Warum so viele Bienen sterben

Viele Imker im Landkreis Sächsische Schweiz Osterzgebirge schauen in diesen Tagen traurig in ihre Bienenstöcke. Mehr Honigbienen als in den Vorjahren sind gestorben, vor allem rund um Pirna, Stolpen und Neustadt.
"Ja, die Verluste scheinen in diesem Winter besonders hoch zu sein. Ich habe noch keine repräsentativen Zahlen. Aber aus vielen individuellen Anfragen schließe ich, dass es deutlich mehr sind als in den vergangenen Jahren", sagt Michael Hardt, der Vorsitzende des Landesverbandes Sächsischer Imker. Die Statistik würde derzeit im deutschen Bienenmonitoring erhoben werden.
Worin liegen die Ursachen für das Bienensterben?
Die möglichen Ursachen seien sehr komplex und müssten im Einzelfall genauer untersucht werden, sagt der Experte. So kämen verschiedene Faktoren zusammen, wie Virusinfektionen, Parasiten, Mangelernährung und die hohen Schadstoffbelastungen.
Ob die Blühwiesen für das Sterben der Bienenvölker mitverantwortlich sind, ist Streitthema, sagt der Landesverbands-Chef: "Darüber gehen die Meinungen auseinander. Die Bienen benötigen insbesondere im August und September ein reichhaltiges Pollen-Angebot für eine optimale Aufzucht der Winterbienen. Spätere Blüten-Angebote nützen den Honigbienen nichts, aber sie schaden im Allgemeinen aber auch nicht", sagt Michael Hardt. Hintergrund ist die EU-Vorschrift "Greening", welche Landwirte seit 2015 verpflichtet, einen Teil ihrer Äcker zeitweise in Blühflächen zu verwandeln.
Bei einer Untersuchung in Brandenburg sei aufgefallen, dass ein Schaden erst entstehen kann, wenn das Winterfutter kristallisiert: "Das kann vorkommen, wenn der Imker Futter auf Stärke-Basis verwendet hat und dazu noch glucosereiche Tracht kommt", erklärt der Imkerverbands-Vorsitzende. Vorbeugend sollte das Bienen-Futter auf Invertzucker - Basis - ein aus Traubenzucker und Fruchtzucker bestehendes Gemisch - oder Saccharose-Basis beruhen. "Die Bienen richten sich nach dem Sonnenstand. Wenn Bienenvölker lange brüten, sind sie meist geschädigt und versuchen, den Schaden durch Brut auszugleichen", erklärt der Experte.
Eine Hauptursache für das Honigbienen-Sterben sei die Varroa-Milbe. Dieses winzige Tier mit sechs Beinen, welches eigentlich aus Asien kam, setzt sich hier in Deutschland auf die Honigbienen und saugt ihnen die Lymphflüssigkeit aus. Daran sterben die Bienen. "Von diesen Milben sind tatsächlich alle Bienenvölker inzwischen betroffen", sagt Manfred Uhlemann, Geschäftsführer des Sächsischen Landesbauernverbandes. Ähnlich sieht das auch der Imkerverband: "Auch wenn das viele Imker nicht hören wollen", erklärt Michael Hardt, "sie sollten selbstkritischer sein und ihre Bienenvölker aller zwei Wochen auf Varroa-Milben untersuchen." Durch eine schnelle Medikamentengabe könne dann ein großflächiges Übergreifen auf andere Bienen im Volk verhindert werden.
Wie können die Imker gegensteuern?
Gegensteuern könnten Imker nur, indem sie zeitig das Winterfutter eingeben, möglichst bis Ende Juli. Direkt danach müsse die Bekämpfung der Milben beginnen, sagt Bauernverbands-Chef Manfred Uhlemann, und Imkerverbands-Chef Hardt erklärt: "Der Imker kann durch eine Untersuchung der Bodeneinlage oder durch die Untersuchung einer Bienen-Probe den Milbenbefall feststellen. Dann gibt es verschiedene biotechnische, physikalische und medikamentöse Behandlungsmöglichkeiten, um den Milbenbefall im Bienenstock zu minimieren."
Vor allem zum Zeitpunkt der Aufzucht der Winterbienen im September und Anfang Oktober müsse der Varroa-Befall gering sein. "Wenn der Zeitpunkt verpasst wurde und die Winterbienen bereits geschädigt sind, kann der Imker nur hoffen, dass der Schaden gering genug ist, damit die Bienen trotzdem überleben können", sagt Michael Hardt.
Welche Auswirkungen haben die Blühwiesen?
Einige Imker im Pirnaer Umland und rund um Neustadt sehen vor allem die von der EU vorgeschriebenen Blühwiesen der Landwirte als Ursache für das Sterben ihrer Honigbienen. Die angebauten Kulturen, wie gelber Senf, Phacelia und Lein, die als Zwischenfrüchte angepflanzt werden, unter anderem zur Verbesserung der Bodenstruktur, blühen im September, Oktober und teilweise bis in den November hinein. Die Imker beobachten nun, dass einige Bienen das tun, was sie ihrer Veranlagung nach tun müssen: Sie fliegen und sammeln, denn die Blüten suggerieren ihnen, es sei Frühling.
Doch wenn die Honigbienen im Spätherbst noch eine Quelle entdeckt haben, fliegen sie diese auch an, nachdem die Temperaturen schlagartig kühler geworden sind. Sie kommen am Bienenstand erschöpft an und setzen sich erst einmal auf das Dach oder an die Wand des Bienenstocks. Fliegen sie nicht gleich wieder auf, kühlen sie ab, erstarren und sterben schließlich.
Manfred Uhlemann erklärt dazu: "Ein Bienenvolk braucht rund 15.000 Bienen, um den Winter zu überleben. Die Bienen müssen dann eine Temperatur zwischen 33 und 36 Grad Celsius halten. Das können sie nur, wenn die Bienen sich um die Königin drängen, wie in einer Traube. Wenn zu wenige Bienen vorhanden sind, kann die Wärme nicht gehalten werden. Sie sterben."

"Honigbienen brauchen Nektar- und Pollen-Angebote bis in den Spätsommer hinein, danach eigentlich nicht mehr", sagt Michael Hardt. Er wünscht sich von den Landwirten, dass die Blühwiesen eher gesät werden: "Eine Blüte im Juli bis Anfang Oktober wäre optimal, danach aber bitte nicht mehr."
Und Manfred Uhlemann erklärt: "Es gibt im Eler-Begleitausschuss die Gruppe Landwirtschaft. Darin sind acht Verbände, darunter auch der Sächsische Imkerverband, vertreten. Bisher war aber nie eine Person des Imkerverbandes anwesend, um die Probleme anzusprechen." Seiner Aussage nach seinen auch die Mitglieder des Landesverbandes Sächsischer Imker stimmberechtigt und sollten ihre Wünsche und Vorschläge einbringen: "Wenn wir diese Wünsche der Imker kennen, können wir sie auch umsetzten beziehungsweise gemeinsam eine Lösung finden", sagt der Chef des sächsischen Bauernverbandes.
Der nächste Besprechungstermin sei für Ende März angesetzt. Alle Verbände würden dazu schriftlich eingeladen, und sicherlich fänden alle gemeinsam dann eine Lösung. Vielleicht blühen die letzten von der EU vorgeschriebenen Greening-Flächen dann in diesem Jahr nur bis in den September hinein, um den Bienen eine ruhige Winterzeit 2020/2021 zu ermöglichen.
Noch mehr Nachrichten aus Pirna, Freital, Dippoldiswalde und Sebnitz.