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Stiefelwacht dankt (ab)

Sie hat den weltgrößten Stulpenstiefel gewienert und gehütet. In ihre Fußstapfen zu treten, wird zweifellos schwer.

Von Heike Heisig
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Ein letztes Mal haben sich die Mitglieder der Leisniger Stiefelwacht um das Schuhwerk versammelt, das sie über mehr als 20 Jahre wie ihren Augapfel gehütet, mit gehörigem Stolz in der Republik präsentiert haben.. Nun werden Nachfolger gesucht.
Ein letztes Mal haben sich die Mitglieder der Leisniger Stiefelwacht um das Schuhwerk versammelt, das sie über mehr als 20 Jahre wie ihren Augapfel gehütet, mit gehörigem Stolz in der Republik präsentiert haben.. Nun werden Nachfolger gesucht. © Dietmar Thomas

Leisnig. Das hängt nicht nur mit der Schuhgröße 330 zusammen, die der Leisniger Riesenstiefel aufweist. Auch das Engagement der Leisniger Stiefelwacht ist kaum zu übertreffen. Mehr als 20 Jahre haben sich die Männer und Frauen um dieses relativ neue Wahrzeichen von Leisnig bemüht: es sozusagen gemeinsam mit der Stadtwache verteidigt, es von professioneller Hand pflegen lassen und mehr als 5 000 Kilometer durch Deutschland gefahren, um damit für Leisnig und die alte Handwerkskunst zu werben. Dass der Riesenstiefel nun wieder regelmäßig besichtigt werden kann, ist für die Ehrenamtlichen zum Abschied ein beruhigendes Gefühl.

Zum Altstadtfest haben der Vorstand des Heimatvereins, in dem die Stiefelwacht als Arbeitsgruppe integriert war, und auch Vertreter der Kommune Danke gesagt für die aufopferungsvolle Arbeit. Dieses Dankeschön hat Hauptmann a. D. Wolfgang Rosemann inzwischen zurückgegeben. Zu Beginn der Ratssitzung nach der Sommerpause verlas Bürgermeister Tobias Goth (CDU) einen Brief, in dem sich die Stiefelwächter bei allen Unterstützern bedanken. 

„Ohne Sponsoren aus dem Leisniger Handwerk und aus der Industrie wäre unsere Arbeit nicht möglich gewesen“, so Rosemann. Dabei erinnerte er an die maßgeschneiderte Schutzplane und die Lafette zum Transport, die nur durch Spendengeld angeschafft werden konnten.

 Ohne Plane und Lafette hätte der Riesenschuh nie so weit durchs Land gefahren werden können. Ohne Regenschutz hätte er mit Sicherheit Schaden genommen oder er wäre zum Drinbleiben verurteilt gewesen. „Es ist uns ein Herzenswunsch, allen Unterstützern Danke zu sagen“, so der Chef der ehemaligen Stiefelwacht.

Wie seine Mitstreiter sei er froh, dass der nach der Wende entfachte Stiefelstreit mit Döbeln beigelegt werden konnte. Die Nachbarstadt hatte, nachdem der Döbelner Riesenstiefel über Jahrzehnte im früheren Kreismuseum auf Burg Mildenstein gestanden hatte und von Leisniger Schuhmachern regelmäßig gepflegt worden war, Anspruch auf das Schuhwerk erhoben. 

Das Verständnis in Leisnig dafür war gering. Manche „Spitze“ ging von einer Seite zur anderen. Deshalb war den Schuhmachermeistern Gerhard Berthold und Rolf Neidhardt mit dem geheimgehaltenen Bau des noch größeren Leisniger Riesenstiefels zur 950-Jahr-Feier 1996 ein Coup gelungen, von dem bisweilen noch heute ehrfurchtsvoll und mit Schadenfreude gesprochen wird.

Doch anfangs war es gar nicht leicht, einen Platz für den überdimensionalen Stiefel zu finden. Inzwischen hat er seit Jahren ein Zuhause im neu geschaffenen Stiefelmuseum auf dem Burglehn gefunden. Auch dafür sei die Stiefelwacht dankbar, sagt Hauptmann a. D. Rosemann.

Obwohl er und seine Mitstreiter zum Altstadtfest offiziell in den Ruhestand und in die zweite Reihe getreten sind, sagen sie von dort aus in Zukunft ihre Unterstützung zu. Das trifft auf die 975-Jahr-Feier 2021 genauso zu wie auf die „Einarbeitung“ möglicher Nachfolger. Die Stiefelwacht hatte sich selbst bemüht, jüngere Mitstreiter zu finden. Gelungen ist es ihr nicht.

„Selbst wenn es nicht Aufgabe für uns als Kommune ist, sollten wir uns Gedanken machen, wie wir eine kleine Formation gewinnen können, die diese Tradition fortführt“, sagte der Bürgermeister. Dies sei zweifelsfrei schwierig, aber wichtig für das Image der Stadt.

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