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Die freundliche Aktiengesellschaft

Hunderte Görlitzer Mieter hatten jahrelang wechselnde, unerreichbare Vermieter. Mit der TAG hat sich das geändert.

Von Ingo Kramer
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Vermieterin Dörte Petschel, Kundenbetreuerin Sandra Dreßler und Immobilienmanagement-Leiterin Heike Baumgart (v.l.) von der TAG Wohnen stehen auf einem Balkon am Ostring in Görlitz-Königshufen.
Vermieterin Dörte Petschel, Kundenbetreuerin Sandra Dreßler und Immobilienmanagement-Leiterin Heike Baumgart (v.l.) von der TAG Wohnen stehen auf einem Balkon am Ostring in Görlitz-Königshufen. © Nikolai Schmidt

Eine hölzerne Wendeltreppe in einer Königshufener Neubauwohnung? „Ja, die gibt es tatsächlich“, sagt Heike Baumgart, die Immobilienmanagement-Leiterin der TAG Wohnen. Sogar drei solcher Treppen, denn ihr Unternehmen hat in den oberen Etagen dreier Häuser am Ostring je zwei Wohnungen zu Sechsraum-Maisonette-Wohnungen zusammengefasst. Mit je zwei Bädern und zwei Balkonen.

Die TAG hat die oberen beiden Wohnungen am Ostring mit einer Treppe zu einer großen Sechsraum-Maisonette-Wohnung verbunden.
Die TAG hat die oberen beiden Wohnungen am Ostring mit einer Treppe zu einer großen Sechsraum-Maisonette-Wohnung verbunden. © Nikolai Schmidt

Und sie hat auch Mieter gefunden. „In den ersten beiden leben Familien mit drei bis vier Kindern, in die dritte zieht Anfang September eine Studenten-WG“, sagt sie. Falls mal wieder in einem TAG-Gebäude zwei passende Wohnungen in den oberen Etagen gleichzeitig leer stehen, würde sie diese erneut zusammenlegen, denn die Nachfrage ist da. Momentan stehen aber keine passenden Wohnungen leer.

Mit insgesamt 719 Wohnungen gehört die TAG Wohnen zu den Görlitzer Großvermietern. Im Gegensatz zu Kommwohnen, der WGG und der GWG aber ist sie kein regionales Unternehmen. Die Mutterfirma TAG Immobilien ist eine Aktiengesellschaft mit Hauptsitz in Hamburg. Sie bewirtschaftet über 84.000 Wohnungen und beschäftigt 993 Mitarbeiter. 2018 erreichte sie einen Umsatz von 302 Millionen Euro aus Mieteinnahmen. Eigentümer der Görlitzer Immobilien sind unterschiedliche Gesellschaften unter dem Dach der TAG. Die TAG Wohnen ist der Verwalter – und der Ansprechpartner für die Mieter.

Kein kleiner Vermieter

Die TAG ist also wahrlich kein kleiner Vermieter. Von Unternehmen dieser Größe dürften viele Mieter in Königshufen und Weinhübel noch vor wenigen Jahren die Nase voll gehabt haben. Thesaurus, Berlinovo und wie sie alle hießen: Bisweilen sollen Mieter gar nicht mehr gewusst haben, wer ihr aktueller Vermieter ist, so oft wurden die Häuser verkauft. Kundenbüros vor Ort oder anderweitig erreichbare Ansprechpartner waren oft Fehlanzeige. Auch für Presseanfragen waren solche Unternehmen kaum bis gar nicht erreichbar.

Für viele Mieter überraschend, änderte sich alles, als die TAG kam. Im Jahr 2008 tauchte sie erstmals in Görlitz auf, weil die Ankaufsabteilung in Berlin auf die Stadt gestoßen war. Die TAG erwarb ein Paket mit 112 Wohnungen, vornehmlich in der Innenstadt. 2012 kaufte sie weitere 74 Wohnungen in Weinhübel von der TLG Wohnen. Zum echten Großvermieter aber wurde sie 2015 mit 533 Wohnungen in Königshufen: Am Ostring, Feierabendheim, Wiesengrund und in der Lausitzer Straße. Die gehörten alle mal der Berlinovo und fanden über einen weiteren Zwischenkäufer ihren Weg zur TAG.

