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Oper ist den Zuschauern mehr wert als Operette

Die Staatsoperette beendet die dritte Saison im Kraftwerk Mitte mit guter Auslastung. Eine Umfrage zeigte überraschende Zuschauer-Wünsche.

Von Bernd Klempnow
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Olivia Delauré (l.) war die bezaubernde Lady der Saison. Ihren Vertrag verlängerte die neue Intendantin Kathrin Kondaurow nicht. Sie verlässt das Ensemble.
Olivia Delauré (l.) war die bezaubernde Lady der Saison. Ihren Vertrag verlängerte die neue Intendantin Kathrin Kondaurow nicht. Sie verlässt das Ensemble. © St. Floß

Mit der Seniorenvorstellung des Comedy-Musicals „Ein Hauch von Venus“ ist nun die Spielzeit 2018/19 der Staatsoperette Dresden zu Ende gegangen. Es war die dritte in der neuen Spielstätte Kulturkraftwerk Mitte und die letzte unter der Intendanz von Wolfgang Schaller. Der hatte das Haus 16 Jahre geleitet und vom Dauerprovisorium in Leuben ins Kraftwerk überführt. Dafür war er im Rahmen einer Gala am 7. Juli noch einmal gefeiert und zum Ehrenmitglied des Hauses ernannt worden.

Die Auslastung in dieser Saison lag bei 83 Prozent, informierte das Musiktheater am Dienstag. Die 177 Vorstellungen seit September 2018 hatten 99 165 Zuschauer und damit gut 15 000 mehr als in der Saison zuvor besucht. Das liegt auch daran, dass das Haus 24 Vorstellungen mehr spielen konnte als in der von der Havarie betroffenen Spielzeit zuvor. Die Auslastung war ähnlich gut wie damals.

Vier Neuproduktionen gab es: Erstmals stand mit den beiden Einaktern „Die schöne Galathée“ und „Gianni Schicchi“ ein nicht unumstrittener Doppelabend auf dem Programm der Staatsoperette. Axel Köhler inszenierte beide Werke, die musikalische Leitung lag in den Händen von Chefdirigent Andreas Schüller. Im Januar kehrte mit „My Fair Lady“ eine Legende zurück – in der frischen Inszenierung von Sebastian Ritschel. Das Konzept ging auf. Die „Lady“ gehörte zu den Inszenierungen, für die man äußerst schwer Karten bekam.

Uraufführungen im neuen Haus zählten zu den programmatischen Schwerpunkten der Intendanz Schaller. Und so kam mit „Der Mann mit dem Lachen“ die zweite Uraufführung auf die Bühne im Kraftwerk Mitte. Die literarische Vorlage für das Auftragswerk lieferte Victor Hugo. Zum Abschluss stand mit eben jener „Venus“ ein hierzulande relativ unbekannter Kurt Weill auf dem Spielplan. „Dem Haus war es ein Anliegen, dem großen Komponisten und dessen nach der erzwungenen Emigration in die USA entstandenen Werken, die in den deutsch-sprachigen Spielplänen kaum angemessen Platz finden, Reverenz zu erweisen“, so Wolfgang Schaller.

Die Spitzenreiter des Repertoires waren „My Fair Lady“ mit einer Auslastung von 100 Prozent. Es folgten die „Csárdásfürstin“ mit 99,6 Prozent und „María de Buenos Aires“ mit 96,4 Prozent. Das Konzert mit Götz Alsmann und die Neujahrskonzerte konnten ebenfalls Spitzenauslastungswerte erzielen.

Woher kamen die Besucher? 60,5 Prozent wohnen in Dresden, 22 Prozent kamen aus dem Umland mit einer maximalen Anreisezeit von anderthalb Stunden. 17 Prozent der Zuschauer zog es aus dem übrigen Bundesgebiet ins Kraftwerk – nur 0,5 Prozent aus dem Ausland.

Interessant sind auch weitere Fakten, die die Staatsoperette aus einer aktuellen Besucherumfrage gewinnen konnte, durchgeführt vom Institut für Kommunikationswissenschaften der TU Dresden. Der Durchschnittsbesucher ist 61,6 Jahre alt. 37 Prozent aller Zuschauer haben Hochschulabschluss. Für die Befragten (Besucher und zufällig Ausgewählte) waren drei Kriterien für einen Theaterbesuch wichtig: dass sie unterhalten werden, dass das Theaters gut mit Pkw oder ÖPNV zu erreichen ist und die Eintrittskarten bezahlbar sind. Allerdings gaben die Befragten auch an, sie würden mit 20 bis 39 Euro weniger Geld für eine Operettenvorstellung ausgeben als für eine Musical- oder Opernvorstellung, die 40 bis 59 Euro kosten darf.

Informationen über Kulturangebote allgemein holen sich die Befragten vorrangig aus Zeitungen (53,2 Prozent), von den Internetseiten der Kultureinrichtungen (31,9 Prozent), über Suchmaschinen (31,4 Prozent), Programmhefte und Flyer (28,8 Prozent) und durch Empfehlungen von Freunden und Bekannten (24,8 Prozent). Plakatwerbung und Radio spielen nur eine geringe Rolle.