Razzia bei Partykönig Christian von Canal

Kurz nach sieben Uhr morgens fährt das weinrote Auto an der Ecke Alaunstraße/Louisenstraße vor. Fast eine Stunde müssen die vier Zollbeamten auf dem Bürgersteig warten, bis ein Mitarbeiter die Räume der Gaststätte Burgerheart betritt. Dann gehen sie mit hinein. Sie suchen Geschäftsunterlagen der vergangenen Jahre.
Denn 2017 hatte der Dresdner Partykönig Christian von Canal das Restaurant für einige Monate als Franchise-Nehmer betrieben. Gegen ihn ermitteln das Hauptzollamt und die Staatsanwaltschaft jetzt wegen Schwarzarbeit. Von Canal soll umfangreich Sozialabgaben für seine Mitarbeiter nicht gezahlt haben. Es geht um einen Schaden von mindestens 470.000Euro.
Deshalb sind eine Staatsanwältin und 50 Zollbeamte an diesem Tag im Einsatz, um die Geschäftsräume sämtlicher Firmenzweige sowie seine Wohnräume in Langebrück zu durchsuchen. Neben Geschäftsunterlagen stellen sie auch Handys und Computer sicher. „Im Bereich der Gastronomie sind Fälle dieser Größenordnung eher ungewöhnlich. Vergleichbare Größenordnungen gibt es sonst eigentlich nur im Bereich Bau“, sagt der Sprecher der Staatsanwaltschaft Jürgen Schmidt.
Christian von Canal gilt als der Partykönig Dresdens. Seit Jahrzehnten betreibt der 51-Jährige zahlreiche Clubs. Den erfolgreichen Purobeach mit benachbartem Pier 15 musste er wegen des Hafencity-Baus aufgeben. Noch in Betrieb sind das Kraftwerk Mitte, Hellmuts und Rosis in der Neustadt sowie das Arteum am Waldschlösschen.
Wiederholt hat der Unternehmer in den vergangenen Jahren beklagt, dass das Clubgeschäft immer schwieriger wird, weil die Gäste nicht mehr bereit seien, Geld für Eintritt und Getränke zu zahlen. Und auch, dass gesetzliche Neuerungen das Geschäft erschweren, weil Mitarbeiter nicht mehr selbstständig tätig sein dürften, sondern fest angestellt werden müssten.

Genau diesen Punkt bringt der Unternehmer am Dienstagnachmittag an, als die Sächsische Zeitung ihn mit den Vorwürfen konfrontiert. Anlass für die Razzia ist in seinen Augen eine Rentenversicherungsprüfung für die Jahre 2012 bis 2016. Diese habe ergeben, dass er die immer härter werdenden Vorschriften nicht eingehalten habe und deshalb zwischen 50 und 70 seiner Mitarbeiter als scheinselbstständig galten.
Die Kasse habe jedoch erklärt, dass ihm kein Vorsatz vorgeworfen wird. Einen schriftlichen Nachweis dafür kann von Canal auf Nachfrage allerdings nicht vorlegen. Mit dem Prüfungsergebnis 2017 habe er sein System sofort umgestellt und beschäftige seitdem alle rund 100 Mitarbeiter auf 450-Euro-Basis, als Mittel- oder Vollzeitbeschäftigte.
Dass die Staatsanwaltschaft sein Handeln als Schwarzarbeit bezeichnet, findet er eine „bodenlose Frechheit“. Die Prüfungen des Zolls sollen ihm zufolge aber keine Auswirkungen auf die Clubs haben. Sie würden weiter regulär öffnen. „Ich muss mich mit allen Rechtsmitteln wehren. Weglaufen werde ich mit Sicherheit nicht“, sagt von Canal.

Festgenommen wurde er am Dienstag nicht, weil laut Staatsanwaltschaft weder eine Flucht- noch eine Verdunklungsgefahr besteht. Klar ist aber auch: Die Justiz ermittelt beim Vorwurf Schwarzarbeit nur, wenn von einer vorsätzlichen Tat auszugehen ist. Dass von Canal aus Versehen so gehandelt haben soll, deckt sich damit nicht.
Das Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt, wie der Vorwurf im Strafgesetzbuch heißt, wird mit bis zu fünf Jahren Haft oder mit einer Geldstrafe bestraft – für jeden einzelnen Fall. Die Staatsanwaltschaft sagt, dass es sich um eine „Vielzahl von Fällen“ handelt. Weil so viele Unterlagen zu sichten sind, gelten diese Verfahren häufig als sehr zeitintensiv.
Finanzielle Folgen hat von Canals Handeln allemal. Die Rentenversicherung habe nach der Prüfung eben jene 470.000 Euro von ihm zurückgefordert, wegen denen der Zoll jetzt ermittelt, sagt er. Weil seine zuständige Firma E+E Event und Entertainment GmbH & Co. KG das nicht zahlen konnte, musste er für sie Insolvenz anmelden. Das Verfahren wurde Ende April am Amtsgericht eröffnet. Laut der als Insolvenzverwalter zuständigen Anwaltskanzlei haben sich bisher 68 Gläubiger gemeldet.
Wenig erfolgreich war von Canal auch mit seinem Abstecher in den Gastrobereich. Nach rund zwei Jahren musste er sein Enchilada in der Wilsdruffer Straße wieder abgeben. Der Jahresabschluss hatte für 2016 ein Minus von rund 200.000 Euro ergeben, für 2017 von rund 100.000 Euro.