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Scharfe Sache im Pulsnitztal

Bei der Firma Höfgen in Oberlichtenau schneiden die Mitarbeiter Stoffe auf Maß. Jetzt wurde in eine neue Produktionsanlage investiert.

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Die Firma Höfgen in Oberlichtenau wächst kontinuierlich. Das Unternehmen hat sich spezialisiert. Hier werden Stoffe, aber auch Vlies und Kunstleder, auf Maß geschnitten.
Die Firma Höfgen in Oberlichtenau wächst kontinuierlich. Das Unternehmen hat sich spezialisiert. Hier werden Stoffe, aber auch Vlies und Kunstleder, auf Maß geschnitten. © Matthias Schumann

Oberlichtenau. Wumms! Anlagenführer Marcel Wirkner hat die neue Stanzmaschine angeworfen. Die presst die Werkzeuge mit Wucht gegen ein Vlies. Der Messerstahl geht wie Butter durch zehn Lagen des Filtermaterials: 560 Pads in einem Zug. Eine scharfe Sache. Mitarbeiterinnen konfektionieren und verpacken die runden weißen Blättchen für den Kunden in der Automobilindustrie. Dort werden sie als Luftfilter verbaut. Hergestellt bei der Firma Höfgen in Oberlichtenau. 

Geschäftsführer Jens Ristau ist sich ziemlich sicher, dass auch viele der Autos auf der Staatsstraße vor der Fabrik mit Filtern aus der neuen Stanzerei unterwegs sind. Seit etwa fünf Jahren leitet er die Geschäfte der Firma. Damals trat er die Nachfolge der früheren Chefin Monika Gläser an. Die Stanzerei gehört zu den neuen Investitionen bei der Höfgen & Co. GmbH und ist erst seit wenigen Wochen in Betrieb.

Lange Firmentradition

Dafür musste das Lager umziehen. Die neue Halle ist im rückwärtigen Bereich des Firmengeländes entstanden und inzwischen fast fertig. Die Beleuchtung fehlt noch. Aber zumindest tagsüber sorgt eine großzügige Kunststoffverglasung im Dach für Licht in der Halle. Noch gar nicht ganz fertig, ist sie schon wieder gut gefüllt mit Stoff-, Kunstleder und Vliesballen. Ebenso mit fertig geschnittener Ware auf Rollen zur Auslieferung an Kunden in aller Welt, wie Jens Ristau sagt. 

Die Zufahrt muss noch gepflastert werden. Etwas Farbe könnte das Verwaltungsgebäude gebrauchen. Aber der Chef ist da klar in der Ansage: „Die Produktion ist wichtiger.“

Das Unternehmen hat eine lange Tradition, die bis ins Jahr 1860 zurückreicht. Damals legte Friedrich Alwin Höfgen den Grundstein mit einer Handweberei. In den 1930er-Jahren wurden zum Beispiel Brot- und Wäschebeutel hergestellt. 

Mehrere große Brüche zeichnen die Firmengeschichte. Die Wehrmacht legte die Weberei im Zweiten Weltkrieg still. Nach dem Neustart im Sommer 1945 wurde auch Bettwäsche und Geschirrtücher produziert. Dann kam zu DDR-Zeiten die Enteignung. Höfgen wurde Werk II im Bandtex-Kombinat. Dessen Niedergang kam mit der politischen Wende 1989 in der DDR. 

Jetzt investierte das Unternehmen in eine Lagerhalle und einen neuen Produktionsbereich.
Jetzt investierte das Unternehmen in eine Lagerhalle und einen neuen Produktionsbereich. © Matthias Schumann

Erfolg mit Bandschneiderei

Für das Oberlichtenauer Werk II war wohl die Rückübertragung an den Alteigentümer eine gute Lösung. Der Hamburger Jurist Dr. Frank Weisse entschloss sich, die Produktion weiterzuführen. Dazu gehört als Schwesterunternehmen die Pulsnitzer Weberei Hauffe Bänder: „Es war ein großes Glück, sonst wäre alles geschlossen worden“, berichtet Katrin Käufl, die Prokuristin bei Höfgen. Ihr Vater Klaus Großmann war damals Werkleiter und nach der Wende bis 2006 Geschäftsführer. 

Die Weberei endete in Oberlichtenau allerdings schon 1977. Damals wurde der letzte Webstuhl stillgelegt. Die Ära der Breitweberei von Textilien war vorbei. Der Betrieb spezialisierte sich zum Schnittbandzentrum. Mit der Bandschneiderei ist Höfgen bis heute erfolgreich. Maschinen mit schärfsten Klingen an rotierenden Walzen durchtrennen das unterschiedlichste Material mit sauberem Schnitt genau aufs Maß: Kunstleder, Folien, Baumwolle, Gewirke – alles ganz nach Kundenwunsch. Ballen von zwei Metern Breite können quasi in Scheibchen geschnitten werden – bis zu 5 Millimeter schmal. Mit den Bändern werden Pantoffeln und Autoteppiche eingefasst. Zelthersteller gehören zu den Kunden, ebenso wie Autohersteller und Modeunternehmen. Die Bänder werden zum Beispiel in Unterwäsche verarbeitet, um bestimmte Bereiche zu verstärken.

Auf sicheren Füßen

30 Beschäftigten gibt das Unternehmen heute Arbeit. Gerade die Wendezeit Anfang der 1990er-Jahre sei aber nicht einfach gewesen: „Viele Leute mussten damals entlassen werden“, weiß Katrin Käufl. In besten Zeiten arbeiteten hier etwa 220 Leute, erinnert sich ihr Vater Klaus Großmann.

Jetzt stehe die GmbH auf sicheren Füßen und wachse langsam, aber kontinuierlich. Chef Jens Ristau ist stolz darauf, dass die Firma fest im Dorf verwurzelt sei: „Wir sichern hier Arbeitsplätze.“ Die meisten Mitarbeiter seien aus dem Ort. Er sei sich auch sicher, dass das Unternehmen wachsen und noch einige neue Jobs für Oberlichtenau schaffen werde.

Dazu tragen auch die jüngsten Investitionen bei. „Wir brauchten unbedingt Lagerplatz“, so Katrin Käufl. Zumal das bisherige Lager zur Stanzerei umfunktioniert wurde. In der neuen Lagerhalle stapeln sich nun auf 600 Quadratmetern Ballen und Rollen. Rund 400.000 Euro investierte Höfgen in den Neubau und die Stanzerei. Dort wäre auch noch Raum für weitere Maschinen. Damit kann das Unternehmen eigene Vorprodukte weiterverarbeiten bis zum Endprodukt. 

Das schaffe noch den einen oder anderen Job in Oberlichtenau und schone die Umwelt, weil Transportwege entfallen, erklärt Jens Ristau. So sei der Umsatz in den vergangenen Jahren kontinuierlich auf zwei Millionen Euro gestiegen. Die Investition sei nötig gewesen, weil „wir mit einem weiteren Wachstum planen“. Dafür brauche Höfgen Lager. So könne mehr Rohware vorgehalten, flexibler produziert und schneller geliefert werden. Termintreue sei wichtig. Gerade in der Automobilindustrie. Die Bänder müssen pünktlich zum Kunden, damit dort die Bänder nicht ins Stocken geraten. Wenn die zuverlässig laufen, rotieren auch die Oberlichtenauer Maschinen.