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SPD-Spitzenmann nur mit Trick im Kreistag

Vor der ersten Sitzung haben sich die Fraktionen zusammengefunden. Nur zwei Parteien wollen sich verbünden.

Von Peter Anderson
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Damit der Radebeuler SPD-Mann Thomas Gey in den Kreistag einziehen und dort den Co-Vorsitz der Fraktion mit den Bündnisgrünen übernehmen kann, muss seine Parteifreundin Christine Schurig ihr Mandat zurückgeben.
Damit der Radebeuler SPD-Mann Thomas Gey in den Kreistag einziehen und dort den Co-Vorsitz der Fraktion mit den Bündnisgrünen übernehmen kann, muss seine Parteifreundin Christine Schurig ihr Mandat zurückgeben. ©  Sebastian Schultz/Archiv

Landkreis. Fast 30 Punkte umfasst die Tagesordnung zur konstituierenden Sitzung des Kreistages Meißen am Donnerstag in der Riesaer Stadthalle Stern. Was sich nach einer Mammut-Sitzung anhört, könnte unterdessen schnell zu Ende sein. Im Wesentlichen geht es darum, Ausschüsse zu besetzen und Kreisräte in Aufsichtsräte und Verbandsspitzen zu entsenden.

Unter dem vierten Tagesordnungspunkt haben die Kreisräte darüber zu entscheiden, ob sie vier Kreisräten erlauben, ihr Mandat abzulehnen. Genaugenommen müssen die Abgeordneten die hierfür von den Betroffenen angeführten Gründe akzeptieren. Was nach einer Formalie klingt, hat im Fall der Radebeulerin Christine Schurig interessante Konsequenzen.

© SZ/Grafik Gernot Grunwald

Bei der Kreistagswahl am 26. Mai dieses Jahres konnte die Sozialdemokratin insgesamt 1 062 Stimmen im Radebeuler Wahlkreis 05 auf sich vereinen. Der bisherige Vorsitzende der sogenannten Paprika-Fraktion im alten Kreistag, Thomas Gey, landete mit 980 Stimmen hinter ihr und durfte somit nicht in den Kreistag einziehen.

Mit dem Rückzug von Christine Schurig könnte dieses Problem nun behoben werden. Alles spricht dafür, dass ein Großteil der Kreisräte die von ihr vorgebrachten Gründe annimmt. Deutlich mehr als zehn Jahre lang ist die Radebeulerin bereits in politischen Ehrenämtern unterwegs. Genau dies ist laut Sächsischer Landkreisordnung ein triftiger Grund dafür, ein Mandat nicht anzutreten.

Nach Angaben von Andreas Näther aus Riesa, der mit 1 867 Stimmen das beste Ergebnis unter den Sozialdemokraten einfuhr, soll Thomas Gey künftig mit Eva Oehmichen von den Bündnisgrünen eine Doppelspitze bilden. Aufgrund des schwachen Abschneidens der Sozialdemokraten hat sich das Kräfteverhältnis in der Fraktion selbst umgedreht. Mit fünf Abgeordneten ist die SPD jetzt nur Juniorpartner der über sieben Sitze verfügenden Bündnisgrünen. Durch Sören Skalicks, der von den Piraten zur Linkspartei wechselte, ist die Farbe Orange mittlerweile gänzlich aus dem Kreistag verschwunden.

Freie Wähler eigenständig

Nachdem sich mit CDU und AfD bereits vor mehreren Wochen die stärksten Fraktionen im Kreistag konstituiert haben, legten jetzt auch die anderen Listen nach. Nach Angaben der Riesaerin Bärbel Heym wird sie erneut die Fraktion der Linkspartei leiten. Die Sozialisten setzten damit auf Kontinuität. Seit der Kreisfusion 2008 steht die heute 69-Jährige der Fraktion im vereinten Meißner Kreistag vor. Zuvor übte sie diese Funktion bereits im Kreistag von Riesa-Großenhain aus.

Ein ganz konkretes Vorhaben linker Politik auf Kreisebene ist nach Angaben Heyms der Einsatz für ein sicheres Schulschwimmen. Es könne nicht hingenommen werden, dass immer weniger Kinder schwimmen könnten und die Zahl der Badetoten zunehme, so die Politikerin. Auf Bündnisse oder Partnerschaften beim Durchsetzen ihrer Ziele im Kreistag will sich die Linkspartei derzeit noch nicht festlegen. „Wir müssen die Leute erst kennenlernen und werden sehr genau beobachten“, so Bärbel Heym.

Erstmals mit einer eigenständigen Fraktion werden ab diesem Jahr die Freien Wähler im Kreis Meißen vertreten sein. Den Vorsitz führt Andreas Franzke. Der Verkehrsingenieur ist Jahrgang 1968 und sitzt seit 2016 im Radebeuler Stadtrat. Als vorrangige Themen für die Arbeit seiner Partei benennt er eine Stärkung des Gemeinsinns, um die gespaltene Gesellschaft wieder zu einen. „Die Freien Wähler sehen sich als bürgerschaftliche, parteiübergreifende Plattform“, so Franzke. Sie seien zuversichtlich, im demokratischen Spektrum aller Kreisräte Verbündete und Mehrheiten zu finden.

Liberale wollen allein bleiben

Kleinste Fraktion in diesem Kreistag sind die Liberalen, wiewohl sie im Vergleich zur Wahl von 2014 ein Mandat hinzugewinnen konnten. Den Fraktionsvorsitz übernimmt aller Voraussicht nach Martin Bahrmann, welcher ebenfalls die große bürgerliche Fraktion im Meißner Stadtrat leitet. Zuvor muss der Kreistag jedoch noch die Rückgabe der Mandate von Frank Kießling sowie Nachrücker Thomas Neumann bestätigen. An ihrer Stelle würde dann Wolfgang Maaß einziehen.

Bahrmann zufolge ist in den vergangenen Wochen mit den Vertretern anderer Listen über Möglichkeiten einer gemeinsamen Fraktion verhandelt worden. Am Ende hätten die Liberalen jedoch entschieden, lieber allein bleiben zu wollen. Akuten Arbeitsbedarf sehe er vor allem im Bereich der Digitalisierung der Dörfer. Hier hinkten einige Regionen hinterher.

Ohne Fraktionsstatus und damit entsprechende Rechte und Arbeitsmöglichkeiten muss die NPD auskommen. Statt dreier Abgeordneter ist sie nur noch mit Stadtrat Peter Schreiber aus Strehla im Kreistag vertreten.