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Kein Interesse an Alt-Bergbauanlagen?

Das Erzgebirge ist Welterberegion. In Altenberg gibt es an einigen Stellen Handlungsbedarf. Der Knappenverein vermisst Engagement der Stadt.

Von Maik Brückner
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Eckhard Ehrt (links) und Matthias Andrä vom Altenberger Knappenverein ärgern sich über den Anblick unterhalb der Altenberger Rathaustreppe.
Eckhard Ehrt (links) und Matthias Andrä vom Altenberger Knappenverein ärgern sich über den Anblick unterhalb der Altenberger Rathaustreppe. © Egbert Kamprath

Vor einem Jahr wurde Montane Kulturlandschaft Erzgebirge/Krušnohoři in die UNESCO-Welterbeliste aufgenommen. Das wurde auch in Altenberg groß gefeiert. Auf  vielen Bannern der Stadt war „Hurra wir sind Weltkulturerbe“ zu lesen. Dem Knappenverein Altenberg, der sich um die Bewahrung der Bergbautradition bemüht, ist das zu wenig. Um Besuchern das Welterbe nahe zu bringen, müssten auch die kleinen, noch vorhandenen Anlagen und Geräte erhalten werden. Doch das scheint nicht so einfach zu sein, sagt Eckhard Ehrt. Er ist Vorstandsmitglied des Knapppenvereins Altenberg. An drei Orten im Stadtgebiet sieht er Handlungsbedarf.

"Wer auf das Altenberger Rathaus zu läuft, den erwartet ein Bilderrätsel", sagt Ehrt. An der Stirnseite der Treppe stehen zwei, zum Teil nicht sehr ansehnliche Türstock-Ausbaueinheiten, wie sie im Erzbergbau angewendet wurden. Darunter fehlen Pflastersteine. Das ist kein Hingucker. Und das war mal anders. Jahrelang stand hier der letzte geförderte mit Erz und Mineralien gefüllte Hunt, sagt Ehrt. Da das Regenwasser von der Treppe nicht richtig abgeleitet wurde und direkt auf den Hunt tropfte, sah dieser bald so aus, als ob sich dort ein Schwarm Vögel niedergelassen hätte. Anfang April 2019 wurde der Hunt abtransportiert.

Mithilfe des Altenberger Bauhofes und der Gießerei GmbH Schmiedeberg wurde er inzwischen auf Vordermann gebracht. Seit September 2019 steht er zur Wiederaufstellung bereit. Doch dazu bräuchte der Knappenverein die Hilfe der Stadt, sagt Ehrt. Diese sei bei einem Treffen im Oktober 2019 zugesichert worden. Demnach sollte im Auftrag der Stadt eine Tischlerei den Türstock in Ordnung bringen. Doch bisher ist nichts passiert, sagt Ehrt. Der Hunt wartet auf seine Rückkehr. 

Der nackte Hunt am Bahnhof

Etwas anders ist die Situation auf dem Bahnhofsvorplatz. Dort steht ein schwarzer Förderhunt als Symbol für die Bergbautradtion. Doch wann der Bergbau in Altenberg begann und endete, das erfährt der Besucher nicht. Ein Unding, findet Ehrt. In anderen Bergstädten sind solche Hunte echte Schmuckstücke und beliebte Fotoobjekte. 

Auch auf dem Gelände des früheren Arno-Lippmann-Schachtes, dem heutigen Europark Altenberg, gibt es  noch etwas zu tun. Zwar seien das Sozialgebäude, der Förderturm und das Fördermaschinenhaus mit viel Aufwand saniert worden. Doch dabei wurde offenbar vergessen, den Skip, ein noch vorhandenes Fördergefäß, wieder an einem anschaulichen und repräsentativen Ort zu installieren. Es liegt auf einem abgelegenen Platz und rostet vor sich hin. 

Ursprünglich diente der Skip der Erzförderung und dem Transport der Bergleute. Platz, ihn wieder aufzustellen, sei da, findet Ehrt. Und technisch sei das kein allzu großes Problem, wie ihm Bergbaufachleute bestätigt hätten. Für Altenberg wäre die Aufstellung ein Gewinn. Denn es gibt viele Menschen, die sich für die Technik interessieren. 

Allein zum letzten Tag des offenen Denkmals im September 2019 kamen rund 300 Interessierte zum Förderturm. Ehrt ist sich sicher: "Die Aufstellung des Skipgefäßes am originalen Funktionsort auf der Rasenhängebank wäre eine weitere Aufwertung des Weltkulturerbe-Objektes."

