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Weiße Flotte auf dem Trockenen

In der Laubegaster Werft ist kaum noch Platz. Dort werden gerade an den Dampfern auch schlimme Beulen ausgebessert.

Von Christoph Springer
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In der Laubegaster Werft geht es derzeit äußerst betriebsam zu.
In der Laubegaster Werft geht es derzeit äußerst betriebsam zu. © René Meinig

Im Deck von Dresdens kleinstem Dampfer klafft ein großes Loch. Darunter, im Unterdeck, herrscht ein für den Laien heilloses Durcheinander. Doch das Chaos hat System. Das Schiff mit der ältesten Dampfmaschine der Welt, die noch im Einsatz ist, wird technisch auf den neuesten Stand gebracht. Sie steht zur Zeit auf dem Trockenen und ist eines von fünf Schiffen, die in diesem Winter in der Laubegaster Werft repariert werden.

Schwere Motoren sind die größte Herausforderung

Alle Schiffe bekommen neue Hilfsdiesel. Sie treiben Generatoren an, mit denen unter anderem der Strom fürs Licht und die Kombüsen erzeugt wird. Die alten Hilfsdiesel müssen raus, denn sie erfüllen nicht die aktuellen Schadstoffgrenzwerte der Europäischen Union. Bis Anfang 2020 muss das erledigt sein. Derzeit bekommen die Dampfer Dresden, Diesbar, Stadt Wehlen und Meissen die neuen Motoren, außerdem das Salonschiff Gräfin Cosel. Jeder Motor kostet laut Technikchef Gerd-Rüdiger Degutsch rund 20 000 Euro, den Zuschlag hat die Firma Volvo bekommen. Die 1,5 Tonnen schweren Aggregate werden in den Schiffen mit Flaschenzügen Zentimeter für Zentimeter auf ihre Standorte abgesenkt. Der Einbau ist reine Handarbeit, denn alle Kabel und Rohre, die dafür nötig sind, müssen angepasst werden. Vorgefertigte Teile gibt es nicht. Bis auf die Diesbar bekommen alle Schiffe zwei Hilfsdiesel. Auf dem kleinen Dampfer ist nur ein Volvo-Motor nötig. Insgesamt kostet dieses Projekt rund 800 000 Euro.

Auch Hauptmaschinen müssen ersetzt werden

Die Cosel bekommt außerdem zwei neue Antriebsmaschinen. Sie sind etwas kleiner als die alten Motoren, haben aber eine ähnliche Leistung. Das Besondere bei den Salonschiffen ist nicht nur deren Größe, sondern auch der Antrieb. Die Schiffe saugen Wasser an und pressen es mit großer Kraft wieder heraus. So werden sie auf der Elbe nach vorn geschoben. Die zwei Antriebseinheiten sind drehbar, so werden die Schiffe gesteuert.

Das Niedrigwasser der Elbe hat Spuren hinterlassen

Dass die Schiffe auch mal den Boden der Elbe berühren, ist nichts Außergewöhnliches. Das kann besonders dann passieren, wenn die Schiffsführer aus der tieferen Fahrtrinne kommend ins flache Wasser zu einer Anlegestelle steuern. „Sie können an einzelnen Steinen erkennen, wie der Wasserstand ist“, sagt Thomas Kühl, stellvertretener Technikchef der Flotte. Grundberührungen können sie bei Niedrigwasser trotzdem nie ganz ausschließen. Besonders gut zu sehen ist das derzeit an der Gräfin Cosel. Dort ist der dicke Schiffsboden an der rechten Seite zerkratzt und eingedellt, deutliche Schleifspuren künden von den Begegnungen mit Steinen und Kies. Diese Bleche im Schiffsboden müssen ausgewechselt werden, hat ein Sachverständiger entschieden. Das betrifft etwa 40 Quadratmeter des insgesamt rund 825 Quadtratmeter großen Schiffsbodens. Die verbeulten und zerschrammten Blechstücke werden mit einem Schneidbrenner herausgetrennt und dann neue Bleche eingesetzt.

Schönheitsreparaturen gehören zum Winterprogramm

Bei den Dampfern Diesbar und Stadt Wehlen werden die Reelinghölzer ausgetauscht. Das sind die braunen Handläufe, an denen man sich auf Deck festhalten kann und die verhindern, dass Passagiere ins Wasser fallen. Mühsam ist dabei vor allem das Knüpfen der weißen Seile, deren kunstvolles Geflecht den Raum zwischen der Reeling und dem Deck versperrt. Das erledigen die Mitarbeiter der Dampfschifffahrt auch bei klirrendem Frost im Freien. Laien könnten diese Arbeit als Schönheitsreparatur bezeichnen. Doch sie dienen der Sicherheit und dem Erhalt der denkmalgeschützten Schiffe im Originalzustand. Das gilt auch für alle Farbanstriche und das Schleifen des Hauptdecks auf der Dresden.

Der Werftplatz verrät den Fertigstellungstermin

Der Dampfer Dresden schwimmt schon in der Elbe. Dort sind die Winterarbeiten besonders weit fortgeschritten. Am 15. Januar wurde er zu Wasser gelassen, seitdem steht die Gräfin Cosel auf dem Trockenen. Sie muss bis April fertig werden. Danach folgen die Dampfer Diesbar, Stadt Wehlen und Meißen. Besonders viel Zeit ist für die Meißen eingeplant, sie soll bis zum August fertig werden, sagt Thomas Kühl. Deshalb steht sie in der Werft am weitesten von der Elbe entfernt auf dem Trockenen.

Die Reparatur und Pflege der Schiffe ist eine Millionenaufgabe

Allein 800 000 Euro kosten die neuen Hilfsdieselmotoren für alle Schiffe samt dem Einbau. Insgesamt sind es 17 Stück, berichtet Technikchef Gerd-Rüdiger Degutsch. Weitere 200 000 Euro pro Schiff kosten die sonstigen Reparaturarbeiten, rechnet die Dampfschifffahrt. Damit sind schon die üblichen Instandsetzungsarbeiten an den fünf Schiffen, an denen zur Zeit in Laubegast gearbeitet wird, ein Millionenauftrag. Dabei fassen die Schiffsbesatzungen selbst mit an. Vier Mitarbeiter sind in der Werft beschäftigt. Dazu kommen zur Zeit etwa zehn Besatzungsmitglieder, vom Kapitän bis zum Maschinisten. In den Schiffen können sie bei erträglichen Temperaturen arbeiten, sie werden dazu beheizt.

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