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Pediküre fürs Pferd

Max Mögel aus Seeligstadt ist als Huftherapeut sachsenweit unterwegs. Er kümmert sich auch um aussichtslose Fälle.

Von Manuela Paul
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Max Mögel sorgt mit seiner Behandlung dafür, dass Pferde auf gesunde Hufen gehen und stehen können. Daher ist es wichtig, sie gut zu pflegen. Der Seeligstädter Therapeut bringt dafür die nötige Ruhe und das richtige Händchen für die Tiere mit.
Max Mögel sorgt mit seiner Behandlung dafür, dass Pferde auf gesunde Hufen gehen und stehen können. Daher ist es wichtig, sie gut zu pflegen. Der Seeligstädter Therapeut bringt dafür die nötige Ruhe und das richtige Händchen für die Tiere mit. © Steffen Unger

Seeligstadt. Ganz brav steht Sinclaire da. Das Turnierpferd schüttelt nur kurz die schwarze Mähne und lässt Max Mögel gewähren. Der Seeligstädter hat seine lange Lederschürze umgelegt, kratzt Schmutz aus dem Huf und schneidet ihn aus. Der dunkelbraune Wallach, der mit vollständigem Namen Sinclair’s Salix heißt, hält still. Auch, als unter der Raspel die Hornspäne nur so fliegen. Max Mögel ist ausgebildeter Huftherapeut und sachsenweit unterwegs. Sein Job: Pediküre fürs Pferd. Was beim Menschen oft mit Knipser und Nagelfeile erledigt wird, passiert bei den Vierbeinern mit weitaus größeren Werkzeugen. Letztlich hat es aber denselben Effekt. Der Verbeiner soll nach der Behandlung besser und auf gesünderen Hufen unterwegs sein.

Bei Sinclair dauert das nun schon eine ganze Weile, erzählt Besitzerin Nora Kristina Hamann. Die 36-jährige Bayerin ist Dressurreiterin, Paralympic-Teilnehmerin und gehört zum bayrischen Landeskader. Ihr Sinclaire war „ganz schlecht beinand“, als er seinerzeit zu ihr kam. Weil er schon mit zwei Jahren beschlagen wurde, bekam er erhebliche Probleme. Eine Hufkrankheit machte dem Wallach schwer zu schaffen.

Durch Zufall kam Nora Kristina Hamann mit dem Eli-Therapiezentrum Seeligstadt in Kontakt. Dabei erfuhr sie, dass sich Max Mögel in erster Linie um ungesunde Hufe kümmert. Der Huftherapeut hat sich auf Dysbalancen, Erkrankungen des Bewegungsapparates und vor allem der Hufe spezialisiert. „Da bring ich mein Pferd gleich mit, hab ich gesagt“, erinnert sich die Handicap-Reiterin. Das war vor acht Wochen. Inzwischen ist Sinclaire seine Eisen los und macht enorme Fortschritte.

Drei Mitarbeiter

Der Vorteil des Barhuflaufens liege eindeutig in der Natürlichkeit und der uneingeschränkten Funktionsfähigkeit des Hufes, weiß der Experte. Ein Huf weite sich bei jedem Auftreten und pumpe durch diese Bewegung Blut und Lymphflüssigkeit das Bein hoch. Diese „Hufpumpe“ sorgt für optimale Versorgung von Sehnen und Gelenken. Durch Hufeisen wird dieser Mechanismus eingeschränkt. Was aber im Umkehrschluss nicht heißt, dass Eisen unsinnig wären. Mitunter sei ein Beschlag notwendig. „Hufkrankheiten kommen leider nicht so selten vor“, weiß Max Mögel. Hufrehe zum Beispiel sogar sehr oft. Eine äußerst schmerzvolle Krankheit. Doch leider würden meist nur die Symptome behandelt und den Ursachen nicht auf den Grund gegangen. Doch nur Letzteres bringe dauerhaften Erfolg. Deshalb schaut man im Eli-Therapiezentrum genauer hin. Zum Dreiergestirn an der Spitze der Einrichtung gehören neben Huftherapeut Max Mögel, die Reit- und Traumatherapeutin Ina Haue und die Pferdeosteopatin Sandra Kaufer.

