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Linke will mit neuer Spitze aus der Krise

Nach dem Wahldebakel setzt die Partei im Landkreis Bautzen auf junge Leute, klare Ansagen und Poetry Slam.

Von Marleen Hollenbach
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Silvio Lang ist neuer Vorsitzender der Partei Die Linke im Kreis Bautzen.
Silvio Lang ist neuer Vorsitzender der Partei Die Linke im Kreis Bautzen. © SZ/Marleen Hollenbach

Bautzen. Ab und zu ist er wieder da, der Kampfgeist. Immer dann, wenn von einem Neustart die Rede ist, von einem Generationswechsel, von neuen Mitgliedern und mutigen Ideen. Doch diese kurzen Momente können über eines nicht hinwegtäuschen: Die schwachen Wahlergebnisse haben die Mitglieder der Linken im Landkreis Bautzen heftig getroffen. Vor allem emotional. Von einem „Wahldesaster“ sprechen sie, von einem „historisch schlechten Ergebnis“ von einer „Katastrophe“.

Mehr als 80 Genossen sitzen an einem trüben Sonnabend im Technologie- und Gründerzentrum in Bautzen. Mal wird miteinander gescherzt, mal applaudiert, mal gelacht. Vor allem aber blickt man hier in nachdenkliche Gesichter. Die Zahlen, die an die Leinwand geworfen werden, sind auch alles andere als aufheiternd. 

Den ersten Schock gab es bei der Kommunalwahl im Mai. Die Linken verloren dabei acht ihrer 18 Sitze im Bautzener Kreistag. Auch in vielen Stadt- und Gemeinderäten der Region sind sie nur noch mit der Hälfte ihrer Mitglieder präsent. 

Partei muss Büros schließen

Bei der Landtagswahl im September musste sich die Partei hinter CDU und AfD einreihen. Kein einziger Kandidat der Linken konnte im hiesigen Landkreis das Direktmandat gewinnen. Und weil es auch parteiintern nicht gelang, einen Vertreter aus dem Kreis Bautzen auf einen guten Listenplatz zu setzen, sind die Linken aus der Region jetzt überhaupt nicht mehr im Sächsischen Landtag vertreten. 

Den ehemaligen Landtagsabgeordneten Heiko Kosel und Marion Junge steht nun nach Jahren in der Politik ein Berufswechsel bevor. Kosel wird als Rechtsanwalt tätig sein, Junge als Lehrerin an die Schule zurückkehren. Und die Wahlschlappe hat auch finanzielle Auswirkungen. Die Partei musste bereits zwei ihrer Büros aufgeben – in Kamenz und in Radeberg.

Neuer Kreischef gewählt

Und doch geht es weiter, irgendwie, das wollen die Mitglieder an diesem Tag vermitteln. Aber nicht so, wie bisher. Als erste Konsequenz aus der Wahlniederlage wählen die Parteimitglieder ein Jahr eher als geplant einen neuen Kreisvorsitzenden. An ihrer Spitze tritt Silvio Lang. Der 36-Jährige löst Marion Junge ab. 

Lang stammt ursprünglich aus Königswartha, lebt jetzt mit seiner Familie in Dresden. In seinem Leitantrag fordert er die Genossen auf, deutlicher klar zu machen, wofür die Linke im Kreis Bautzen stehe. Ist es der Ausbau des ÖPNV-Angebotes? Ist es der Kampf gegen rechte Netzwerke? Ist die fortschreitende Privatisierung der Krankenhäuser das wichtigste Thema oder doch der Kohleausstieg in der Lausitz? „Aus der Vielzahl der möglichen Themen sollten wir höchstens zwei Schwerpunkte heraussuchen und diese konzeptionell untersetzen“, sagt er.

Poetry Slam und Aschermittwoch

Eine Herausforderung sieht Silvio Lang auch darin, als Partei überhaupt weiterhin sichtbar zu bleiben, obwohl die Linke in den Gremien weniger stark vertreten ist, obwohl auch die Zahl der Mitglieder kontinuierlich schrumpft. Und wie geht das? Mit neuen Formaten, meint Silvio Lang. So soll es zum Beispiel einen Linke-Poetry-Slam, einen links-politischen Aschermittwoch und politische Wanderungen durch die Region geben. 

Einmischen müsse sich die Linke auch bei den anstehenden Bürgermeisterwahlen, meint er. In Hoyerswerda und in Ottendorf-Okrilla sollte es laut Silvio Lang Anspruch sein, entweder einen eigenen Kandidaten ins Rennen zu schicken, oder mit anderen zusammen nach einem Kandidaten zu suchen.

Nicht nur mit Silvio Lang verjüngt sich die Spitze der Linken im Kreis Bautzen. So gehören zum Beispiel auch der 30-jährige Sebastian Schindler und der 20-jährige Bruno Rössel zum neuen Kreisvorstand, außerdem Rüdiger Thürling und Heiko Kosel.

Hilfe aus Görlitz

„Gerade die jungen Genossen sind für mich ein Lichtblick“, erklärt Bundestagsabgeordnete Caren Lay. Die Ergebnisse der Wahlen habe sie abgehakt. Gegen den Rechtsruck sei eben kein Kraut gewachsen gewesen. Und doch will auch Lay gern positiv in die Zukunft blicken. „Wir müssen wieder zur starken Opposition werden, wir müssen den Leuten zeigen, dass wir, anders als die AfD, konkrete Vorschläge zur Verbesserung haben“, sagt sie.

Der Weg aus dem Tief hat für die Linken begonnen. Und ganz allein müssen die Parteimitglieder ihn nicht gehen, Unterstützung kommt aus dem Nachbarlandkreis Görlitz. Die zwei Landtagsabgeordneten der Region, Antonia Mertsching und Mirko Schultze, wollen den Bautzener Kreisverband unter die Arme greifen. Mit ihrer finanziellen Hilfe wird zumindest in Kamenz bald wieder ein Parteibüro öffnen.