Bischofswerda: Musiker plant rechtes Dorf

Bischofswerda. Im Landkreis Bautzen sollen offenbar zwei neuen Treffpunkte für die rechte Szene entstehen: ein "patriotisches" Jugendzentrum in Bischofswerda und ein rechtes Wohnprojekt in einem Ort zwischen Pulsnitz und Dresden. Die Rede ist von bis zu 25 Bewohnern. Angekündigt werden beide Vorhaben von Christoph Aljoscha Zloch, der 28-jährige Rapper ist unter dem Künstlernamen Chris Ares bekannt und steht der Identitären Bewegung nahe. Das Bundesamt für Verfassungsschutz ordnet die Gruppe als "gesichert rechtsextrem" ein. Erst vor wenigen Tagen bestätigte das Verwaltungsgericht Berlin diese Position.
Zloch, der in Bayern lebt und seine Musik als "heimatverbunden" beschreibt, wird seit 2016 vom bayerischen Verfassungsschutz beobachtet. Auch die sächsischen Verfassungsschützer haben den Musiker auf dem Schirm. Seit Dezember wisse man von dessen Aktivitäten zur Gründung eines patriotischen Jugendzentrums in Bischofswerda, sagt Verfassungsschutz-Sprecher Martin Döring auf Anfrage von Sächsische.de.
Einzelheiten zu beiden Projekten wurden am Dienstag und Mittwoch im sozialen Netzwerk Telegram veröffentlicht, auf dem dortigen Kanal von Ares. Dabei wird auch recht schnell deutlich, worum es bei dem Vorhaben geht: So sollen in dem geplanten Jugendzentrum Trainingsmöglichkeiten für Kraftsport und Kampfsport angeboten werden. Außerdem solle es "Räumlichkeiten geben, wo die jungen Patrioten sein können. Unter Gleichgesinnten wollen wir Werte vermitteln."
Das "Dorf", welches zeitgleich entstehen soll, bestehe demnach aus vier Häusern. Bereits am 1. September könnten die ersten Bewohner einziehen.
Bei Demonstration in Bautzen
Noch ist nicht klar, ob diese Ankündigung tatsächlich ernst zu nehmen ist, und ob Zloch überhaupt über die Mittel verfügt, ein solches Vorhaben umzusetzen. So veröffentlichte er erst vor wenigen Wochen eine ähnliche Ankündigung bei Telegram, löschte sie anschließend aber wieder. Auf eine entsprechende Anfrage von Sächsische.de antwortete Zloch nicht.
Fakt ist: Zloch war Anfang Mai tatsächlich in der Region, Bilder auf seinem Instagram-Kanal zeigen ihn in der Altstadt von Bautzen. Weiter Fotos und Videos belegen, dass er an diesem Tag an einer Demonstration gegen die Corona-Schutzmaßnahmen teilgenommen hat.
Auffällig: Immer in der Nähe von Zloch der Bautzener AfD-Stadtrat Paul Neumann, der bereits mehrfach bei Aktionen der Identitären Bewegung auftrat. Fotos zeigen ihn zusammen mit anderen Aktiven. Auf einigen Bildern hält er Plakate und Zeichen der Identitären oder trägt ein schwarzes T-Shirt mit dem typischen Lambda-Symbol.
Neumann selbst bestreitet, Mitglied der Gruppe zu sein. Ob er in Kontakt zu Zloch steht und ob er ihn Anfang Mai nach Bautzen eingeladen oder vor Ort begleitet hat, wollte der AfD-Stadtrat auf Anfrage von Sächsische.de nicht sagen.
Offen ist bislang auch, um welches Gebäude in Bischofswerda es geht. Die Stadtverwaltung sei am Mittwochmorgen von verschiedenen Seiten über die Ankündigung informiert worden, sagte Rathaus-Sprecher Sascha Hache. „Wir hatten bisher keine Kenntnis von dem Vorhaben.“ Das geplante „Jugendzentrum“ würde nach Auskunft der Stadtverwaltung eine Nutzungsänderung der betreffenden Immobilie darstellen, für die eine Baugenehmigung erforderlich wäre.
Platz 6 der Download-Charts
Die Einstufung als rechtsextrem begründet der Bayerische Verfassungsschutz mit der Nähe des Künstlers zur Identitären Bewegung. Zloch trete nicht nur bei Veranstaltungen der Gruppierung auf, sondern übernehme in seinen Texten auch deren Ideologie.
Maßgeblich hierfür sind unter anderem Textzeilen wie: "Wir sind Kämpfer, der Sturm zieht auf im ganzen Lande, geh mal lieber weg mit deiner Autotune-Migranten-Bande." Oder: "Eure vollvermummten Punkvisagen werden mittels Panzerwagen durch das ganze Land gejagt, um euch Maden dann anzuklagen".
Die Musik von Zloch ist zwar ähnlich schlicht gestrickt wie seine Texte, dennoch hat er mit diesem Rezept durchaus einen gewissen Erfolg. So erreichte er im Herbst 2019 mit einem Track kurzzeitig Platz 6 der offiziellen Download-Charts in Deutschland.
Rechte Ansiedlungsstrategie
Dass sich der Rapper als Platz für sein Wohnprojekt eine ländliche Gegend im Osten Deutschlands aussucht, überrascht den sächsischen Verfassungsschutz nicht. „Die Rahmenbedingungen für völkische Wohngemeinschaften sind hier einfach günstiger als im Westen“, so Sprecher Döring. Ziel von Wohnprojekten und Gemeinschaftsräumen sei es, die lokale Szene zu festigen. "Durch physische Präsenz und ein starkes Miteinander soll neues extremistisches Personal gewonnen werden, um die eigene Sache voranzubringen.“
Finanziert würden solche Projekte zum Beispiel durch Spenden und Einnahmen aus rechten Konzerten und dem Tonträgerverkauf.
Update: Der Text wurde am 24.06.2020 um 16:30 Uhr aktualisiert.
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