Nur Insider wissen, dass es sich bei dem Betonteil um einen Teil der Bobbahn handelt. Auch am Hunt fehlen Informationen über den Zinnabbau in der Region.
Nur Insider wissen, dass es sich bei dem Betonteil um einen Teil der Bobbahn handelt. Auch am Hunt fehlen Informationen über den Zinnabbau in der Region. © Eckhard Ehrt
An diesem Förderhunt, der unterhalb der Rathaustreppe stand, standen zwar die Daten. Er musste aber abgebaut werden, damit er rekonstruiert werden konnte.
An diesem Förderhunt, der unterhalb der Rathaustreppe stand, standen zwar die Daten. Er musste aber abgebaut werden, damit er rekonstruiert werden konnte. © Eckhard Ehrt
Der sogenannte Skip diente unter anderem der Erzförderung. Er fristet ein Dasein in einer abgelegenen Ecke am heutigen Europark Altenberg.
Der sogenannte Skip diente unter anderem der Erzförderung. Er fristet ein Dasein in einer abgelegenen Ecke am heutigen Europark Altenberg. © Eckhard Ehrt

Um die Altbergbaugeräte und -anlagen müsste sich nach Ansicht des Knappenvereins eigentlich die Stadt kümmern. Der Verein könne verstehen, dass eine Stadt eine Vielzahl von Probleme zu lösen hat. Dennoch sollte die Stadt mehr für den Erhalt der Altbergbauanlagen und -geräte machen, meint auch der Vorsitzende des Knappenvereins, Michael Bodrich. "Ohne den Bergbau wäre die Stadt Altenberg kaum entstanden! Wir sollten stolz auf unsere vom Bergbau geprägte Region sein und Sorge dafür tragen, dass dieses kulturelle Erbe nicht in Vergessenheit gerät", sagt Vorstandsmitglied Ehrt. Es reiche nicht Banner aufzuhängen und den Welterbetitel zu feiern. Es müsse auch dafür gesorgt werden, das Weltkulturerbe mit Leben zu erfüllen, es zu repräsentieren und zu pflegen, so Ehrt. Deshalb hat sich der Knappenverein auch an die Stadt gewandt. "Das Interesse bestimmter Mitarbeiter der Stadtverwaltung für den Weltkulturerbe-Gedanken geht gegen Null", so Ehrt.

Altenberg fehlen dieses Jahr 1,8 Millionen Euro

Für Bürgermeister Thomas Kirsten (Freie Wähler) stellt sich die Situation etwas anders dar. Er verweist auf die schwierige Finanzsituation der Stadt: "Gerade in Zeiten der Haushaltssperre muss die Verwaltung überlegen, was zwingend im freiwilligen Bereich gemacht werden kann." 

Denn trotz der Unterstützung des Freistaates für die Steuerausfälle bleibt es in Altenberg bei Mindereinnahmen von rund 1,8 Millionen Euro in diesem Jahr. "Wir müssen die Pflichtaufgaben erfüllen und auch weiterhin Werbung für unsere Region machen", so Kirsten. Das habe sich bislang ausgezahlt. "Hotels, Ferienwohnungen, Gastronomie brummen." 

Kirsten würde es begrüßen, wenn der  Knappenverein zumindest die Hunte in Ordnung bringen könne. Kirsten sagt, er habe  den Knappenverein vor mehreren Wochen darüber informiert, dass der Welterbeverein, in dem er auch als Vorstand mitarbeitet, für Kleinprojekte von Vereinen Fördermittel ausreicht. Am Freitag wurde er über die beim Welterbeverein eingereichten Projekte informiert. "Leider war kein Projekt vom Knappenverein dabei", so Kirsten.

Dennoch zeichnet sich zumindest für den Hunt am Rathaus eine Lösung ab. "Der Ausbau am Rathaus ist in Arbeit und wird bis Ende September fertiggestellt", so Kirsten. Wie es  mit dem Hunt am Bahnhof weitergehen soll, wisse er nicht. 

Hier hofft Vereinschef Bodrich auf das Tourist-Info-Büro. Demnach werde dort die Idee begrüßt, am Bahnhofsvorplatz einen Türstock mit dem Hinweis auf die Bergbauschauanlagen und Weltkulturerbe-Elemente von Altenberg zu errichten. Der unbeschriftete Hunt sollte dorthin umgesetzt und beschriftet werden. "Dazu gibt es im September ein Arbeitstreffen", so Bodrich. Wenn Mittel bereitstehen, wird das umgesetzt. Schwieriger wird es mit dem Skip. Der Förderkorb ist Eigentum der Projektgesellschaft Altenberg", sagt Kirsten. Deshalb sei die Stadt nicht dafür zuständig. 

Lösung am Runden Tisch?

Generell zeigt die Debatte, dass es offenbar Gesprächsbedarf gibt. Bodrich wünscht sich, dass die Stadt mit den Vereinen und traditionsbewussten Bürgern enger zusammen arbeiten sollte. Ideen und Vorschlägen, wie Altbergbauanlagen erhalten werden können, könnten bei einem Runden Tisch gesammelt werden. Daraus sollte eine Strategie entwickelt werden, wie das Weltkulturerbe gepflegt, erlebbar und bekannter gemacht werden kann. 

Vielleicht könnte auch die ein oder andere Idee abfallen, die nichts mit dem Altbergbau zu tun hat. Eine hat Ehrt schon: Neben dem Hunt auf dem Bahnhofsvorplatz steht ein Betonteil mit einem verblassenden Panoramabild von Altenberg. Besuchern dürfte nicht so schnell klar sein, was es damit auf sich hat. Es fehlt eine Erklärung. Die wäre aber hilfreich, so Ehrt. Denn das Betonsegment stammt von der Bobbahn. "Warum werden dort nicht die Bahnsportarten dargestellt", fragt sich Ehrt. Auch technische Angaben zur Bahn und die Sieger internationaler Wettbewerbe könnten dokumentiert werden.

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