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Ohne Kurswechsel kommen Insolvenzen

Krauschwitz hat ein schmerzliches Sparkonzept beschlossen. Schwerpunkte sind Erlebniswelt und Oberschule.

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© Symbolfoto: Uwe Schulz

Von Sabine Larbig

Krauschwitz. Am Dienstagabend tagte der Gemeinderat in einer Sondersitzung zum Haushaltsstrukturkonzept (Sparplan) für 2019 – 2023. Etwa 40 Bürger waren gekommen, um zu erfahren, wie es finanziell wirklich um Krauschwitz bestellt ist. Was sie durch Dr. Christoph Trumpp von der Kommunalberatung B&P aus Dresden erfuhren – die Kanzlei hatte im Auftrag der Gemeinde ein Gutachten erstellt – sorgte für Entsetzen.

„Das heute ist keine vergnügungssteuerpflichtige Veranstaltung, sondern was Unschönes. Die Gemeinde ist nämlich quasi seit fünf Jahren insolvent. Es braucht also ein Sanierungskonzept“, eröffnete Christoph Trumpp die öffentliche und ungeschönte Vorstellung des Gutachtens inklusive Handlungsschwerpunkten zum Sparen, ohne deren Umsetzung Krauschwitz in vier Jahren ein Minus von rund 3,6 Millionen Euro hat. Dann wäre der Ort gesetzlich insolvent. „Das Sparkonzept ist Chance zum Kurswechsel und kann Strukturen schaffen, die nachhaltig und mittelfristig finanzierbar sind“, so der Experte. „Krauschwitz braucht dafür aber einen leistungsfähigen Partner zur Übernahme und Erfüllung von Verwaltungsaufgaben; einen Trägerwechsel für die Oberschule sowie ein neues Bad-Betreiberkonzept.“

Verwaltung, Gebäude, Bürgerdienste

Laut Trumpp hatte Krauschwitz Ende 2018 noch 3 462 Einwohner. Im Jahr 2030 seien es nur noch 3 112. Dem gegenüber stehe eine Verwaltungsstruktur, die mit weniger Personal effektiver und moderner arbeiten müsste. Eine Neuorganisation der Verwaltung, die Einführung eines Dokumentenmanagements und weniger Personal (nur 8,65 Vollbeschäftigte in der Kernverwaltung statt derzeit 11,35) seien ebenso erforderlich wie die Aufgabenübertragung des Einwohnermeldeamtes an Weißwasser. Letzteres könnte Krauschwitz, trotz Zahlung einer Umlage, rund 30 000 Euro Ausgaben pro Jahr sparen. Sparpotenzial sieht der Gutachter auch bei Liegenschaften und Gebäuden. Durch konsequentes Energiemanagement und die schnelle Umstellung der Straßenbeleuchtung auf LED kämen 60-70 Prozent Stromeinsparung und somit weniger Kosten. Als wichtig sieht Trumpp auch die Zusammenlegung der Feuerwehren Krauschwitz West und Ost mit dem Bauhof an einem Standort an und den Verkauf der freien Immobilien.

Um Kosten zu sparen, müssen Flächen und Pflegeaufwand der vier kommunalen Friedhöfe minimiert werden. „Ich weiß, es wird für Empörung sorgen. Doch durchschnittlich 40 Bestattungen pro Jahr auf allen Friedhöfen und ein Investitionsbedarf von jährlich rund 250 000 Euro für Trauerhallen rechnen sich nicht“, begründete Christoph Trumpp. Für die Haushaltsjahre 2019 und 2020 wurden daher schon keine Gelder mehr für Instandhaltungen in Krauschwitz West und Skerbersdorf eingestellt, was 150 000 Euro spart. Perspektivisch stillgelegt wird der Friedhof Skerbersdorf, indem keine Bestattungen mehr stattfinden.

Prinzipiell rät der Dresdner Experte aus Kostengründen zu mehr interkommunaler Zusammenarbeit und erneuter Prüfung einer freiwilligen Gemeindefusion.

Kinder, Jugend, Schule

Um Einnahmen zu erhöhen, steigen Elternbeiträge für Krippe, Kita und Hort ab 1. Januar 2020. Neun Stunden Krippenbetreuung/Kita kosten dann 220,20/141,30 Euro (bisher 198/125 Euro) und sechs Stunden Hort 85,30 Euro (75 Euro). Da die Bewirtschaftung der Oberschule trotz Einnahmen der Gemeinde jährlich rund 82 000 Euro Zusatzkosten beschert und rund vier Millionen Euro für die notwendige Sanierung fehlen, bleiben als Ausweg nur ein Wechsel der Schulträgerschaft durch Übertragung an den Landkreis oder die Erhebnung einer Schulumlage auf Nachbargemeinden, von denen zwei Drittel der 225 Schüler kommen. „Beides sind Diskussionen, die auf politischer Ebene und mit viel Druck geführt werden müssen“, mahnte Christoph Trumpp, der jedoch keine Alternativen dafür sieht.

Kultur, Tourismus, Erlebniswelt

Bezogen auf die Badbesucher sind, laut Trumpp, deutschlandweit Zuschüsse pro Person von 2 bis 2,50 Euro üblich. „In Krauschwitz sind es 4 Euro.“ Hinzu komme, dass es nach 20 Jahren Bestehen nun einen Investitionsbedarf von 4-6 Millionen Euro gebe. Zudem trage die Gemeinde jährlich 329 000 Euro Netto-Belastung für das Bad und zahle ein 1,6-Millionen-Euro-Darlehen ab. „Krauschwitz ist mit dem Bad überfordert. Der Haushalt erlaubt maximal 100 000 Euro Zuschuss jährlich, weshalb bis 2021 eine Lösung stehen muss. Die kann ein gleich hoher Zuschuss des Landkreises wie für das Trixi-Bad sein oder eine interkommunale Bäder GmbH mit Partnern aus Weißwasser, der Region und dem Kreis. Wer die Erlebniswelt haben will, muss sie mitfinanzieren. Nur ohne Lösung für die Erlebniswelt ist keine Haushaltssanierung möglich“, betonte Trumpp.

Beschluss zur Insolvenzvermeidung

Gemeinderat Dan Striese (AfD) fragte daraufhin, ob auch sofort der Zuschuss gekürzt werden könne. Dazu äußerte Trumpp, dass durch die GmbH-Struktur das Bad in kurzer Zeit insolvent wäre, wofür die Gemeinde als Gesellschafter hafte. „Wenn aber bis 2021 keine Lösung für das Bad da ist, droht auch die Schließung?“, hakte Striese nach. „Drastisch gesagt, ja. Und geht es weiter wie bisher, kann die Gemeinde weder ihren Haushalt konsolidieren noch auf Finanzausgleich hoffen, weil das Bad eine freiwillige Aufgabe ist. Das hieße auch Insolvenz für die Gemeinde“, fasste Christoph Trumpp die Brisanz der Lage zusammen. Gemeinderat Thomas Najork (CDU) appellierte abschließend für den Beschluss des Haushaltsstrukturkonzeptes und forderte während der Haushaltskonsolidierung eine externe Unterstützung der Gemeinde durch Kommunalberater wie B & P. „Wir haben kein Geld, aber große Aufgaben zu stemmen und müssen Verbündete für Schule und Bad suchen, die kein Privatvergnügen sind“, begründete Najork die Forderung.

Letztlich wurde das Konzept mehrheitlich bei zwei Gegenstimmen beschlossen. Ein Sonderamtsblatt wird alle Bürger von Krauschwitz über den Inhalt des Haushaltsstrukturkonzepts informieren, das auch schon in den Haushalt 2019/20 einfließt.