Spreebrücke: Darum gibt es noch keinen Bürgerentscheid

Bautzen. Wann werden die Bautzener mitentscheiden dürfen, ob die vieldiskutierte Fußgängerbrücke über die Spree gebaut werden soll oder nicht? Diese Frage bleibt vorerst unbeantwortet. Der Stadtrat hat es am Mittwoch mehrheitlich abgelehnt, zum jetzigen Zeitpunkt darüber zu entscheiden.
Die AfD-Fraktion hatte bereits in der ersten Sitzung des neugewählten Stadtrates im August einen Antrag eingebracht. Damit wollte sie erreichen, dass zu dem umstrittenen Projekt so schnell wie möglich Klarheit – aus ihrer Sicht heißt das am liebsten ein Ende – herbeigeführt wird. Denn dass sie von der Idee einer Fußgängerbrücke zwischen Protschenberg und Ortenburg nichts hält, hatte die AfD schon im Wahlkampf deutlich gemacht. „Wir sehen darin keinen Nutzen für die Bautzener Bürger“, so Fraktionschef Sieghard Albert.
OB fordert präzise Zahlen
Nach dem Willen der Partei, die seit der Wahl im Mai neu im Stadtrat vertreten ist, sollte dieser in der Sitzung am Mittwoch nun über einen Bürgerentscheid abstimmen. Doch alle anderen Fraktionen lehnten das ab – und schlossen sich damit den Argumenten der Rathausspitze an. Sie hatten sich zwar in der Vergangenheit immer wieder für eine Bürgerbeteiligung ausgesprochen, ebenso OB Alexander Ahrens (SPD). Doch zum jetzigen Zeitpunkt seien die Voraussetzungen dafür nicht erfüllt, argumentiert die Verwaltung. Bereits in der Sitzung im September hatte sie dargelegt, dass zu vielen Aspekten der Fußgängerbrücke wie Konstruktion, Bau- und Unterhaltungskosten noch keine ausreichend belastbaren Aussagen vorliegen würden. Das sei aber zwingend erforderlich, so Ahrens. Denn das Ergebnis eines Bürgerentscheids sei bindend, es ersetze einen Grundsatzbeschluss des Stadtrates.
Die AfD-Fraktion hielt trotzdem an ihrem Antrag fest. Sieghard Albert sagte mit Verweis auf die 300.000 Euro, die bereits für das Projekt im Stadthaushalt stehen: „Unserer Meinung nach hätten die Bürger vorher befragt werden müssen.“ Steffen Tech, Fraktionsvorsitzender vom Bürgerbündnis Bautzen (BBZ), widersprach: Angesichts eines Haushaltes in zweistelliger Millionen-Höhe könne man nicht bei jeder Ausgabe erst die Bürger befragen. Dazu seien die Stadträte als gewählte Vertreter da. Oliver Helbing von der AfD sagte: „Für uns ist völlig irrelevant, was der alte Stadtrat entschieden hat.“ Wenn die Bürger Nein zur Brücke sagen, „dann würden wir das Geld sparen“. Sollten sich die Bürger für die Brücke aussprechen, „dann stehen auch wir als AfD dahinter“.
Vergleich mit anderen Brücken
CDU-Fraktionschef Karsten Vogt erinnerte daran, dass sich der alte Stadtrat im Frühjahr fraktionsübergreifend dafür ausgesprochen habe, die Bürger zu beteiligen – nicht mehr und nicht weniger. Die Positionen zur Brücke an sich gehen dagegen weit auseinander. BBZ und SPD setzen sich nach wie vor vehement für den Bau ein. Steffen Tech verwies auf bedeutende Bautzener Brücken wie Eisenbahnviadukt, Friedens- und Scharfenwegbrücke. Deren Bau habe jeweils „zu einer großen Entwicklung unserer Stadt geführt. Das kann diese Brücke auch.“ Eine zukunftsorientierte Lösung, um auf veränderte Bedingungen in der Stadt zu reagieren, sieht Lutz Hillmann in der Spreebrücke. Bautzens Theaterintendant hatte in der Einwohnerfragestunde an die Stadt appelliert, endlich ihre vor Jahren eingegangene Verpflichtung zu erfüllen, einen zweiten Zugang zur Ortenburg zu schaffen. Angesichts von jährlich mehr als 100.000 Besuchern auf dem Areal sei das dringend nötig. 2001 hatten Stadt, Landkreis und Freistaat im Zusammenhang mit dem Bau des Burgtheaters vereinbart, einen Aufzug im Burgwasserturm zu bauen. Weil es damals nicht um eine Brücke ging, hält OB Ahrens diese Vereinbarung aber nicht mehr für bindend.
SPD-Fraktionsvorsitzender Roland Fleischer verwies auf eine interne Beratung zur Brücke vom Vortag. Daraus habe er die eindeutige Aussage mitgenommen: „Diese Brücke ist technisch machbar.“ Erstmals sei zudem über Baukosten gesprochen worden. Demnach gehe man von 1,6 bis 2,3 Millionen Euro aus. Dafür könne die Stadt mit 85 Prozent Förderung rechnen. Die CDU, so Karsten Vogt, lehne die Brücke nicht generell ab, halte aber andere Projekte derzeit für wichtiger, an erster Stelle die Schaffung von Platz für den Wohnungsbau.
Die Verwaltung will nun, um belastbare Aussagen zu bekommen, weitere Schritte für die Planung der Brücke vorantreiben und dazu laut Ahrens auch einen externen Dienstleister hinzuziehen. Als möglichen Zeitpunkt für einen Bürgerentscheid hatte er zuletzt das erste Halbjahr 2020 genannt.