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Schwere Gewalt in Chemnitzer Asyl-Unterkunft

Nach einer Schlägerei und einem Brand sind 21 Bewohner verletzt, zwei davon erheblich – die Polizei besetzt das Heim.

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Von Annette Binninger und Gunnar Saft

Chemnitz/Dresden. Bei Auseinandersetzungen in Sachsens Erstaufnahme-Einrichtung für Asylbewerber wurden in der Nacht zu gestern in Chemnitz 21 Bewohner verletzt, zwei davon schwer. Das bestätigte die Polizei, die wegen schwerer Körperverletzung und Brandstiftung ermittelt.

Die Beamten seien in der Nacht in das im Stadtteil Ebersdorf gelegene Heim gerufen worden, um eine Prügelei unter Bewohnern zu beenden. Außerdem brach in einem Zimmer Feuer aus. Der Anlass für den Streit zwischen Bewohnern aus Nordafrika und Tschetschenien würde noch untersucht. Die Polizei sperrte gestern das betroffene Haus 4 und war mit etwa 100 Einsatzkräften vor Ort. Ein Sondereinsatzkommando durchsuchte die Zimmer nach gefährlichen Gegenständen.

Die Landesdirektion Sachsen informierte, dass in der Unterkunft zurzeit akuter Platzmangel herrscht. In der Einrichtung, die über maximal 720 Plätze verfügt, würden bereits 730 Menschen leben. Man müsse auf Notbetten zurückgreifen. Zudem sei nicht gewährleistet, dass Familien und Einzelpersonen alle getrennt untergebracht sind. Fast jeder fünfte Bewohner stamme aus Tschetschenien, etwa 15 Prozent aus Ländern wie Tunesien, Marokko und Libyen. Die Auseinandersetzung hätte zu Sachschäden in noch unbekannter Höhe geführt. In Chemnitz gibt es bereits seit Wochen Sicherheitsprobleme. Wiederholt musste die Polizei gerufen werden. „In der letzten Woche waren wir sogar fast täglich dort im Einsatz“, sagte ein Sprecher. Auch die Landesdirektion bestätigte mehrere Fälle von Gewalt zwischen Asylbewerbern. „Wir können das Grundproblem momentan aber nicht lösen, weil uns Kapazitäten fehlen.“ Gestern gab es Umverlegungen in die Außenstelle in Schneeberg, die aber nur über höchstens 250 Plätze verfügt.

Sachsens Ausländerbeauftragter Martin Gillo reagierte verärgert auf die Vorfälle. „Seit drei Jahren mahne ich die Staatsregierung, dass wir auch für dieses Heim dringend mehr Geld für Sozialbetreuer brauchen.“ Doch bisher sei nichts geschehen. Der Freistaat dürfe die Menschen dort nicht sich selbst überlassen. „Die Landesregierung muss jetzt zeigen, dass sie sich das Heft des Handelns nicht aus der Hand nehmen lässt. Es darf nicht der Eindruck entstehen, dass hier das Faustrecht gilt.“

Im Vorjahr nahm Sachsen 3.500 Asylbewerber auf. 2013 werden es absehbar 5.000. Laut Innenministerium ist es ernüchternd, „wie Anstrengungen für ursprünglich Hilfesuchende buchstäblich zerschlagen werden“. Nötig seien schnellere Asylverfahren. Verfolgte bräuchten Hilfe, in den anderen Fällen würde konsequent abgeschoben.

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