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Schulen können Unterricht nicht absichern

In vielen Schulen in Sachsen wurde der Unterricht zu Schuljahresbeginn gekürzt. Eine Region ist besonders betroffen - und bestimmte Fächer.

Von Andrea Schawe
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Unterrichtsausfall an sächsischen Schulen macht auch vor den Kernfächern nicht mehr halt.
Unterrichtsausfall an sächsischen Schulen macht auch vor den Kernfächern nicht mehr halt. © Norbert Millauer

Dresden. Mit insgesamt 5,1 Prozent erreichte der Unterrichtsausfall im vergangenen Schuljahr einen neuen Höchststand. Die Sächsische Zeitung erklärt, welche Fächer betroffen sind und an welchen Schulen besonders viele Lehrer fehlen.

Unterricht in Musik, Kunst und Ethik fällt am häufigsten aus

Die Schulleiter mussten die Stundenpläne zu Beginn des Schuljahres überarbeiten. Ganze Fächer mussten gestrichen oder die Zahl der Unterrichtsstunden gekürzt werden, weil zu wenige Lehrer vorhanden waren. Am häufigsten wurden planmäßig Stunden in den Fächern Ethik, Kunst, Musik, Werken und Sport gestrichen. Auch die individuelle Förderung an den Grundschulen und der Förderunterricht an den Oberschulen fiel vermehrt aus. Im Vogtlandkreis und im Landkreis Zwickau wurde vor allem Unterricht in evangelischer Religion gestrichen. 

Das geht aus Zahlen von November 2018 hervor, die die Schulen an das Kultusministerium gemeldet haben. Die offizielle Statistik zum Unterrichtsausfall im ersten Halbjahr wird voraussichtlich Ende März veröffentlicht. Das planmäßige Kürzen macht auch vor den Kernfächern nicht mehr halt. Fehlen etwa Lehrer für Naturwissenschaften, fallen gleich mehrere Fächer aus. Mathelehrer unterrichten an vielen Oberschulen auch gleichzeitig Physik oder Informatik.

Besonders viel Unterricht fällt in der Region Bautzen aus

Nirgendwo in Sachsen fehlen so viele ausgebildete Pädagogen wie in der Oberlausitz. Zum Schuljahresbeginn konnten von den 137 offenen Lehrerstellen nur 73 besetzt werden. Zum Halbjahr im Februar sollten 82 Stellen besetzt werden. Nur 43 neue Lehrer wurden eingestellt. Acht von zehn neu eingestellten Lehrern in den Landkreisen Görlitz und Bautzen sind Seiteneinsteiger ohne pädagogische Ausbildung. „An vielen Schulen muss der Stundenplan gleich von vornherein gekürzt werden, weil die Stundenzahl mit den vorhandenen Kollegen nicht abgedeckt werden kann“, sagt Petra Müller vom sächsischen Lehrerverband. Im vergangenen Schuljahr fiel in der Regionalstelle Bautzen fast jede zehnte Unterrichtsstunde aus – so viel wie noch nie.

Lehrermangel an Förderschulen besonders gravierend

Vor allem an Förderschulen fehlen Lehrer. Für diese Schulart gibt es zu wenige Bewerber. Zum Halbjahr konnte etwa in der Region Bautzen keine der zehn freien Stellen an einer Förderschule besetzt werden. Nach Daten, die die Schulen gemeldet haben, gibt es an der Lisa-Tetzner-Förderschule in Zittau einen offenen Bedarf von fünf Stellen. An der Weißwasseraner Astrid-Lindgren-Schule sind es 3,3 Stellen. 

Auch Schulen im Landkreis Meißen haben offene Stellen. Die meisten Lehrer fehlen an Meißner Schule mit dem Förderschwerpunkt Lernen. 4,5 Stellen müssten besetzt werden, um den Unterricht voll abzusichern. Am Dresdner Förderzentrum „Schule im Albertpark“ sind es sogar 6,7 Stellen. Grundlage für die Berechnung sind die Unterrichtsstunden in der Stundentafel, die nicht mit einer Lehrkraft abgesichert sind, heißt es in einer Antwort des Kultusministeriums auf eine Anfrage der Landtagsabgeordneten Andrea Kersten (fraktionslos).

Kurzfristige Ausfälle können nicht ausgeglichen werden

Die meisten Unterrichtsstunden entfallen außerplanmäßig, weil Lehrer krank sind, sich weiterbilden oder streiken. Im vergangenen Schuljahr waren es sachsenweit insgesamt mehr als 930 000 Stunden in Grund-, Ober- und Förderschulen sowie Gymnasien und Berufsschulen. Am höchsten ist der Unterrichtsausfall an Förderschulen. Wenn Lehrer ausfallen oder sogar langfristig krank sind, wurde das in der Vergangenheit auch durch Abordnungen aus anderen Schulen ausgeglichen. 

Doch dafür reichen die Kapazitäten nicht mehr – das Personal ist überall knapp. Auch Stunden aus dem Ergänzungsbereich für Vertretungen zu nutzen, ist kaum mehr möglich. Die wenigen Stunden für den Ergänzungsbereich können die Zahl der Ausfallstunden nicht mehr decken. An der Geschwister-Scholl-Oberschule in Roßwein musste deswegen der Unterricht für die neunte Klasse an einem Tag komplett ausfallen. Eine Ausnahme, hieß es. Bei einem Altersdurchschnitt der Kollegen von 55 Jahren könne es schon passieren, dass sich Krankheitsfälle häufen.