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Zinnwald geht auf Sendung

Signale vom Erzgebirgskamm machen die Positionsbestimmung genauer. Das wird nicht nur Landwirten und Bauleuten helfen.

Von Maik Brückner
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Frank Strugale (li) vom Landesvermessungsamt und Thomas Schmidt, Sachsens Minister für Regionalentwicklung, nahmen in Zinnwald die Sapos-Bodenstation in Betrieb.
Frank Strugale (li) vom Landesvermessungsamt und Thomas Schmidt, Sachsens Minister für Regionalentwicklung, nahmen in Zinnwald die Sapos-Bodenstation in Betrieb. © Andreas Weihs

Premiere in Zinnwald. Montagmittag nahm Sachsens Minister für Regionalentwicklung, Thomas Schmidt (CDU), eine neue Antenne unweit der sächsisch-böhmischen Grenze in Betrieb. Verglichen mit der Technik, die auf dem benachbarten Gelände der Wetterstation steht, ist sie klein und fast unscheinbar. Dennoch wird sie für viele Sachsen bald sehr wichtig sein. Denn im Zusammenspiel mit 115 internationalen Satelliten sowie  19 anderen Bodenstationen in Sachsen und weiteren 17 in den angrenzenden Bundesländern, in Polen und Tschechien liefert diese Antenne nun Daten, mit denen sich Positionen noch genauer bestimmen lassen. 

Die Antenne ist Teil einer Bodenstation. Deren Aufgabe ist es, die von den Satelliten gesendeten Daten zur Positionsbestimmung zu korrigieren. Gebaut wurde diese Bodenstation vom hiesigen Landesvermessungsamt, also dem Staatsbetrieb Geobasisinformation und Vermessung Sachsen. 

Das Amt stellt die Daten zur Standortbestimmung kostenfrei und in Echtzeit rund um die Uhr zur Verfügung. Es gibt viele Nutzer, die auf diese Daten angewiesen sind, da sie sehr genau arbeiten müssen, erklärte Schmidt. Diese Daten helfen zum Beispiel klein- und mittelständischen Betrieben, die Leitungen verlegen, Grundstücke ausmessen, Straßen bauen oder Landmaschinen steuern lassen. Hier komme es oft auf den Zentimeter an, so Schmidt.  

Die vom Landesvermessungsamt angebotenen Daten werden bereits von vielen Landwirten genutzt, erklärte der Präsident des Landesbauernverbandes, Torsten Krawczyk. Vor einigen Jahren sei man noch ein Exot gewesen, heute nutzen fast alle Betriebe diesen Service. Viele landwirtschaftliche Fahrzeuge werden heute mithilfe dieser Daten gesteuert. Das bringt viele Vorteile, erklärte er. Diese reichen von der Bodenbearbeitung bis zur Ernte. Auch beim Düngen und  beim Pflanzenschutz kommen satellitengesteuerte Fahrzeuge zur Anwendung. Dadurch lassen sich zwischen 10 und 15 Prozent Dünge- und Pflanzenschutzmittel einsparen, so Krawczyk. Denn zum einen könne vermieden werden, dass Flächen überlappend gedüngt werden, zum anderen werden auf den Feldern Fahrspuren angelegt, die bei der späteren Bearbeitung immer wieder genutzt werden. So wird nur wenig Fläche auf den Feldern verdichtet.

Die satellitengesteuerte Landtechnik bringt nicht nur ökonomische, sondern auch  ökologische Vorteile, so Krawczyk. Mithilfe dieser Fahrzeuge, die im Übrigen auf immer präzisere Daten zurückgreifen können, lasse sich auch die Ernte besser auswerten. Der Landwirt kann zum Beispiel im Jahr darauf entscheiden, welche Maßnahmen er ergreift, um das Wachstum der Pflanzen in bestimmten Schlägen zu fördern. Zum anderen können schwierig zu bearbeitende Flächen, wie Nassstellen, umfahren werden.

Vorteile bringen die nun von Zinnwald bereitgestellten Daten auch den Vermessern, erklärte Steffen Oertelt vom Bund der öffentlich bestellten Vermessungsingenieure. Mit deren Hilfe können seine Kollegen nun auch in entlegeneren Regionen ohne größeren Aufwand genauer messen.

Auch die staatlichen und kommunalen Verwaltungen werden von dieser Investition profitieren, erklärte Annette Rothenberger-Temme, Geschäftsführerin des Landesvermessungsamtes. Vor allem die Flächenverwaltung und die Bestimmung der Flurgrenzen seien nun noch genauer möglich. Dabei hilft Zinnwald mit.