Begonnen habe alles mit Pferden, für die es eigentlich nur noch den letzten Weg gab, erzählt Ina Haue. Doch das wollte den Seeligstädtern nicht einleuchten. Mit ihrem Drang, Dingen auf den Grund gehen zu wollen und ihrer Weigerung, Krankheitszustände als gegeben zu akzeptieren, trauten sie sich auf neue Wege. Und haben Erfolg. Der beste Beweis sind die 15 Therapiepferde, mit denen die Seeligstädter arbeiten. Alle kamen mit schlimmen und schlimmsten Befunden auf ihren Hof. „Wir wollten herausfinden, ob mehr möglich ist, als ihnen ihr Gnadenbrot zu geben.“ Mit ausgefeiltem therapeutischen Konzept fanden alle Pferde zurück in ein neues Leben. „Heilungsversprechen geben wir natürlich nicht.“ Dennoch habe man die Erfahrung gemacht, dass oft sogar aussichtslose Fälle, therapierbar sind. Allerdings sollten Pferdebesitzer nicht warten, bis nichts mehr geht. Sondern sich trauen, rechtzeitig Hilfe in Anspruch zu nehmen.

Stationäre Behandlung möglich

Zwölf Wochen dauere die Behandlung im Durchschnitt. Schwere Fälle von Hufkrankheiten können meist nicht ambulant behandelt werden. Deshalb steht den Tieren in Seeligstadt auch ein eigener stationärer Bereich zur Verfügung. Das gebe es – außer in Tierkliniken – sonst in Ostsachsen so nicht noch einmal. Die vierbeinigen Patienten werden dabei nicht in Boxen untergebracht, sondern im Offenstall. Dort könne man hufkranke Tiere im Bedarfsfall auch ins Hänge-Geschirr verfrachten. Das bringe eine Gewichtsentlastung von 30 bis 40 Prozent. Außerdem bekämen sie ein förderndes Bewegungskonzept verordnet. Denn auch bei Pferden gelte die alte Volksweisheit. Wer rastet, der rostet,

Die Erfolge des Therapiezentrums haben sich längst rumgesprochen. Kein Wunder also, dass das Team sich in den letzten zweieinhalb Jahren auch um ein Pferd vom Landesgestüt Redefin kümmern durfte. „Wir freuen uns natürlich sehr, dass man so großes Vertrauen zu uns hat“, sagt Ina Haue. Der wertvolle Vierbeiner kam mit schwerer Lahmheit zu ihnen. Inzwischen ist er kuriert und wird wieder Turniere reiten. Jetzt allerdings für die Seeligstädter. Denn das Gestüt hat ihnen das Tier günstig überlassen. Eine passende Reiterin ist inzwischen gefunden, so Ina Haue. Nora Kristina Hamann wird auf Sir Galanto II sitzen.

Lange habe man nach einem passenden Reiter gesucht, erzählen die Seeligstädter. Bis ihnen schließlich jemand riet, doch mal Nora Kristina Hamann anzurufen. Seit Kindesbeinen sitzt die Bayerin auf Pferderücken. Anfangs als Voltegiererin, später als Reiterin. Selbst als 2007 ihr Kniegelenk bei einem Unfall zertrümmert wurde, gab sie das Reiten nicht auf, ist nun im Behindertensport erfolgreich. Sie tritt auch gegen Reiter ohne Handicap an. „Da darf ich kompensatorische Hilfsmittel verwenden“, sagt sie. Also Dinge, die Beeinträchtigungen ausgleichen. Bei ihr wisse man Sir Galanto II in guten Händen, so Ina Haue. „Auf dieses Pferd lassen wir nicht jeden.“ Die 36-Jährige kann ermessen, was es bedeutet, mit viel Mühe und unter großen Strapazen wieder gesund zu werden.