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Noch lange nicht der letzte Schliff

Seit 15 Jahren lebt Ingrid von Bergen-Wedemeyer den Traum vom eigenen Brillen-Reich. Zu sehen gibt’s dort noch mehr.

Von Miriam Schönbach
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Ingrid von Bergen-Wedemeyer in ihrem Element. Die Bautzenerin betreibt ihr Optiker-Geschäft seit 15 Jahren.
Ingrid von Bergen-Wedemeyer in ihrem Element. Die Bautzenerin betreibt ihr Optiker-Geschäft seit 15 Jahren. © SZ/Uwe Soeder

Bautzen. Die Zahlenkombinationen in vier Reihen übereinander an der Wand werden immer kleiner. „Lesen Sie bitte die dritte Reihe vor. Ist das Sehen angenehm oder zu scharf“, fragt Ingrid von Bergen-Wedemeyer und schiebt in die Refraktionsbrille ein weiteres Glas. Mit diesem etwas extravaganten Modell aus Metall und einschiebbaren Gläsern bestimmt die Optikermeisterin die Sehschärfe. Seit 55 Jahren arbeitet sie in ihrem Traumberuf. Ihr eigenes Geschäft – „Das gute Sehen“ – eröffnete sie vor 15 Jahren. Doch langsam denkt selbst die Bautzenerin daran, etwas kürzer zu treten. Ingrid von Bergen-Wedemeyer nimmt die Refraktionsbrille wieder ab. Sie sitzt im hinteren Teil ihres Geschäfts auf der Steinstraße zwischen technischen Geräten. „Mein Beruf ist ein Handwerk mit viel Lebenserfahrung und Fingerspitzengefühl“, sagt die 71-Jährige. Dabei war die Wahl ihrer Profession erst Liebe auf den zweiten Blick. Viel lieber hätte die Abiturientin Psychologie studiert, doch sie bekommt keinen Studienplatz. Stattdessen überredet ein Freund sie, beim Optiker Lenz nach einem Ausbildungsplatz zu fragen. Im weißem Kittel und mit der sogenannten Bröckelzange darf der Lehrling in den ersten Wochen vor allem Gläser zerbröckeln. „Wir mussten doch ein Gefühl in die Hand bekommen, einen Bezug zum Glas“, sagt sie. Mit der Bröckelzange wird ein Brillenglas in Form gebracht, für die endgültige Version braucht es einen Handschleifstein.

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