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Minge präsentiert sein neues Dynamo

Der Sportdirektor gewährt einen tiefen Blick in die Personalplanungen – inklusive einiger Veränderungen.

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© Robert Michael

Von Tino Meyer

Abstieg war gestern, Angriff ist die neue Devise bei Dynamo Dresden. Und passend dazu zitiert der Sportdirektor den kubanischen Revolutionsführer Che Guevara. „Seien wir realistisch, versuchen wir das Unmögliche“, sagt Ralf Minge. Als Kampfansage will er das nicht verstanden wissen. Dazu ist der frühere Angreifer viel zu lange im Fußballgeschäft unterwegs und weiß, dass ihm markige Worte jedweder Art im Misserfolg sofort vorgehalten werden.

Minge nutzt das Zitat vielmehr, um die Herausforderungen zu beschreiben, die auf Dynamo im allgemeinen und ihn ganz speziell nach dem Abstieg in die 3. Liga zukommen. „Planung 2014/15“ – so nüchtern wie treffend heißt die Überschrift seiner Präsentation, die er gestern vorgestellt hat. Die SZ verrät die Inhalte.

Top 1: Trainersuche

Diese Personalie steht ganz oben auf seiner Agenda und am liebsten, meint Minge, würde er den Trainer schon am Wochenende der Öffentlichkeit vorstellen – und nicht erst nächste Woche. „Die Uhr tickt“, sagt der Sportchef, und die Vier-Augen-Gespräche mit einem „sehr engen“ Kandidatenkreis haben begonnen.

Gebraucht wird ein Nachfolger für Olaf Janßen, der im Idealfall wie Olaf Janßen ist, allerdings nicht so heißen darf. Die Profilbeschreibung mit den fünf Schlagwörtern Vision, Kommunikation, Knowhow, Persönlichkeit sowie Führung passt jedenfalls ziemlich genau zum Ex. „Das ist die Überraschung“, findet auch Minge, betont aber, dass der Neue nicht alle Kategorien zwingend bedienen muss: „Er soll so viele Punkte wie möglich erfüllen. In erster Linie müssen wir uns aus vollster Überzeugung für denjenigen entscheiden.“

Namen sind derzeit reine Spekulation, wenn Minge einerseits von einem Trainertalent spricht, „dass junge Spieler weiterentwickeln kann und vielleicht auch noch sich selbst“. Zum anderen würde er natürlich gern einen erst- oder zweitligaerfahrenen Trainer verpflichten, sofern dieser in den finanziellen Rahmen passt. Auf jeden Fall soll der Janßen-Nachfolger eine Mannschaft aufbauen und stabilisieren, „damit wir“, so Minge, „mit dem ersten Spieltag konkurrenzfähig sind“.

Der Cheftrainer darf zwar einen Assistenten mitbringen, muss aber einige personelle Vorgaben akzeptieren. Das Team um das Team bleibt weitgehend unverändert, wie das Dynamo-Organigramm zeigt.

Ersetzen muss Minge aber Christian Canestrini. Den Fitness- und Rehatrainer hat der Verein nach dem Abstieg nicht halten können. „Er macht absolute Toparbeit und wird auf dem Markt hoch gehandelt. In der 3. Liga ist das für uns finanziell nicht darstellbar“, erklärt Minge, der künftig zudem mit einem Sportpsychologen zusammenarbeiten will: „Damit folgen wir nicht einem Trend, das ist unabdingbar. Da haben gerade wir große Reserven, wie die letzte Saison gezeigt hat.“

Top 2: Kadersituation

Reserven gibt es auch personell, oder besser: viele freie Plätze. Stand heute haben allein elf Spieler einen gültigen Drittliga-Vertrag. Aus dem Zweitliga-Kader sollen zudem drei, maximal vier Spieler unbedingt gehalten werden – allen voran Verteidiger Toni Leistner, der beim Klassenerhalt auch geblieben wäre. „3. Liga hat er aber kategorisch ausgeschlossen. Im Zusammenhang mit Trainer und Kader wird er es sich vielleicht noch überlegen“, hofft Minge, der nach SZ-Informationen auch Adam Susac und Sebastian Schuppan ein Vertragsangebot machen wird, Filip Trojan aber nicht.

Beim Trainingsauftakt, der für den 14. oder 16. Juni ankündigt ist, sollen 20 Spieler zum Kader gehören. „Wünschenswert ist, dass danach noch zwei dazukommen, die unseren Etat wenig belasten“, sagt Minge und denkt dabei an die Ausleihe junger Spieler von Erst- oder Zweitligisten.

Top 3: Budgetplanung

Insgesamt stehen zehn Millionen Euro zur Verfügung – und damit zehn Millionen weniger als in der zweiten Liga. Davon sind für den Lizenzspielerbereich 2,8 Millionen Euro vorgesehen – was im Vergleich mit den aktuellen Drittliga-Etats allerdings ein Mittelfeldplatz bedeutet. „Im Regelfall korreliert der Etat mit der sportlichen Leistung“, betont Minge und macht das an Aufsteiger Heidenheim fest, der nach Liga-Krösus RB Leipzig mit 4,48 Millionen das meiste Geld in Spielerbeine investiert hat.

Das Beispiel von Absteiger Saarbrücken zeigt indes, dass viel Geld allein auch keine Erfolgsgarantie ist. Was Minge ins Positive dreht: „Wenn wir Entscheidungen gut abwägen, lässt sich das eine oder andere kompensieren.“ An der Lizenzerteilung zweifelt er sowieso nicht. Zwar muss der Verein bis 22. Mai noch Bürgschaften in Höhe von 480.000 Euro aufbringen, „aber in der Vergangenheit haben wir schon größere Hürden genommen“, sagt Minge. Am 28. Mai rechnet er fest mit dem Lizenzbescheid.

Top 4: Sonstiges

Hohe Kosten verursacht weiter der Nachwuchs. Zwischen Ausgaben und Ertrag gebe es laut Minge eine Disbalance. Statt Klasse wurde zu sehr auf Masse gesetzt, wie 63 Internatsplätze und 17 zusätzlich angemietete Wohnungen vermuten lassen. Es sei schwer darzustellen, dass Dynamo so viele Toptalente habe, meint Minge und kündigt eine generelle Analyse der Saison an.

Dann beendet er seine Präsentation mit einem weisen Satz. „Verstehen kann man das Leben nur rückwärts, leben muss man es vorwärts.“ Gesagt hat das nicht Che Guevara, sondern der dänische Philosoph Sören Kierkegaard. Dass der an Depressionen litt, hat Minge besser verschwiegen.