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Rechte Szene trifft sich in Mücka

Die Inhaberin stellt den Rechtsextremen regelmäßig eine alte Ausbildungsstätte zur Verfügung. Keine Seltenheit im Landkreis Görlitz.

Von Steffen Gerhardt
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In Mücka ist die rechte Szene zuhause. Erst in der Diskothek im Ort. Seit 2017 in der einstigen Ausbildungsstätte und heute Privatbesitz zwischen Mücka und Förstgen. Hier finden regelmäßige Veranstaltungen und Treffen statt.
In Mücka ist die rechte Szene zuhause. Erst in der Diskothek im Ort. Seit 2017 in der einstigen Ausbildungsstätte und heute Privatbesitz zwischen Mücka und Förstgen. Hier finden regelmäßige Veranstaltungen und Treffen statt. © André Schulze

Mücka wird seinen braunen Sumpf nicht los. Traf sich die rechte Szene bis hin zur Partei NPD über Jahre regelmäßig in der Diskothek des Ortes und feierte sich dort bei Konzerten, Festivals, Pressefesten und anderen Veranstaltungen, so haben sich diese Aktivitäten inzwischen räumlich verlagert. Sie sind aber nach der Schließung der Diskothek in Mücka geblieben. Neuer Treff ist die frühere Ausbildungsstätte zwischen Mücka und Förstgen. Den Einheimischen noch unter KfL beziehungsweise Modus bekannt.

Nach SZ-Recherchen ist die Immobilie jetzt im Besitz einer Frau aus den alten Bundesländern, die hier offiziell einen Stellplatz und Service für Caravans und Wohnhänger anbietet. Ein Gespräch über die Nutzung ihres Eigentums lehnte sie gegenüber SZ aber ab. Dem Staatsministerium des Inneren ist aber bekannt, dass in einer Lagerhalle in dem Grundstück regelmäßige Veranstaltungen mit rechtsextremistischen Hintergrund stattfinden.

Die Eröffnung fand am 7. Oktober 2017 mit dem Auftritt von vier rechtsextremen Bands, größtenteils aus Brandenburg, und im Beisein von rund 120 Personen statt. Das geht aus einer Kleinen Anfrage des Landtagsabgeordneten Valentin Lippmann (Bündnis 90/Die Grünen) im Juni 2018 hervor. Seitdem finden in dem Objekt regelmäßig neonazistische Veranstaltungen statt. Veranstalter ist die Gruppierung „Brigade 8“. Laut Sächsischem Verfassungsschutz „eine rockerähnliche Gruppierung mit subkulturell geprägten rechtsextremistischen Personenzusammenschlüssen“.

Die „Brigade 8“ gliedert sich bundesweit in sogenannte Chapter, also örtliche Gruppierungen, auf. Eine davon hat sich in Weißwasser etabliert. Sie nutzte seit 2015 nacheinander zwei Privatgebäude in Weißwasser-Süd für ihre Treffs, Konzerte und Veranstaltungen. Aus dem Rathaus der Stadt heißt es, dass der Verwaltung die Hände gebunden sind, weil es sich um privaten Grund handelt. Zwar hat die Stadt im Juni 2017 das seit zwei Jahren als Klubhaus genutzte Gebäude dem Eigentümer aus Baden Württemberg abgekauft und abreißen lassen. Aber genau gegenüber fand die „Brigade 8“ ihr neues Domizil. In einem Haus, das einem Tschetschenen gehört.

Nach Informationen des Abgeordneten Lippmann soll sich vor zwei Jahren ein „Kollektiv Oberlausitz“ von der Brigade abgespalten haben und das Domizil in Weißwasser weiter nutzen. Die in der Brigade verbliebenen Mitglieder sollen im Oktober 2017 nach Mücka gewechselt sein und seitdem dort ihren Treffpunkt haben.

Von der Gemeinde Mücka gab es dafür keine Bestätigung. Bürgermeister Uwe Blättner wollte sich dazu gegenüber der Presse nicht äußern. Er räumte aber ein, dass die Thematik im Gemeinderat besprochen wurde – in geschlossener Sitzung. Von einem ungenannt sein wollenden Einwohner erfuhr die SZ, dass dieser froh sei, dass „die Leute sich jetzt dort draußen treffen“. Aber nicht wegen des rechtsextremen Hintergrunds ist er froh, sondern wegen der Lärmbelästigung, die von der Diskothek immer ausging.

Fast monatlich finden in der ehemaligen Ausbildungsstätte neonazistisch geprägte Veranstaltungen statt, die laut sächsischem Innenministerium in den Jahren 2017 und 2018 von jeweils 25 bis 150 Teilnehmern besucht wurden. Das Ministerium geht davon aus, dass das Objekt auch künftig weiter für solche Veranstaltungen genutzt und besucht wird.

Damit gehört Mücka zu den fünf Orten im Landkreis Görlitz, die von Neonazis regelmäßig für ihre Treffen in Anspruch genommen werden. Zu dem bereits erwähnten Gebäude in Weißwasser kommt noch das „Niederschlesische Feriendorf“ am Stausee Quitzdorf . Es dient seit zehn Jahren der rechten Szene als Urlaubs- und Veranstaltungsdomizil. Kein Wunder, dessen Betreiber soll in der neonazistischen Szene fest verwurzelt sein. Die letzte große Aktivität in dem Feriendorf war das 1. Ostsächsische Sport- und Familienfest im September 2016. 

Das zweite Sportfest wurde 2017 in Ostritz veranstaltet, auf dem Gelände des Hotels „Neißeblick“. Dieses ist bereits seit Ende der 1990er Jahre in rechter Hand, gefördert vom Hoteleigentümer Hans-Peter Fischer, früheres Mitglied rechtsextremer Parteien. Dort musste die Polizei mehrmals bei Veranstaltungen einschreiten. So bei einem Konzert mit 350 Besuchern am 1. Dezember 2018, wo Sieg-Heil-Rufe die Polizei veranlassten, die Veranstaltung abrupt zu beenden. In den Schlagzeilen war Ostritz schon wieder am vorletzten Märzwochenende. Auf dem Gelände des Hotels „Neißeblick“ versammelten sich rund 500 Menschen bei rechtsextremer Musik und entsprechenden Reden.

Ebenfalls seit Anfang der 1990er Jahre hat Zittau einen festen Nazitreff. Der „Nationale Jugendblock Zittau“ besitzt als Verein mit einem Neonazi ein Haus als Domizil. Seit 2017 finden dort wieder verstärkt Konzerte und andere Veranstaltungen mit rechtsextremen Inhalten statt, so das Sächsische Innenministerium.

Entsprechend der im Dezember 2017 im Verfassungsschutzverbund abgestimmten verbindlichen bundesweiten Definition gelten diejenigen Immobilien als „rechtsextremistisch genutzte Immobilien“, bei denen ‚eine uneingeschränkte grundsätzliche Zugriffsmöglichkeit durch Eigentums- oder Besitzverhältnisse oder durch ein Kenn- und Vertrauensverhältnis zum Objektverantwortlichen besteht.

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