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Späte Aufklärung eines Identitätsdiebstahls

Jahrelang wurde ein Ingenieur zu Unrecht verfolgt. Er war Opfer eines Kreditbetrügers geworden, der inzwischen jedoch untergetaucht ist.

Von Alexander Schneider
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Nach Jahrelangen Ermittlungen ist ein mutmaßlicher Kreditbetrüger kurz vor seinem Prozess untergetaucht - während sein Opfer lange von der Bank verfolgt wurde.
Nach Jahrelangen Ermittlungen ist ein mutmaßlicher Kreditbetrüger kurz vor seinem Prozess untergetaucht - während sein Opfer lange von der Bank verfolgt wurde. © Symbolbild: David-Wolfgang Ebener/dpa

Die Mühlen der Justiz, sie mahlen unablässig, tagein tagaus. Meist erwischen sie die Richtigen, echte Täter kommen jedoch auch immer wieder davon und manchmal gerät auch ein Unschuldiger zwischen die Mühlsteine. 

Am Mittwoch, 8. Januar dieses Jahres, berichtete die SZ unter dem Titel „Identitätsklau mit schlimmen Folgen“ über den kuriosen Fall eines Ingenieurs aus dem Dresdner Osten. Ihm war Anfang 2012 das Portemonnaie gestohlen worden. Mit den erbeuteten Personalpapieren hat ein Gauner im Internet einen Darlehensvertrag über knapp 10.000 Euro bei einer Bank abgeschlossen. Während der Betrüger also das erschwindelte Geld verprasste, hefteten sich die Bank und ihre Inkasso-Firmen an die Fersen des Geschädigten, um an ihr Geld zu kommen. So wurde das Opfer einer Straftat erneut drangsaliert. Über Jahre.

Mitte 2019, im verflixten siebten Jahr, fand sich der gut situierte Ingenieur sogar als Beklagter vor dem Zivilgericht des Landgerichts Dresden wieder. Eine Firma namens PRA Group, sie besaß inzwischen die Forderung der Bank, wollte den Beklagten mithilfe des Gerichts zwingen, den Kredit zurückzuzahlen. Doch der Richter wies die Klage ab. Er kritisierte das sogenannte Postident-Verfahren, das es dem Betrüger offensichtlich leicht gemacht hatte, sich mit den falschen Papieren auszuweisen. Auch von den Ermittlern hätte er etwas mehr Engagement erwartet.

Klarheit im verflixten achten Jahr

Nun, im verflixten achten Jahr, hat sich die Staatsanwaltschaft den Fall nach dem SZ-Artikel nochmals vorgenommen und, gewissermaßen, Licht zwischen die angejahrten Mühlsteine geworfen. Tatsächlich hatte es zwei Jahre gedauert, den mutmaßlichen Täter aufzuspüren. Der zunächst verdächtigte Geldbörsen-Dieb war es nicht, denn der saß im Gefängnis, als der Darlehensvertrag abgeschlossen worden war. 

Schließlich nahmen sich die Ermittler die Darlehensverträge vor und fanden darauf tatsächlich noch Fingerabdrücke, die sie einem alten Bekannten zuordnen konnten. Das war im Herbst 2014. Da wurde auch der nun Beschuldigte vernommen und die Akte anschließend der Staatsanwaltschaft übergeben, die den mutmaßlichen Betrüger im Februar 2016 angeklagt hatte.

Auch am Amtsgericht Dresden wird gemahlen. Dieses Verfahren jedoch landete, immerhin etwas über drei Jahre nach dem Darlehensbetrug, vorerst auf einem großen Stapel von Anklagen. Erst weitere drei Jahre später, im April 2019, sollte der Prozess stattfinden. Doch der Angeklagte war inzwischen unbekannt verzogen. Die Sache wurde vorläufig eingestellt und der Angeklagte zur Fahndung ausgeschrieben. Das bestätigte die Staatsanwaltschaft nun gegenüber der SZ.

Ob der zu unrecht als säumiger Darlehensnehmer verfolgte Ingenieur, der nicht nur von Inkasso-Firmen genervt worden war, sondern auch negative Schufa-Einträge erhalten hatte, tatsächlich von den erfolgreichen Ermittlungen erfahren hatte, ist offen. In seinem Zivilprozess jedenfalls wusste er nichts (mehr) davon.

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