Dass die erste Bodenstation in Zinnwald errichtet wurde, ist kein Zufall. "Wir wollten gern eine Station auf dem Erzgebirgskamm zwischen unseren beiden niedriger gelegenen Stationen in Sayda und Altendorf", sagt Grit Moosdorf vom Landesvermessungsamt. Sie war maßgeblich an der Planung und am Bau der Zinnwalder Station beteiligt. Das hat mit der Höhenlage zu tun. Die bisherigen Stationen - auch die in Tschechien wie in Litomerice (Leitmeritz) - bildeten das Erzgebirge nicht richtig ab. Mit dieser Station werde diese Lücke nun geschlossen.

Grit Moosdorf  vom Landesvermessungsamt war maßgeblich am Bau und an der Planung der ersten sächsischen Bodenstation des SAPOS -Satellitenpositionierungsdienstes beteiligt. 
Grit Moosdorf  vom Landesvermessungsamt war maßgeblich am Bau und an der Planung der ersten sächsischen Bodenstation des SAPOS -Satellitenpositionierungsdienstes beteiligt.  © Andreas Weihs
Für Annette Rothenberger-Temme, Geschäftsführerin des Landesvermessungsamtes, bringt die neue Bodenstation viele Vorteile für die Arbeit in den Rathäusern und Landratsämtern. 
Für Annette Rothenberger-Temme, Geschäftsführerin des Landesvermessungsamtes, bringt die neue Bodenstation viele Vorteile für die Arbeit in den Rathäusern und Landratsämtern.  © Andreas Weihs
Torsten Krawczyk, Präsident des Landesbauernverbandes, freut sich, dass die satellitengesteuerte Landtechnik nun noch präziser arbeiten kann. Das ist gut für die Ökonomie und die Ökologie. 
Torsten Krawczyk, Präsident des Landesbauernverbandes, freut sich, dass die satellitengesteuerte Landtechnik nun noch präziser arbeiten kann. Das ist gut für die Ökonomie und die Ökologie.  © Andreas Weihs
Dipl.-Ing. Steffen Oertelt vom Bund der öffentlich bestellten Vermessungsingenieure  betonte die Vorteile, die die neue Station für seine Kollegen bringt.
Dipl.-Ing. Steffen Oertelt vom Bund der öffentlich bestellten Vermessungsingenieure  betonte die Vorteile, die die neue Station für seine Kollegen bringt. © Andreas Weihs

Die Zinnwalder Bodenstation ist Teil des Satellitenpositionierungsdienstes (Sapos). Der Dienst ist ein Gemeinschaftsprojekt der Vermessungsämter der Bundesländer. Er wurde Mitte der 1990er-Jahre ins Leben gerufen. Mitte der 2000er-Jahre entstand ein flächendeckendes Netz von Bodenstationen. Inzwischen gibt es bundesweit 270 Stationen. In Sachsen sind es 19. Diese empfangen und verarbeiten kontinuierlich Daten europäischer, US-amerikanischer, russischer und chinesischer Satellitensysteme. Damit werden Korrekturdaten berechnet, die der Nutzer – zusätzlich zu den direkt empfangenen Satellitensignalen – für eine hochgenaue Positionierung benötigt. 

Das sächsisches Landesvermessungsamt stellt die Korrekturwerte für die empfangbaren Satelliten seit August 2019 kostenfrei im Dauerbetrieb jede Sekunde zur Verfügung. Landwirte und landwirtschaftliche Dienstleister konnten den Dienst in einem Probejahr kostenlos bereits seit dem Herbst 2018 nutzen. Zuvor musste für die Nutzung überwiegend bezahlt werden. Im Jahr 1996 wurde die erste sächsische Sapos-Station in Betrieb genommen, seit dem Jahr 2004 wird der Echtzeitdienst angeboten.

Alle bisherigen Stationen waren auf Dächern staatlicher oder kommunaler Gebäude angebracht. Die Auswertung der Daten zeigte, dass sich die Gebäude zum Teil bis zu 1,50 Zentimeter bewegt haben. Deshalb lässt Sachsen nun fünf neue Bodenstationen errichten. Diese sind fest mit dem Boden verbunden und durch eine Doppelrohrkonstruktion thermisch isoliert. Weitere Bodenstationen entstehen in Bad Brambach (Vogtland), Mutschlena (bei Leipzig), Bad Muskau (nördliche Oberlausitz) und Olbersdorf (Zittauer Gebirge).

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