn das wirkliche Geschehen und vor allem der Grund dafür im Dunkeln bleibt, sieht der Staatsanwalt die Anklage wegen Diebstahls bestätigt. Er beantragt eine Freiheitsstrafe von neun Monaten, die nicht mehr zur Bewährung ausgesetzt werden sollen. Das begründete er damit, dass der Angeklagte schon mehrfach strafrechtlich in Erscheinung getreten ist. 

Außerdem bescheinigt er ihm eine hohe kriminelle Energie. „Er hat auch keine Achtung vor dem Gericht“, sagte Morgenstern. Dabei bezieht er sich darauf, dass der 26-Jährige während der Hauptverhandlung ständig an seinem Handy tippt, gähnt, sich räkelt und teilweise lacht.

Der Verteidiger sieht den Anklagevorwurf nicht bestätigt. „Er hat die Kennzeichen nicht abgeschraubt, um sie zu behalten, oder sich darauf einen Nutzen zu ziehen“, sagt er. Deshalb beantragt er Freispruch aus Rechtsgründen.

Dem Antrag auf Freispruch folgt Nancy Weiß. Allerdings nicht aus rechtlichen, sondern aus tatsächlichen Gründen. Die umfangreiche Beweisaufnahme habe nicht ergeben, dass der Angeklagte tatsächlich die Schilder abmontiert und in die Mulde geworfen hat. „Auch wenn ich persönlich davon ausgehe“, so die Richterin.

Die Staatsanwaltschaft kann binnen einer Woche Berufung gegen das Urteil einlegen. Tut sie das nicht, wird das Urteil rechtskräftig.

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