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Sachsen feiert das größte Barockspektakel

Vor 300 Jahren schipperte ein königliches Brautpaar über die Elbe. Am Sonntag wurde das noch einmal inszeniert.

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Im Schloss Pillnitz hatten die Darsteller der barocken Hochzeitsgesellschaft wenigstens ein schattiges Plätzchen. Auf richtigen Wein verzichteten sie aber lieber – es gab nur Weintraubensaft zu trinken.
Im Schloss Pillnitz hatten die Darsteller der barocken Hochzeitsgesellschaft wenigstens ein schattiges Plätzchen. Auf richtigen Wein verzichteten sie aber lieber – es gab nur Weintraubensaft zu trinken. © René Meinig

Durchhalten hieß es am Sonntag für die Darsteller des Lustgondelns anno 1719 in Pillnitz. Mit ihren schweren Barockroben entstiegen sie am Nachmittag unterhalb des Schlosses einer der vier Gondeln, die nach historischem Vorbild nachgebaut worden waren. Und zwar eigens für das Jubiläum der Jahrhunderthochzeit, die Friedrich August II. – Sohn von August dem Starken – vor 300 Jahren mit Maria Josepha von Österreich feierte.

Es soll ein berauschendes Fest gewesen sein, wie es das Europa der damaligen Zeit noch nicht erlebt hatte. Allein in Dresden dauerte die Feier 40 Tage. Dieses Jubiläum wurde nun am Sonntag durch die Dresden Marketing GmbH und die Kultur- und Tourismusgesellschaft Pirna (KTP) mit einer sicher etwas weniger opulenten Barock-Sause gefeiert. 

Für die Darsteller begann dieser Tag recht zeitig. „Seit halb sieben heute früh bin ich so gekleidet. Fünf Lagen Stoff habe ich am Leib“, erzählt Claudia Friedemann, die in die Rolle der Maria Josepha von Österreich geschlüpft ist. Fast eine Stunde habe sie gebraucht, um all die Kleider, Korsagen und Unterröcke anzuziehen. Gemeinsam mit ihrem frisch angetrauten Mann Friedrich August II., Christiane Eberhardine sowie dem Gefolge zelebrierten die Schauspieler – voll in ihre Rollen vertieft – die Ereignisse vor 300 Jahren.

In diesem Nachbau einer venezianischen Gondel fuhr das Brautpaar über die Elbe von Pirna nach Dresden.
In diesem Nachbau einer venezianischen Gondel fuhr das Brautpaar über die Elbe von Pirna nach Dresden. © Marko Förster

Alles hatte 1719 seinen Anfang in Pirna genommen. In der Stadt war die Braut erstmals auf sächsischem Boden empfangen worden. Deshalb kam sie auch am Sonntag in der Kutsche gegen 11 Uhr im barocken Markttreiben auf dem Pirnaer Marktplatz an. Auf der Bühne wurde eine königliche Tafel aufgetischt und auch die Bürger wurden beköstigt. „Wir ließen ihnen Brezeln und Obst reichen“, erzählt Maria Josepha von Österreich, während August der Starke aus seinem riesen großen Glas mit Weintraubensaft nippt.

Die Darsteller leben ihre Rollen aus, mit viel Liebe auch zum wortgewandten Detail der damaligen Zeit. „Majestäten, tut bitte so, als hättet ihr Spaß“, hieß es unter anderem beim Fotoshooting für das gemeine Volk vom Pirnaer Rathausbalkon in großer Hitze. Gegen 13 Uhr wurde auf dem Marktplatz ein festliches Spalier gebildet, um die frisch Vermählten auf historisch verbrieftem Weg zur Elbe hinunter zu geleiten.

Dort angekommen wurden die hohen Gäste aus dem 18. Jahrhundert von Pirnas Oberbürgermeister Klaus-Peter Hanke, ebenfalls in barockem, blauen Kostüm verabschiedet: „Liebes Volk. Ihr habt den Hofstaat und seinen Prunk noch nicht richtig bewundert. Das machen wir jetzt“, sprach er und so jubelten die zahlreichen Gäste „Ah“ und „Oh“ zu den schönen Kleidern und dem glitzernden Schmuck der schwitzenden Darsteller, die sich tapfer unter ihren Perücken hielten.

Bitte umsteigen! Am Abend tauschte die Gesellschaft am Terrassenufer die Gondeln gegen Kutschen.
Bitte umsteigen! Am Abend tauschte die Gesellschaft am Terrassenufer die Gondeln gegen Kutschen. © Marko Förster

Die Herrschaften stiegen gegen 14 Uhr in ihre „Venezianische Gondel“ und wurden bei einer Ehrenrunde elbaufwärts mit lauten und qualmenden Salutschüssen aus Pirna verabschiedet. Die Gondel wurde eigens für das Jubiläum vom Verein Sächsischer Prunkgondeln nachgebaut. Als Vorlage diente eine Gondel aus dem Jahr 1719 – beim Lustgondeln hatte das Schiff nun seine Wassertaufe.

Und der Prunkgondelverein hat offenbar hervorragende Arbeit geleistet: Kurz nach 16 Uhr kam das Brautpaar wohlbehalten in Pillnitz an, ließ sich von Hunderten Zuschauern an das Schloss begleiten und verfolgte mit Blick auf die Elbe eine barocke Inszenierung mit Tänzen, Ansprachen und Hochzeitszeremonien. Anschließend ging es weiter die Elbe hinunter vorbei am Blauen Wunder und den Elbschlössern bis zum Terrassenufer. 

Dort wartete die letzte Etappe auf die Darsteller – die ganze Gesellschaft musste noch einmal umsteigen. Dieses Mal in zehn Kutschen. Auf einer Drei-Kilometer-Route führte die Parade durch die Altstadt Dresdens bis zum Zwinger. Doch damit hat der lange Tag des Lustgondelns, Feierns und Schwitzens noch immer kein Ende. Ein Spaziergang durch den Innenhof des Zwingers lässt sich das Brautpaar zum Abschluss nicht nehmen.