Ratskeller braucht neuen Pächter

Aufhören will Claudia Hieke eigentlich nicht. Aber sie macht es, der Familie zuliebe. 2010 hat sie den Ratskeller übernommen, nach zehn Jahren im Dienste ihrer Gäste ist Ende Dezember Schluss. Unwiderruflich. „Ich habe mir das wirklich nicht leicht gemacht. Aber meine Kinder sind jetzt sieben und elf Jahre alt. Sie brauchen mich, das sehe ich natürlich ein.“ Die Zeit, die sie als Betreiberin in die Gaststätte investieren müsse, sei schlicht zu viel. „Beides mit voller Kraft anzugehen, ist nicht möglich.“
Dabei singt die gebürtige Königshainerin, die nach einem mehrjährigen Intermezzo in Stuttgart in die Heimat ihres Mannes zurückgekehrt ist, ein Loblied auf den Rothenburger Ratskeller und seine Gäste. „Ohne diese Gaststätte würde ich niemals so viele Leute kennen wie jetzt. Abends haben wir manchmal zusammengesessen, gequatscht und viel gelacht. Ich mag dieses Leben. Die Offenheit. Die Begeisterung, mit der die Menschen über diese Stadt und die Region sprechen.“ Wobei dies oft auch Radtouristen waren, die auf ihrer Tour von Görlitz nach Bad Muskau entlang der Neiße einen Stopp in Rothenburg einlegten und dem Ratskeller einen Besuch abstatteten. „Wenn du diesen Leuten zuhörst, bekommst du erst mit, in welcher tollen Gegend wir hier leben“, schwärmt die 40-Jährige. „Viel Natur, nicht so überlaufen, ein super Ausgangspunkt für Urlauber.“ Trotzdem will sie zum Jahresende raus aus der ersten Reihe. „Wenn es dann einen Nachfolger gibt, der mich als Angestellte nimmt, würde ich hierbleiben. Ansonsten findet sich bestimmt jemand Neues.“
Der Rothenburger Ratskeller ist schon immer in städtischem Besitz. Eigentlich logisch, wo er doch Teil des Rathauses in der Mitte des Marktes der Neißestadt ist. „Ich habe mir anfangs gar nicht so viele Gedanken gemacht, wollte einfach loslegen, nachdem klar war, dass ich hier Wirtin werde“, erinnert sich Claudia Hieke. Schnell merkte sie, dass es mit dem Aufschließen der Tür nicht getan war und die Arbeit viel mehr umfasste, als ursprünglich gedacht. „Behördengänge, Papierkram erledigen, neue Speisekarte überlegen – in einer Gaststätte hast du immer was zu tun.“ Von Beginn an kam die junge Frau mit ihren Gästen gut zurecht und hatte es fortan mit zwei Extremen zu tun: „Der Sommer war super gut, der Winter super schlecht. Radtouristen fahren nun mal nur in der warmen Jahreszeit. Und die Rothenburger Einwohner fangen das nur bedingt auf.“
Unangefochtener Hit in all den Jahren waren und sind Milchshakes, vor allem bei den Kindern. „Ohne die Shakes würde es gar nicht gehen“, lacht Claudia Hieke. Aber auch das Softeis sei ein echter Renner. Zudem Imbisssachen wie zum Beispiel Cheeseburger. „Den bekommen die Leute auch bei uns und brauchen dafür nicht zu McDonalds zu fahren.“ An klassischen Gerichten seien besonders Bauernfrühstück und Bratkartoffeln mit Ei oder Sülze beliebt. „Das ist nicht zu viel und liegt nicht zu schwer im Magen. Damit kann man die 40 Kilometer bis Bad Muskau in Angriff nehmen.“
Eigentlich würde der Pachtvertrag zwischen Claudia Hieke und der Stadt noch bis zum Februar 2020 laufen. Weil aber im Winter Saure-Gurken-Zeit ist, beenden beide Seiten ihr Arrangement schon Ende Dezember. „In den vergangenen Jahren hat es immer wieder Anfragen gegeben, aber das war ja nie aktuell. Deshalb hoffen wir, dass sich auch jetzt Bewerber melden werden“, blickt die zuständige Fachbereichsleiterin Corina Behnert optimistisch voraus. Allerdings scheint das Interesse doch nicht ganz so groß zu sein, momentan haben erst zwei Gastronomen nachgefragt. Deshalb hat die Stadt die Bewerbungsfrist bis zum 26. April verlängert. „Das Objekt befindet sich in bester Lage und hat im Umfeld viele kostenlose Parkplätze“, zählt die Verwaltungsmitarbeiterin zwei entscheidende Vorteile auf.
Die Stadträte wünschen sich vom künftigen Betreiber regionale Küche und an den Wochentagen ein preisgünstiges Tagesgericht. „Ich würde mich über eine moderne, vitalstoffreiche und saisonale Küche freuen“, sagt Bürgermeisterin Heike Böhm. „Mit Fleisch, mit Fisch und vegetarisch.“
Bewerbungen nimmt die Stadt Rothenburg bis zum 26. April im Rathaus, Marktplatz 1, oder per E-Mail [email protected] entgegen.
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