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Das Thema Migration spaltet Deutschland 

Eine Dresdner Studie untersucht die Einstellungen Ostdeutscher gegenüber Zugewanderten - und kommt zu einem überraschenden Ergebnis.

Von Nora Miethke
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Die Ablehnung von Muslimen ist in Ostdeutschland stärker ausgeprägt als in Westdeutschland und Westeuropa.
Die Ablehnung von Muslimen ist in Ostdeutschland stärker ausgeprägt als in Westdeutschland und Westeuropa. © Monika Skolimowska/dpa

Das Thema Einwanderung spaltet nicht nur Europa, sondern auch Deutschland – aber unter anderen Vorzeichen als erwartet. Bislang wird vor allem von vielen Menschen in Westdeutschland angenommen, dass die Ostdeutschen gegenüber „Fremden“ ähnlich negativ eingestellt sind wie die Mittel- und Osteuropäer. Die neue Studie des Mercator Forum Migration und Demokratie (Midem) belegt jedoch: Die Einstellungen der Ostdeutschen gegenüber Zugewanderten sind deutlich positiver als der Menschen in Osteuropa und entsprechen eher dem typischen Niveau Westeuropas. 

Eine Ausnahme bildet die Ablehnung von Muslimen. Sie ist in Ostdeutschland stärker ausgeprägt als in Westdeutschland und Westeuropa, „aber immer noch geringer als in den meisten anderen Staaten Mittel- und Osteuropas“, heißt es in dem zweiten Midem-Jahresbericht. Er wurde heute in Dresden veröffentlicht. „Was die Einstellung zu Migration angeht, gehört Ostdeutschland genauso wenig zu Osteuropa wie Westdeutschland zu Westeuropa“, folgert Midem-Direktor Professor Hans Vorländer daraus.

Generell gilt: Regionale Unterschiede in den Einstellungen zu Einwanderung und Flüchtlingspolitik lassen sich in vielen europäischen Ländern beobachten. Auch wenn dieses Thema die Europäer gespalten hat, in einem sind sie sich einig - Migration ist mit die wichtigste Aufgabe für Europa. So haben der Streit über die Verteilung von Geflüchteten oder die Seenotrettung zu einem Zusammenwachsen der nationalen Öffentlichkeiten zu einer europäischen Öffentlichkeit beigetragen.

„Der zweite Midem-Jahresbericht unterstreicht, dass Europa weiterhin nach Wegen zu einer gemeinsamen Migrations- und Asylpolitik suchen muss“, betont Wolfgang Rohe, Geschäftsführer der Stiftung Mercator. Der Bericht zeige auch, dass sich die Bereitschaft und Möglichkeiten zur Aufnahme von Geflüchteten, Migrantinnen und Migranten in Europa sehr stark unterschieden. „Deshalb braucht es Ansätze, die sensibel für diese Unterschiede sind“, so Rohe.

Die Studie untersucht weiterhin den Einfluss von Migration auf das Wahlverhalten der Deutschen, insbesondere bei den Europawahlen. Ein Ergebnis ist: In Landkreisen, in denen ein höherer Anteil an Nicht-EU-Ausländern lebt, bleiben Ergebnisse für die Alternative für Deutschland (AfD) unterdurchschnittlich. Dagegen haben ein abrupter und starker Anstieg von Zugewanderten und Asylbewerbern aus Drittstaaten die AfD-Wahlergebnisse erhöht, und zwar vor allem dort, wo zuvor kaum Nicht-EU-Ausländer lebten.

Das Mercator Forum Migration und Demokratie (Midem) ist ein interdisziplinäres Forschungszentrum der Technischen Universität Dresden in Kooperation mit der Universität Duisburg-Essen, gefördert durch die Stiftung Mercator. Es fragt danach, wie Migration demokratische Politiken, Institutionen und Kulturen prägt und zugleich von ihnen geprägt wird. Untersucht werden Formen, Instrumente und Prozesse politischer Verarbeitung von Migration in demokratischen Gesellschaften – in einzelnen Ländern und im vergleichenden Blick auf Europa. 

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