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Pauline von der Feuerwehr

Für die Schule analysierte die Frankenthalerin Probleme der Retter. Nicht nur deshalb ist sie ein besonderes Mädchen.

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© Steffen Unger

Von Carolin Menz

Frankenthal. Das Papphaus war schuld. Es brannte lichterloh und rief die Feuerwehr mit großem Tatütata auf den Plan. Pauline war sechs Jahre alt und stand im Sprühregen der Löschkanone. Das Wasser spritzte ihr bei der Schauübung der Frankenthaler Kameraden ins Gesicht – und Pauline war hin und weg. „Das war 2007 und seitdem bin ich fasziniert von der Feuerwehr und wollte unbedingt dabei sein“, sagt sie. Jetzt ist sie 16 und seit Dezember im aktiven Dienst bei der Frankenthaler Feuerwehr. Sie ist ein Teenager, deren Freizeit darin besteht, für andere da zu sein und eine, die die Probleme der Feuerwehr kritisch hinterfragt. Pauline ist ein besonderes Mädchen.

Als sie da so stand im Nieselregen, durfte sie noch nicht zur Feuerwehr. Pauline musste warten, bis sie acht Jahre alt war. 2009 durfte sie und profitierte von einer Neuregelung, die es Kindern auch unter zehn Jahren erlaubte, zur Jugendwehr zu kommen. Seitdem lernte sie das Einmaleins der Feuerwehrarbeit. Seit Dezember ist sie nun Feuerwehranwärterin, gemeinsam mit drei weiteren Mädchen in ihrem Alter. „Bei Thorsten Schlenkrich von der Großharthauer Feuerwehr absolvieren wir nun unsere Ausbildung zum Druckmann 1“, erzählt Pauline. Richtig stolz sieht sie dabei aus. Alle 14 Tage am Sonnabend drückt sie die Schulbank, am 13. Mai ist Prüfung. „Wenn ich die geschafft habe, darf ich zu Einsätzen fahren. Und kriege einen Piper.“ Es dürfte schon etwas besonderes sein, wenn er dann neben ihr liegt, wenn sie Hausaufgaben macht daheim in ihrem Kinderzimmer. „In die Schule nach Gaußig werde ich ihn aber nicht mitnehmen, von dort wäre ich nicht rechtzeitig da, wenn es brennt. Außerdem dürfte ich sowieso nicht weg“, sagt Pauline.

Asthma als Handicap

Inwieweit sie später Einsätze bestreiten darf, steht noch in den Sternen. Denn fraglich ist, ob Pauline jemals eine Atemschutzmaske wird tragen dürfen. Sie ist seit ihrer Kindheit Asthmatikerin, leidet unter Heuschnupfen und anderen Allergien. „Doch ich fühle mich gesund, mich hindert das nicht, mich einzusetzen“, sagt sie.

Pauline ist nicht nur bei der Feuerwehr. Pauline leitete eine Kindersportgruppe in Frankenthal. Pauline spielt in der Damenmannschaft des Sportvereins Fußball. Pauline ist weiterhin Betreuerin der 16 Kinder in der Jugendwehr und organisiert die jährlichen Zeltlager mit. An manchen Nachmittagen nach der Schule reihen sich die Termine und kommt sie kaum zum Luftholen. Und an den Wochenenden stehen Auswärtsspiele und Feuerwehrausbildung an.

Viele sind stolz auf Pauline. Der Wehrleiter Kay Winkler, die Kameraden von der Feuerwehr und natürlich ihre Eltern. Sie akzeptieren, dass ihre Pauline viel unterwegs ist – so die Gesundheit und die Schule nicht drunter leiden, wie sie erzählt. Tun sie aber nicht. Pauline ist eine sehr gute Schülern. Sie besucht die zehnte Klasse der evangelischen Mittelschule in Gaußig. In den letzten Monaten schrieb Pauline Thonig wie ihre Mitschüler auch eine umfassende Facharbeit zu einem Thema ihrer Wahl. Die Note dafür wird gesondert auf dem Zeugnis stehen. „Ich habe mich natürlich mit der Freiwilligen Feuerwehr beschäftigt.“ Sie hat auf 40 Seiten aufgeschrieben, warum die Feuerwehren so wichtig im Notfallsystem sind, hat die Probleme analysiert und Lösungsvorschläge aufgezeigt. Pauline thematisiert den Mitgliedermangel und die fehlende Einsatzbereitschaft, die Schwierigkeiten bei der Vereinbarung von Ehrenamt mit Job und Familie und beschreibt den Ausbildungsweg der Feuerwehrleute. Ihre Arbeit gibt Aufschluss über Kosten von Lehrgängen und Ausrüstung und zeigt Grafiken und Tabellen. Wochenlang recherchierte sie in Büchern und im Internet, interviewte ihren Wehrleiter Kay Winkler oder Bürgermeisterin Kerstin Otto.

Lehrerin begeistert

Die Lehrerin war begeistert von Paulines Arbeit, wie auch die Kameraden, erzählt Pauline. Viele Exemplare verteilte sie. Auf der Homepage der Feuerwehr schrieb Pauline einen Artikel, der auch andere animieren soll zum Mitmachen. „Als ich die Arbeit fertig hatte, war ich so richtig stolz auf meine Feuerwehr. Denn es gibt so viele Probleme in anderen Wehren, die wir so nicht kennen. Wir werden von der Gemeinde sehr gut unterstützt und verstehen uns alle.“ Mit 30 Aktiven sei man in Frankenthal gut aufgestellt und könne stolz sein auf die Spezialisten der ABC-Gruppe, sagt Pauline. 21 Einsätze absolvierte die Wehr 2016 insgesamt.

Pauline wird später dabei sein, wenn sie mit ihrer Ausbildung fertig ist. Nach der 10. Klasse wechselt sie aufs evangelische Gymnasium. Und nach dem Abi? Vielleicht eine Arbeit beim Zoll, bei der Polizei oder als Zivile bei der Bundeswehr. Ehrenamtlich vielleicht Wehrleiterin in Frankenthal. Es wird gemunkelt, dass Pauline einmal die Nachfolge von Kay Winkler antritt. Zuzutrauen wär‘s ihr.