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Manche mögen es eben wild

Eine junge Familie will in Halbestadt eine Wildnisherberge bauen. Seit 2016 werkeln sie. Jetzt wartet die nächste Hürde.

Von Katarina Gust
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Christian Kubat und Irina Krupper wollen die ehemalige Jugendherberge in Halbestadt zu einer Wildnisherberge umbauen. Noch ist viel zu tun.
Christian Kubat und Irina Krupper wollen die ehemalige Jugendherberge in Halbestadt zu einer Wildnisherberge umbauen. Noch ist viel zu tun. © N. Millauer

Christian Kubat sieht sie schon fertig vor sich – die Wildnisherberge. „Hier werden die Schulklassen schlafen, hier die Lehrer“, erzählt der 34-Jährige bei einem Rundgang durch die ehemalige Jugendherberge in Halbestadt. Einst als Wohnhaus gebaut, übernahm in den 1920er-Jahren der Verein für Jugendwohl Dresden das Gebäude, es wurde zur Jugendherberge. In den 60er-Jahren nutzte es die Stadt Königstein als Hort, später erwarb ein Baubetrieb das Haus und nutzte es bis 1990 als Ferienheim. Seitdem steht das Fachwerkhaus oberhalb der Elbe leer. Bis sich Christian Kubat und seine Freundin Irina Krupper in das Haus verliebten und es vor drei Jahren kauften. Die junge Familie, zu der auch Töchterchen Emma gehört, will sich hier den Traum von einer Jugendherberge erfüllen. Als Studenten haben die beiden Kinder in Ferienlagern betreut. Ein Abenteuer, bei dem sie sich kennen und auch lieben lernten. Künftig wollen sie selbst zu Herbergseltern werden.

Seit drei Jahren stecken sie deshalb jede freie Minute in die Wildnisherberge. Das Haus, das bis 1990 als Ferienheim genutzt wurde, war noch vollständig eingerichtet, als es verkauft wurde. In den Zimmern standen die alten DDR-Betten samt Matratzen, Gardinen schmückten die Fenster und wild gemusterte Tapeten die Wände. Alles musste mühsam per Hand entrümpelt werden. Einige DDR-Relikte haben Christian Kubat und Irina Krupper vor dem Sperrmüll gerettet. Unter anderem mehrere Kisten mit alten Margon- oder Cola-Flaschen. Auch Lampen und DDR-Milchflaschen haben sie aufgehoben. „Sammler zahlen dafür mitunter eine stolze Summe“, erzählt Irina Krupper.

Hoffen auf EU-Fördergelder

Geld kann die Familie gut gebrauchen. Denn noch ist die Finanzierung nicht gesichert. Gut eine Million Euro ist notwendig, um das verfallene Haus zu sanieren. Das Paar müsste einen hohen Kredit aufnehmen, um den Betrag stemmen zu können. Doch den Banken fehlen im Moment die Sicherheiten. Auch die geforderten Eigenmittel von mindestens 100 000 Euro müssten die Eigentümer vorweisen können. Christian Kubat hofft nun, über Fördermittel einen Schritt weiter zu kommen. Anträge auf EU-Fördergelder für den ländlichen Raum sind gestellt. Im Sommer wird die nächste Runde ausgeschüttet. Der 34-Jährige hofft, dass die Wildnisherberge dabei ist. Bis zu einem Drittel der Baukosten könnten über diesen Fördertopf gedeckelt werden. „Das würde uns enorm weiterbringen“, sagt Christian Kubat. Allein in den Antrag auf die Baugenehmigung floss eine mittlere fünfstellige Summe.

Unter den Tapeten im Erdgeschoss fand der 34-Jährige alte Malereien.
Unter den Tapeten im Erdgeschoss fand der 34-Jährige alte Malereien. © N. Millauer

Die Sanierung der alten Jugendherberge geht trotzdem weiter – in kleinen Schritten. Die Räume sind inzwischen freigeräumt. Als Nächstes soll das Dach repariert werden. Anschließend will das Paar den Dachboden zu einer Wohnung ausbauen und in das Fachwerkhaus ziehen. Unterm Dach war zuletzt eine kleine Hausmeisterwohnung untergebracht. Davon ist nichts mehr übrig. Der Dachboden ist komplett freigelegt und quasi fertig für den Umbau.

Beim Entrümpeln stieß Irina Krupper auf Cola- und Margon-Flaschen aus DDR-Zeiten.
Beim Entrümpeln stieß Irina Krupper auf Cola- und Margon-Flaschen aus DDR-Zeiten. © N. Millauer

In der ersten und zweiten Etage sollen später Schulklassen, Vereine, Jugend- oder Erwachsenengruppen übernachten können. Neun Gästezimmer mit insgesamt 25 bis 30 Betten sollen entstehen, alle mit eigenem Bad. Im Erdgeschoss sind ein Aufenthalts- und ein Speiseraum vorgesehen, Seminarräume, eine Kreativwerkstatt und auch Büroräume. Das Herzstück soll eine Küche sein, in der Irina Krupper mit Teilnehmern pädagogisch kochen möchte. Die 30-Jährige hat einen Abschluss als Fachberaterin für Selbstversorgung mit essbaren Wildpflanzen. Aus dem, was sich in der Natur findet, ein Menü zu stricken, das ist ihre Leidenschaft. Und die will sie später an die Herbergsgäste weiter geben. Schon jetzt bietet Irina Krupper regelmäßig Workshops zu dem Thema an. Genau wie Christian Kubat. Der studierte Geologe, Waldpädagoge und Referent für Umweltbildung begleitet Gruppen auf Touren durch den Nationalpark. „Die Wildnisherberge passt perfekt zu uns“, sagt Kubat.

Das Paar will als Herbergseltern später eine Wohnung unterm Dach beziehen – unverbauter Blick auf die Festung Königstein inklusive. 
Das Paar will als Herbergseltern später eine Wohnung unterm Dach beziehen – unverbauter Blick auf die Festung Königstein inklusive.  © N. Millauer

Er ist an dem Haus zuletzt auf einen kleinen Schatz gestoßen. Und der hat mit dem ehemaligen Müllraum zu tun. In dem kleinen Gewölberaum, der sich unter der Terrasse und direkt am Wanderweg zum Lilienstein befindet, war früher eine Klause eingerichtet. Das geht aus alten Unterlagen hervor. Kubat reizt die Idee, einen kleinen Imbiss mit anzubieten. Noch bleibt sie aber Zukunftsmusik.

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