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So krank ist Bautzens Stadtwald

Zwei Stürme und der Borkenkäfer: Die Bäume rund um den Czorneboh leiden. Weil die Schäden so groß sind, muss die Stadt nun all ihre Pläne verschieben.

Von Marleen Hollenbach
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Kahle Stellen, umgestürzte Bäume: Rund um den Czorneboh sind die Schäden besonders sichtbar. Auf den Waldflächen, die zur Stadt Bautzen gehören, haben Stürme und Schädlinge ein Bild der Verwüstung hinterlassen.
Kahle Stellen, umgestürzte Bäume: Rund um den Czorneboh sind die Schäden besonders sichtbar. Auf den Waldflächen, die zur Stadt Bautzen gehören, haben Stürme und Schädlinge ein Bild der Verwüstung hinterlassen. © Steffen Unger

Bautzen. Monatelang waren sie im Wald unterwegs. Über Wochen sahen sich die Forstreferendare jede noch so kleine Ecke rund um den Czorneboh an. Sie dokumentierten die Anzahl der Bäume, das Alter, die Größe. Schließlich ermittelten die jungen Experten im Dezember einen Zehnjahresplan. In ihrem Bericht gaben sie der Stadt Bautzen Tipps für die Bewirtschaftung der kommunalen Waldflächen. Doch all diese Arbeit war wohl umsonst. Weil sich der Wald zwischen Bautzen und Löbau in einem Ausnahmezustand befindet, kann die Stadt schon im ersten Jahr nicht auf die Empfehlungen der Referendare hören.

Frank Wagner, Leiter des städtischen Fortsbetriebes, kann mit Zahlen veranschaulichen, wie schlimm es um den sogenannten Stadtwald bestellt ist. Vor einem Jahr begannen die Probleme. Das Sturmtief Friederike hinterließ im Januar 2018 etwa 8.500 Kubikmeter Schadholz im Bautzener Wald. Die Forstmitarbeiter hatten diese Verwüstung noch nicht richtig behoben, da kamen schon die Borkenkäfer. Bis Ende 2018 fielen 7.000 Kubikmeter Holz dem kleinen Schädling zum Opfer. Erst vor einem Monat zog der nächste Sturm auf. „Eberhard“ erhöhte die Schadholzmenge um weitere 3.000 Kubikmeter.

Schadholz schnell aus dem Wald bringen

Rechnet man all das zusammen, übersteigt die Zahl bei Weitem jene Menge, die im Bautzener Stadtwald normalerweise in einem Jahr geerntet wird. „Unter diesen Umständen ist keine planmäßige Bewirtschaftung des Waldes möglich“, erklärt Frank Wagner. In ihrem Bericht hatten die Forstreferendare berechnet, wo die Bäume zu eng beieinanderstehen, wie viele von ihnen entnommen werden können und an welche Stellen Neupflanzungen sinnvoll sind. Von einem Waldumbau war die Rede. „Doch momentan können wir nur den Ereignissen hinterherlaufen“, so Frank Wagner. Die gesamte Arbeit bestehe nun darin, das Schadholz möglichst schnell aus dem Wald zu fahren. Denn jedes Stück Holz, das liegenbleibt, biete dem Borkenkäfer beste Bedingungen und gefährde so wiederum die benachbarten Bäume.

Das Schadholz aus dem Wald bringen – diese Aufgabe hört sich leicht an, doch sie ist es nicht. Schon die Menge ist eine Herausforderung für die Forstmitarbeiter. Um allein das Schadholz von Sturmtief „Eberhard“ abtransportieren zu können, wären mehr als 100 Holzlaster notwendig. 

Probleme gibt es auch bei der Lieferung an die großen Sägewerke. Diese Abnahme läuft stockend, erklärt Julia Grote, Sprecherin vom Forstbezirk Oberlausitz. Mit den Sägewerken habe man genau vereinbart, wie viel Holz abgenommen wird. Dieses Kontingent könne nicht so einfach erhöht werden, sagt sie. Damit aber das beschädigte Holz nicht liegen bleibt, der Baumbestand nicht weiter geschwächt wird, ergreifen die Forstmitarbeiter nun Maßnahmen.

Sammelstellen und Fallen

Außerhalb des Waldes entstehen zunächst Trockenlager. Das heißt, das Schadholz wird aus dem Wald heraus zu einer Sammelstelle gebracht. Zu einer, die weit entfernt von den Bäumen liegt, erklärt Wagner. Das sei wichtig, damit der Borkenkäfer nicht einfach zum nächsten Baum fliegen kann. Liegt das Holz zur Abfuhr auf dem Sammelplatz, wird es mit Pflanzenschutzmittel bearbeitet. 

Um der großen Borkenkäferplage Herr zu werden, wollen die Forstmitarbeiter auch Fallen aufstellen – und vor allem die Fichten genau beobachten. Dieser Nadelbaum steht besonders im Fokus, weil er besonders anfällig ist. Durch die flachen Wurzeln halten die Fichten starkem Wind schwer stand. Ein Sturm setzt ihnen daher mehr zu als anderen Bäumen. Außerdem können sie kaum Wasser aus der Tiefe ziehen. Bei Trockenheit sind sie deshalb schnell geschwächt. Borkenkäfer haben dann ein leichtes Spiel.

Kahlstellen werden aufgeforstet

Der Nadelbaum steht aber auch deshalb unter besonderer Beobachtung, weil er besonders häufig vorkommt. Mehr als jeder zweite Baum im Stadtwald ist eine Fichte. Zum Vergleich: Der Anteil der Buchen im Stadtwald beträgt gerade einmal 14 Prozent. „Wenn es um die Aufforstung geht, werden wir in Zukunft vermeiden, mit Fichten zu arbeiten“, erklärt Frank Wagner. Immerhin diesen Rat haben Wagner und sein Team vom Bericht der Experten übernommen. Die Referendare hatten dazu geraten, diesen anfälligen Baum durch zum Beispiel Weißtannen, Douglasien, Lärchen oder Eichen zu ersetzen.

Doch schon wenn es um den Ort für die Neuanpflanzungen geht, werden sich die Forstmitarbeiter nicht mehr nach den Empfehlungen der Referendare richten. Die Stellen, an denen aufgeforstet werden muss, ergeben sich jetzt automatisch, erklärt Wagner. Ist das Schadholz beseitigt, wird es im Wald etliche Kahlstellen geben. Auf diese Flächen wollen sich die Forstmitarbeiter konzentrieren.

Nicht nur der Stadtwald rund um den Czorneboh ist angeschlagen. Der Borkenkäfer hat im gesamten Landkreis Bautzen gewütet. Schon jetzt ist der Befall mehr als 25-mal so groß wie im Vorjahr.