Stadtflucht statt Landflucht

Thiendorf. Dieter Müller und Volkmar Schurig haben es gewagt. Die beiden Kleinnaundorfer besaßen nebeneinanderliegende Feld-Grundstücke am Ortsrand, und da diese innerhalb der Bebauungsgrenzen liegen, waren sie wie geschaffen für Eigenheime.
„Zuerst hatte ich nur den Gedanken, dass meine Tochter hier am Storchennest ein Häuschen bauen könnte“, sagt Volkmar Schurig (54). Aber die Lücke war viel größer – insgesamt über 5000 Quadratmeter, und so kamen er und sein Grundstücksnachbar überein, gemeinsam ein kleines Baugebiet zu erschließen.
Da beide früher in der Branche tätig waren – der eine im Tief-, der andere im Häuslebau – brachten sie schon ein paar Kenntnisse mit. Und als Landbewohner hatten sie natürlich Erfahrung mit diversen Bauten auf ihren eigenen Grundstücken.
Das Haus von Schurigs Tochter steht mittlerweile, bei zwei weiteren sind bereits die Grundmauern zu sehen. Insgesamt sollen hier einmal fünf Eigenheime entstehen – für das letzte Grundstück laufen die Verkaufsverhandlungen.
„Die Käufer kommen alle aus Dresden und Umgebung und waren sofort von der schönen Lage begeistert“, erzählt Dieter Müller. Eine Familie habe gleich beim ersten Besichtigungstermin gesagt: ‚Das ist es‘. Bis die restlichen vier Eigenheime fertiggestellt und bezogen werden können, gibt es aber noch jede Menge zu tun.
Es müssen Trinkwasser-, Abwasser- und Stromleitungen zu den einzelnen Grundstücken gezogen werden, außerdem braucht das kleine Wohngebiet eine Zufahrtsstraße. Ohne die Unterstützung der Gemeinde, sagt Volkmar Schurig, wäre aus ihren Plänen wohl nichts geworden.
Aber die zeigte sich entgegenkommend und stellte für die Flächen, für die es notwendig war, innerhalb kurzer Zeit einen Bebauungsplan auf. Der Zuzug aus der Landeshauptstadt ist ja auch in ihrem Interesse, bringt er doch Steuereinnahmen in die Gemeindekasse und wirkt dem Einwohnerschwund und der Überalterung entgegen.
Auch im weiter nördlich gelegenen Ortsteil Welxande gibt es Eigenheim-Pläne. An der alten Maschinen-Traktoren-Station (MTS) soll ein Baugebiet mit 22 Parzellen erschlossen werden.
Auch hier mittels Privatinitiative. Der ortsansässige Unternehmer Christian Freund, dem die MTS gehört, und die Radebeuler Immobilieninvest Sachsen wollen bei der Planung zusammenarbeiten, bevor dann jeder seine Baugrundstücke erschließt und vermarktet. Freund hat vor, die alten Werkstattgebäude abzureißen und dann fünf bis sechs Baustellen an potenzielle Häuslebauer zu verkaufen.
„Wir sind gerade dabei, den Erschließungsvertrag und den Planentwurf für Welxande zu erarbeiten“, sagt Thiendorfs Bürgermeister Dirk Mocker. Da auch dieses Erschließungsgebiet innerhalb der Bebauungsgrenzen liegt, dürfte es keine Probleme mit den übergeordneten Behörden geben.
Im Falle des Tauschaer Herrenhaus-Geländes sah das leider anders aus. Auch hier wollte die Kommune ein neues Eigenheimgebiet mit 18 Parzellen ausweisen. Dann aber stellte sich das Landesdenkmalamt quer und pochte darauf, dass der Grasegarten auf dem ehemaligen Gutsgelände erhalten bleibt. Genau dort sollten die Einfamilienhäuser stehen. Immerhin zeichnet sich jetzt ein Kompromiss ab.
Die Gemeinde hat die benachbarten Flächen, auf denen sich momentan Kita, Spielplatz und Bauhof befinden, in die Planungen einbezogen und könnte so einen Großteil der historischen Wiese erhalten. Trotzdem wäre noch Platz für 14 oder 15 Häuser.
Unmittelbar neben dem Herrenhaus soll ein neues Kita-Gebäude errichtet werden, das dann auch Platz für die Kinder der Zuzügler bietet. Bei entsprechender Gestaltung hätte der Bau sogar einen Effekt, der die Denkmalpfleger entzücken dürfte: Er würde das Gebäudeensemble vervollständigen, sodass es wieder aussieht, wie´s früher war.