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Medizin-Museum fehlt Finanzspritze

Alle bescheinigen dem Verein in Bad Gottleuba eine außerordentliche Arbeit. Doch weil die ehrenamtlich ist, droht nun das Aus.

Von Heike Sabel
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Thomas Kraus hatte noch die Chance, die medizinhistorischen Sammlungen in Bad Gottleuba zu besuchen. Das Museum im Klinikgelände beherbergt die umfangreichste private Sammlung an medizinischen Instrumenten, Geräten und Möbeln an einem Originalstandort in
Thomas Kraus hatte noch die Chance, die medizinhistorischen Sammlungen in Bad Gottleuba zu besuchen. Das Museum im Klinikgelände beherbergt die umfangreichste private Sammlung an medizinischen Instrumenten, Geräten und Möbeln an einem Originalstandort in © Marko Förster

Der damalige Außenminister und Vizekanzler Sigmar Gabriel war inkognito da und begeistert: „Eine tolle und beeindruckende Ausstellung! Vielen Dank an alle, die sie zusammengestellt haben und sie betreuen. Jeder Besuch lohnt sich.“ Ein Eintrag, auf den der Gottleubaer Verein der medizinhistorischen Sammlungen stolz ist, der ihr aber nun auch nicht mehr hilft. Denn das Museum steht nach reichlich 18 Jahren vor dem Aus. Ein Aus mit Ansage, das der Verein trotzdem nicht versteht.

Die Ansage kam schon im Dezember 2017 vom Kulturraum Meißen Sächsische Schweiz Osterzgebirge. Der hat die Gottleubaer Sammlungen bisher jährlich mit 8 000 Euro gefördert. 2018 waren es dann nur noch 4 000 Euro mit der Ankündigung, es ist das letzte Mal. Deshalb mussten die Öffnungszeiten schon reduziert werden. Dieses Jahr nun gibt es keinen Cent mehr.

Der Grund: Der Verein beschäftigt keinen hauptamtlichen Vollzeit-Mitarbeiter. „Es geht um eine langfristig und nachhaltig angelegte Förderung“, sagt Diana Fechner, Leiterin der Kulturraum-Geschäftsstelle. Beim Ehrenamt bleibe immer ein Risiko, auch für Fördermittel. Deshalb sei eine Unterstützung aufgrund begrenzter Mittel nicht vertretbar. Dabei bekäme der Verein, wenn er jemanden Vollzeit einstellt sogar mehr Geld. „Aber wir brauchen niemanden mit 40 Stunden“, sagen Sabine Brauweiler und Ute Wunderwald vom Vorstand. Die Logik, die hinter den Vergabekriterien des Kulturraumes steckt, können sie nicht nachvollziehen. Nur eines schlussfolgern sie daraus: „Ehrenamt zählt nicht mehr.“ Der Verein werde in keiner Weise mehr anerkannt, obwohl er zweimal „Verein des Jahres“ wurde. Wie lange das Vereinsgeld reicht und wann das Museum schließt, ist offen. Klar ist, irgendwann ist Schluss.

Wertschätzung aus Berlin und Ingolstadt

Prof. Dr. Marion Maria Rusinger, Deutsches Medizinhistorisches Museum Ingolstadt: Ich begleite die Sammlungen seit vielen Jahren und bin immer wieder beeindruckt, auf welch hohem Niveau und mit welcher Tatkraft hier ein einzigartiger Sammlungsbestand bewahrt und präsentiert wird. Aus dem Umstand, dass dies ohne hauptamtliche Kraft geschieht, darf nicht der Schluss gezogen werden, dass die Einrichtung nicht förderwürdig wäre ... Sie ist ausgesprochen gut mit den einschlägigen Museen vernetzt ... Sie wird hochprofessionell geleitet.

Prof. Dr. Thomas Schnalke, Direktor medizinhistorisches Museum der Charité Berlin: Die Maßnahme trifft eine Einrichtung, die auf medizinhistorisch-museologischen Gebiet für den deutschen Sprachraum und darüber hinaus mit europaweiter Ausstrahlung ein fachlich wie auch gesellschaftliches Sammlungsgebiet in einzigartiger Weise erschließt und öffentlich zugänglich macht. Die Sammlungen … sind ein Musterbeispiel, wie … exzellente Museumsarbeit geleistet werden kann. (SZ/sab) 

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Schon nach dem angekündigten Wegfall der Förderung voriges Jahr kümmerte sich der Verein. Mit einer Präsentationsmappe ging er unter anderem zur Wissenschafts- und Kunstministerin, zum Landtagsabgeordneten, zur Landesstelle für Museen. „Alle haben gute Ratschläge und erkennen unsere Arbeit an, aber Geld haben sie nicht“, sagen Sabine Brauweiler und Ute Wunderwald. Die Kulturraum-Leiterin rät: „Der Wert und die Bedeutung der Sammlungen sollten die Klinik und die Gemeinde veranlassen, gemeinsam weitere 8 000 Euro aufzubringen.“

Die Stadt Bad Gottleuba-Berggießhübel zahlt bereits jährlich 3 500 Euro. Sollte dieser Betrag aufgestockt werden, müsse das auf Antrag der Stadtrat entscheiden, sagt Bürgermeister Thomas Mutze (parteilos). Von der Klinik hat der Verein nichts zu erwarten. Zwar bescheinigt der kaufmännische Leiter Lars Wunder den Sammlungen eine Bekanntheit über die Region hinaus und findet es bedauerlich, dass sich der Freistaat aus der Finanzierung zurückzieht. Die Klinik aber selbst könne auch nichts tun.

Sollte Sigmar Gabriel, auch wenn er nicht mehr Minister ist, also mal wieder nach Gottleuba kommen, wird er wohl vor verschlossenen Museumstüren stehen.

Öffnungszeiten: Dienstag 13-17 Uhr, Sonnabend 13-17 Uhr, Sonntag 10-17 Uhr

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