Großenhain. Achtundvierzig, vierzig, dreizehn. Die Gardemaße sind an Opulenz nicht zu übertreffen. Zumindest im Großenhainer Ortsteil Zabeltitz und erst recht in diesem Dezember. Wenn Bäckermeister Silvio Haase am Sonntag bereits zum 20. Mal anlässlich der Palais-Weihnacht seinen Riesen-Dominostein präsentiert, dann dürfen sich die Besucher wieder freudvoll auf ein Schmankerl gefasst machen. Stets mit unterschiedlichen Motiven verziert – vom Tannenbaum über das Palais selbst oder einen Schneemann – gab es schon vieles zu bewundern – hat sich der mit viel Herzblut arbeitende Betrieb auch dieses Mal wieder etwas Besonderes einfallen lassen.
Etwas Märchenhaftes, das Silvio Haase jedoch vorm traditionellen Anschnitt um 11 Uhr nicht näher beschreiben möchte. Und jene Leckerei, die aufgrund ihrer Größe längst über die Grenzen des Landkreises hinaus bekannt geworden ist, tut es auch nicht. Das braune Gemisch aus Weizen-und Roggenmehl, Zucker, Honig, Zimt, Koriander, Nelken, Macis, Anis, Kardamom und Piment hält sich auf seine ganz spezielle Weise bedeckt. Muss es auch! Schließlich ist der Stein – in diesem Jahr übrigens fünf Zentimeter länger als sonst – bis kurz vor seinem Auftritt gewissermaßen nackt.
Aprikosenkonfitüre und Persipan
Vor vier Wochen von Silvio Haase nach alter Familienrezeptur zubereitet, lagerte er zum Zwecke des guten Durchziehens der Zutaten in aller Ruhe im Kühlen. Sechs übereinander liegende Teigplatten, die in drei Schichten durch Aprikosenkonfitüre und zwei Lagen Persipanmasse miteinander verbunden sind. „Es ist wirklich wichtig, das Gebäck rechtzeitig herzustellen! Nur so bekommt es die Gelegenheit, richtig saftig zu werden“, erklärt Silvio Haase.
Der 39-Jährige liebt, was er tut und das bereits in fünfter Generation. Abgesehen vom prominentesten Produkt, verlassen seit 1879 täglich viele verschiedene Sorten Brötchen, Brote, Kuchen, Kekse und momentan natürlich auch Stollen sowie Plätzchen in allen Variationen die Bäckerei.
Bevor es der sorgsam verpackte Riesen-Dominostein tun kann, muss er jedoch erst mal bekleidet werden. Und zwar nicht irgendwie. Um im ehrwürdigen Palais einen nachhaltigen Eindruck zu hinterlassen, soll das gut zwölf Kilogramm schwere Prachtexemplar auch entsprechend schick daher kommen.
Schick bedeutet in diesem kulinarischen Fall zunächst das komplette Einhüllen in eine kakaohaltige Fettglasur. Geduldig pinselt sie Silvio Haase auf jede Ritze der Platten, die gierig die herrlich glänzende Masse aufnehmen.
Verkauf für Hort der Grundschule
Eine ganze Nacht lang bleibt Zeit, damit sich der schokoladige Mantel fest um die ehemals recht schmucklose Spezialität schließen kann. Was einst in Dresden 1936 vom Pralinenhersteller Herbert Wendler für wenig betuchtere Kreise seiner Kundschaft erfunden wurde, wird nun auch in Zabeltitz immer mehr Raffinesse erhalten.
Welche Bilder, Figuren oder Gebäckschmuck Silvio Haase nun auf der Oberseite aufbringt, will er bekanntlich noch nicht verraten. Aber er bittet wortreich alle Schaulustigen darum, tatsächlich ihrer Neugierde auf den Weihnachtsmarkt und vor allem den Riesen-Dominostein nachzugeben. Immerhin werde jedes einzelne Stück des Würfels zugunsten einer Einrichtung für eine Spende verteilt.
In diesem Jahr komme der gesamte Erlös dem Hort der Grundschule Zabeltitz zugute. „Im vergangenen Jahr hätten wir noch viel mehr Spendengelder einnehmen können! Deshalb haben wir ihn jetzt etwas größer gemacht und eine zusätzliche Platte verwendet“, verrät Silvio Haase und lacht.
Noch hat der Zabeltitzer Hauptdarsteller ebenfalls allen Grund dazu. Ebenmäßig gestaltet thronen die achtundvierzig, vierzig, dreizehn auf dem hölzernen Backbrett. Bis Sonntag – dann werden sie vernascht.