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Rätsel um Zittauer Tunnel schnell gelöst

Beim Abriss der Herwigsdorfer Straße 6a ist ein Tunnel entdeckt worden. Viele SZ-Leser und -Facebook-Freunde haben sich gemeldet und das Geheimnis gelüftet.

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Ein Blick auf den geheimnisvollen Tunnel.
Ein Blick auf den geheimnisvollen Tunnel. ©  privat

Der geheimnisvolle Tunnel an der Herwigsdorfer Straße in Zittau weckt bei Wolfgang Fröde Erinnerungen an die eigene Kindheit. Auf dem Gelände der Herwigsdorfer Straße 6a habe er in den Jahren von 1951 bis etwa 1957 gespielt und kann sich noch an vieles erinnern.

Der besagte Tunnel war früher der Verbindungstunnel zwischen der ehemaligen Dampfziegelei und Holzhandlung Oswald Fritsche und dem Güterbahnhof. Er diente dazu, die Produkte aus der Ziegelei auf dem Bahnhof zu verladen. Anfangs der 1950er Jahre ist aber die Bahnhofsseite zugemacht worden, weil dort ein Einfamilienhaus errichtet wurde, erinnert sich Wolfgang Fröde.

Auf der Seite des Wohnhauses Herwigsdorfer Straße 6a, das jetzt vom Eigentümer, der Wohnbaugesellschaft Zittau (Wobau), abgerissen wurde, ist der Tunnel aber offen gehalten worden und es befanden sich dort einzelne Schuppen der Hausbewohner darin. "Man konnte also direkt unter die Straße gehen. Ich schätze er ging so gut acht Meter hinein", schreibt Fröde an die SZ.

Die alte Ziegelei an der Herwigsdorfer Straße diente später als Lagerraum und es befanden sich, so berichtet Fröde weiter, eine Unmenge Kartons darin und daneben zwischen dem Gebäude 6c und dem Eingang zur 6a war ein großes Holzstiegenlager - Gemüsekisten und Obststiegen, in den die Kinder Gänge bauten und Buden hatten. Hinter dem Haus 6a sind noch Schuppen und zwischen diesen und der heutigen Lagerhalle des Großhandels befand sich ein Volleyball- oder Federballplatz mit Netz und rotem Steinmehlboden, so wie Sportplätze früher eben waren. 

Dort wo die Lagerhalle steht, war ein großer Fußballplatz, der meist auch vom Textilkombinat Zittau (TKZ) benutzt, dessen Werk 6 sich an der Herwigsdorfer Straße befand. Dahinter bis zum Fabrikgelände lagerte das TKZ die Asche aus dem Heizhaus. "Über diese abgekippten Aschehügel sind wir mit dem Fahrrad gefahren ... ganz toll!", blickt Wolfgang Fröde zurück. Er findet, dass es eine interessante Ecke gewesen ist.

In alten Lageplänen vom Bahnhof verzeichnet

In alten Lageplänen vom Bahnhof Zittau von 1916 ist neben dem Anschluss des ehemaligen Kohlehandels ein weiterer Anschluss eingetragen, der unterhalb des „Grünen Hanges“ in Richtung Herwigsdorfer Straße weist mit der Bezeichnung „vom Fritzschen Sägewerk“, schreibt Ullrich Sauer, Oberster Betriebsleiter der Sächsisch-Oberlausitzer Eisenbahngesellschaft (Soeg). 

Ähnlich äußert sich auch Matthias Altmann: "In einem Gleisplan vom Zittauer Hauptbahnhof wird das unmittelbar am Hangfuß der heutigen Straße "Am grünen Hang" in einer engen Kurve zur Herwigsdorfer Straße verlaufende vermutliche Anschlussgleis zur ehemaligen Ziegelei Fritsche als 'Fritsches Zweiggleis' bezeichnet."

Auch Arndt Bretschneider, der viele Jahre für die SZ Artikel verfasste, hat vor fünf Jahren die Spur des Bahntunnels aufgenommen und darüber berichtet. Nach seinen Recherchen musste die Ziegelei im Jahr 1930 Konkurs anmelden. Auf der Fläche wurde später die Kleingartensparte Hasenberg mit über 80 Parzellen errichtet. Nachzulesen sind seine Ausführungen in dem SZ-Buch "Zittauer Besonderheiten".

Auch als Gleis für Robur-Neubau gedacht

Das Tunnelbauwerk war auch als Zu- und Abfuhrgleis eines geplanten Neubaus der Zittauer Robur-Werke vorgesehen, wie Hartmut Vollmer aus Hirschfelde weiß. Die Pläne für einen Neu- beziehungsweise Ergänzungsbau der Robur-Werke Zittau kamen aber nicht über das Planungsstadium hinaus, da auf oder unter der dafür vorgesehenen Fläche Braunkohle vermutet wurde. Hartmut Vollmer hat einige der Planungsunterlagen in seinem Privatbesitz.

"Übrigens war dann später noch ein weiteres Projekt einer Robur-Neuansiedlung auf Niederoderwitzer Flur, zwischen Mittelherwigsdorf und Niederoderwitz, ungefähr am Standort der jetzigen Kläranlage, in Entwicklung", berichtet Vollmer. Dieses Projekt fiel aber der "sozialistischen Planwirtschaft" zum Opfer und wurde nicht weiter verfolgt. Stattdessen hielt man an der dezentralen Fertigung an mehreren Standorten mit den bekannten Auswirkungen weiterhin fest.

In alten Lageplänen vom Bahnhof ...
In alten Lageplänen vom Bahnhof ... © Repro: privat
... ist das Anschlussgleis verzeichnet.
... ist das Anschlussgleis verzeichnet. © Repro: privat

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