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Konservative Alarmstimmung

Ex Verfassungsschutz-Chef Hans-Georg Maaßen leistete auf Einladung der WerteUnion Wahlkampfhilfe.

Von Manfred Müller
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Hans-Georg Maaßen hört zu (Mitte). Ruben Ritter, Praktikant beim Landtagsabgeordneten Sebastian Fischer (CDU), hatten vorher Zuschauerfragen auf Zetteln eingesammelt, die nun verlesen werden.
Hans-Georg Maaßen hört zu (Mitte). Ruben Ritter, Praktikant beim Landtagsabgeordneten Sebastian Fischer (CDU), hatten vorher Zuschauerfragen auf Zetteln eingesammelt, die nun verlesen werden. ©  Anne Hübschmann

Lampertswalde/Großenhain. Der Zufall lieferte die passende akustische Untermalung zum CDU-Wahlforum im Lampertswalder Dorfgemeinschaftshaus. Als Hans-Georg Maaßen zum Rednerpult gebeten wird, heult draußen die Sirene. Dann wird der ehemalige Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz mehrfach vom Sondersignal der ausrückenden Feuerwehren unterbrochen.

Man könnte es als Sinnbild nehmen: Nachdem Sachsens Christdemokraten bei der Europawahl massiv Stimmen an die AfD verloren haben, herrscht nun, kurz vor der Landtagswahl, Alarmstimmung. Richten soll es der konservative CDU-Flügel, die Werteunion, der Hans-Georg Maaßen seit einiger Zeit angehört.

 Diese hatte ihn nach Sachsen gesandt, um mit dem unbequemen Law-and-Order-Mann Wähler zurückzuholen. Das Publikum – etwa 60 Leute – besteht nicht aus den zornigen alten Männern vom Lande, die die AfD im Mai in Lampertswalde auf fast 45 Prozent der Stimmen brachten. Es erscheint eher mittelalt, nur zum Teil konservativ und nicht ausschließlich christdemokratisch. Hans-Georg Maaßen hat mit seinen seltsamen Äußerungen zu den rechtsradikalen Ausschreitungen in Chemnitz viel Aufmerksamkeit und großen Unmut erregt.

Deshalb ist ein Fernseh-Team vor Ort, ebenso der Vertreter einer großen deutschen Wochenzeitung. Letzterer hat schon die analoge Nachmittagsveranstaltung in Riesa miterlebt und scheint ein wenig enttäuscht. Maaßen sei dort eher moderat aufgetreten, sagt er, er stichele offenbar nur in Berlin. 

Auch in Lampertswalde wirkt der Ex-Verfassungsschützer bemüht, keinen medialen Shitstorm zu entfachen. Interessanter ist da, für welche Sätze er hier Beifall bekommt: „Rechtsradikalismus und Rechtspopulismus müssten streng getrennt und nicht ständig in einen Topf geworfen werden.“ „Private Seenotrettung unterstütze das Geschäftsmodell der Schlepper.“ 

„Es gebe in Deutschland mittlerweile ungeschriebene Gesetze, welche Meinung noch zulässig ist. Das dürften sich die Leute nicht bieten lassen.“ Zum Reizthema Ausländerpolitik sagt Maaßen kaum etwas, was man zu Beginn der 2000er Jahre nicht schon vom sozialdemokratischen Innenminister Otto Schily gehört hätte. Es wird heute – nach der Flüchtlingskrise und dem AfD-Aufstieg – nur anders bewertet.

Ja, und natürlich rede er auch mit der AfD, erklärt Maaßen. Wenn man das nicht tue, funktioniere die Demokratie nicht. CDU-Direktkandidat Sebastian Fischer, der sich in Lampertswalde als bekennender Konservativer outet, hält sich in Fragen der Bundespolitik auffällig zurück. Er zieht den Lampertswaldern lediglich behutsam den Zahn, dass er sie künftig von der sächsischen Reichensteuer befreien könnte.

Ob ihm der Maaßen-Support reicht, um der AfD bei der Landtagswahl in nennenswertem Maße Stimmen abzujagen, bleibt abzuwarten. Seine Partei könne derzeit einen Besenstiel aufstellen, und der würde dann gewählt, meint am Rande der Veranstaltung siegesgewiss ein AfD-Mann, der sich ins Publikum verirrt hat. Ältere Christdemokraten werden sich wehmütig erinnern, dass man das in der Biedenkopf-Milbradt-Ära auch von der CDU gesagt hat.

Als Maaßen aus dem Publikum gefragt wird, ob er der nächste sächsische Innenminister werden wolle, winkt er verbal ein wenig müde ab. Er fühle sich in seiner Situation als Beamter im einstweiligen Ruhestand eigentlich ganz wohl. Ursache für den Sirenenalarm vom Donnerstagabend war übrigens ein Verkehrsunfall.