Mieterbüro am Demianiplatz

„Damit waren wir groß genug, um in Görlitz ein Mieterbüro zu eröffnen“, sagt Heike Baumgart, die seit 2012 bei der TAG ist. Im Büro am Demianiplatz fanden zwei Frauen aus Dresden eine Arbeit. Beide pendeln seither mehrmals pro Woche nach Görlitz. Dörte Petschel, ebenfalls seit 2012 bei der TAG, kümmert sich als Vermieterin darum, leere Wohnungen zu füllen. Ihre Kollegin Sandra Dreßler, seit 2014 bei der TAG, ist als Kundenbetreuerin die Ansprechpartnerin für alle Mieter ab dem Zeitpunkt der Schlüsselübergabe. Beide sind längst ein eingespieltes Team – ein Dreamteam, wie es Sandra Dreßler nennt.

Und die Mieter sind offenbar zufrieden. Die beiden Frauen merken das zum Beispiel, wenn alt gewordene Mieter, die die Treppen in den vierten Stock nicht mehr schaffen, unbedingt bei der TAG bleiben wollen – und sich nur dort nach einer passenden Parterre-Wohnung umhören. Doch auch bei der SZ fällt es auf: Während Mieter anderer Unternehmen sich ab und an mal bei der SZ über ihre Vermieter beschweren, sind von den TAG-Mietern kaum Klagen zu vernehmen. Noch nicht einmal darüber, dass das Gras im Sommer zu oft gemäht wird und deshalb alles verdorrt. Heike Baumgart verwundert Letzteres nicht: „Wir mähen nach Bedarf, haben mit unseren Firmen keine Verträge, dass sie eine bestimmte Anzahl von Mähgängen pro Jahr erbringen müssen.“ Gepflegt aussehen soll es, das ist ihr wichtig. Und für gefällte Bäume pflanzt die TAG Ersatz, sagt sie.

Leerstand deutlich abgebaut

Als das Unternehmen vor fünf Jahren die 533 Wohnungen in Königshufen übernahm, waren sie grundsaniert – und der Leerstand lag bei 13,5 Prozent. „Seither ist er kontinuierlich zurückgegangen, aktuell sind wir bei vier Prozent“, sagt sie. Im September werden es dank Neuvermietungen wie der dritten Sechsraum-Wohnung am Ostring nur noch 3,5 Prozent sein. Auch über alle Görlitzer Stadtteile zusammen sind es aktuell gerade mal vier Prozent. Davon können andere Vermieter nur träumen, Kommwohnen etwa hat in Görlitz 30 Prozent Leerstand. Das liegt aber vor allem an den vielen unsanierten Häusern.

Die TAG hat in Görlitz nur ein schwieriges Haus: In der Luisenstraße 3 ist nur eine von vier Wohnungen vermietet. „Dieses Haus verkaufen wir jetzt“, sagt Heike Baumgart. Es sei ohnehin zu klein, passe nicht ins Portfolio der TAG, die ihren Schwerpunkt bei den großen Beständen sieht. Am Stadtumbau – sprich: Abriss – hat sich die TAG nie beteiligt, auch nicht mit dem Abriss der oberen Etagen, der bei Kommwohnen und WGG in Königshufen über Jahre Normalität war. „Wir hatten auch in den oberen Etagen nie so große Leerstände, dass ein Abriss nötig gewesen wäre“, sagt Heike Baumgart.

4,3 Millionen Euro investiert

Stattdessen hat die TAG seit 2015 rund 4,3 Millionen Euro in Görlitz investiert: Für Instandhaltung, Instandsetzung von Wohnungen und Großmaßnahmen wie Hof-, Dach- und Heizungssanierungen. Gebaut wird vor allem dann, wenn eine Wohnung leer ist und neu vermietet werden soll. Manchmal aber auch im bewohnten Zustand, etwa dann, wenn ältere Mieter statt ihrer Wanne eine Dusche eingebaut haben wollen oder dergleichen. Wie andere Vermieter auch, tut die TAG viel für ihre Senioren, stellt bei Bedarf auch Rollatorenboxen vor den Häusern auf. Die Investitionen sind sicher der Hauptgrund, warum der Leerstand so stark zurückgegangen ist.

Nebenbei engagiert sich die TAG in Görlitz auch sozial – und zwar beim Kinderschutzbund in Königshufen, der von der TAG jedes Jahr eine kleine Spende sowie personelle Unterstützung bei Kinderfesten erhält. Aufgrund der räumlichen Nähe passt das gut, sagt Heike Baumgart. Und: „Der Kinderschutzbund hat tolle Projekte, die wir unseren Mietern weiterempfehlen können.“ Auch den kinderreichen Familien in den neuen Sechsraum-Wohnungen.

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