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Letzte Gaststätte in Hartha schließt

Ende des Monats gibt der Pächter des Gartenlokals der „Naturheilfreunde“ auf. Damit ist er im Kreis nicht der Einzige.

Von Verena Toth
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Ende des Monats macht Gastronom Andreas Müller in der letzten regulär geöffneten Gaststätte Harthas das Licht aus. Wer dann essen gehen möchte, muss die Stadt verlassen.
Ende des Monats macht Gastronom Andreas Müller in der letzten regulär geöffneten Gaststätte Harthas das Licht aus. Wer dann essen gehen möchte, muss die Stadt verlassen. © Dietmar Thomas

Hartha. Ende Januar ist Schluss. Die Gartengaststätte des Vereins „Naturfreunde“ in Hartha wird Ende Januar ihre Türen schließen, Pächter Andreas Müller gibt das Geschäft auf. Damit wird in der Stadt auch die letzte klassische Gaststätte der Vergangenheit angehören. Wer hungrig ist und nicht selbst Mittag- oder Abendessen kochen möchte, muss dann mit einem der Imbisse im Ort vorliebnehmen oder die Stadt verlassen.

Obwohl Wirt Andreas Müller seit 23 Jahren leidenschaftlicher Gastronom ist, beendet er damit ein langes Kapitel in seinem Leben. Er wird sich hauptberuflich verändern, als Gastgeber nur noch gelegentlich arbeiten. 

Der gelernte Industrieschweißer stieg schon in DDR-Zeiten als Kellner ins Gastro-Gechäft ein. 1994 machte er sich schließlich selbstständig. Mehrere größere und kleinere Restaurants hat er über die Jahre geführt. „Aber immer in Hartha“, wie er betont. Vor vier Jahren übernahm er die Gaststätte der „Naturheilfreunde“. Dort hat er gemeinsam mit zwei Aushilfen, einem Koch und einer Bedienung seine Gäste bewirtet. Auch bei Gesellschaften und Kollegengruppen war die Gartengaststätte beliebt.

„In letzter Zeit wurde die Arbeit aber immer schwieriger. Ein großes Problem ist, Personal zu finden. Selbst mithilfe des Arbeitsamtes hat das nicht geklappt“, erzählt der 52-Jährige. An manchen Tagen musste er das Kochen und das Bedienen gleichzeitig übernehmen. 

Oft habe er sich abends gesorgt, wie es am nächsten Tag weitergehen kann. 16-Stunden-Arbeitstage wolle und könne er nun nicht mehr schaffen. Hinzu kommen auch noch die immer komplizierter werdenden bürokratischen Anforderungen, die er als selbstständiger Gastronom erfüllen müsse. „Die jetzt eingeführte Bon-Pflicht ist da nur eine von vielen“, sagt er. Sein größtes Problem sei die Krankenversicherung gewesen. „Ich war bisher privat versichert, doch die Beiträge steigen ins Unermessliche. Deshalb will ich in die gesetzliche Versicherung wechseln. Das geht aber nur bis zu meinem 55. Lebensjahr“, erläutert Müller. Auch der Kauf des Objektes habe nicht geklappt, berichtet er. Deshalb blieb ihm nun nur noch eine Möglichkeit: Die Gaststätte schließen.

„Wir als Stadt bedauern das sehr. Das Lokal und die dazugehörige Kegelbahn sind seit vielen Jahren ein beliebter Einkehrort für die Harthaer gewesen“, sagt Harthas Bürgermeister Ronald Kunze (parteilos). Die Stadtverwaltung war dort zuletzt für ihre Weihnachtsfeier zu Gast. „Ich habe größte Hochachtung und Respekt für Gastronomen wie ihn und auch für andere, die in Hartha über viele Jahrzehnte Restaurants und Gaststätten geführt haben“, ergänzt er. 

Die Stadtverwaltung wolle jede Bemühung unterstützen, mit der in der Stadt wieder ein Lokal eröffnet werden kann. Es gebe wohl auch schon Interessenten, spruchreif sei aber noch nichts, so Kunze.

Am Dienstagabend war der Gartenverein der „Naturheilfreunde“ zu seiner Sitzung zusammengekommen, um unter anderem über die Schließung und die weitere Zukunft des Lokals zu beraten. „Einen Nachfolger als Pächter gibt es noch nicht. Ich habe mich aber bereit erklärt, für Familienfeiern, wie beispielsweise Schulanfänge als Gastgeber zur Verfügung zu stehen“, sagt Andreas Müller. Die Räume könnten vom Gartenverein gemietet werden, auf Wunsch sorgt er bei den Familienfeiern und Gesellschaften für die kulinarische Versorgung.

Dass es künftig keine regulär geöffnete Gaststätte mehr in seinem Heimatort gibt, bedauert auch Andreas Müller sehr. Es sei ein Armutszeugnis für die Stadt. „Die Harthaer sind wählerische Gäste, wenn einmal was nicht geschmeckt hat, kommen sie nicht wieder“, sagt Müller. Auch hätten es Gastronomen von außerhalb der Stadt eher schwer, ein gut gehendes Geschäft aufzubauen. Die Chance, dass sich schnell ein neuer Pächter für das Lokal mit Kegelbahn findet, sieht er deshalb als gering an.

Die Gründe, die Andreas Müller nun zum Aufgeben zwingen, bereiten aber nahezu allen Gastronomen im Kreis Sorgen. Nur in seltenen Fällen gelingen Geschäftsübernahmen oder -nachfolgen. Das beweisen auch die Zahlen, die Cindy Krause von der IHK Mittelsachsen liefert: Seit 31. Dezember 2014 haben bis heute 505 Unternehmen aus der Gastronomie ihr Gewerbe abgemeldet, davon waren 376 Restaurants, Gaststätten, Imbissstuben, Cafés und Eissalons, 79 Caterer und 50 Vergnügungslokale, Diskotheken und Schankwirtschaften. 

Aktuell gibt es im Landkreis 901 angemeldete Unternehmen in der Gastronomie (2014: 1.406), davon sind 662 Restaurants, Gaststätten, Imbissstuben und Cafés.

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