Die Szene ist Stephan Heimann noch sehr präsent. Am Bahnhof Bertsdorf musste er in seiner Hauptmann-Uniform, überheblich blickend in den Zug einsteigen und sich ins Abteil setzen. Hinter ihm kam Tobias Moretti herein. Am Abend vor dem Dreh sah Stephan Heimann den österreichischen Schauspieler noch auf der Mattscheibe, in der Filmbiografie "Jud Süß" spielte Moretti Ferdinand Marian, einen im Dritten Reich bekannten Schauspieler. "Und dann steht Tobias Moretti am nächsten Tag live vor mir", erinnert sich Stephan Heimann an die Dreharbeiten.
Die liegen inzwischen dreieinhalb Jahre zurück. Im Sommer 2016 war die Crew um Regisseur Terrence Malick eine Woche in Zittau, um hier Szenen für "Radegund" zu drehen. Der Film trägt mittlerweile den Titel "Ein verborgenes Leben" und kommt am Donnerstag in die deutschen Kinos. Das lange Warten auf den Kinostart hat für Statisten wie Stephan Heimann endlich ein Ende. Allerdings ist der Film zum Bundesstart noch nicht in der Region zu sehen. Laut Co-Produzent Marcus Loges läuft er ab Donnerstag erst mal nur in den Dresdner Kinos "Schauburg" und "Programmkino Ost". Geplant sei auch, ihn in Görlitz zu zeigen, aber bisher gebe es für das dortige Kino noch einen fixen Termin.
Dabei sind wichtige Szenen in Zittau und im Zittauer Gebirge entstanden. So beispielsweise die Gefängnisszenen. Im Trailer zum Film sind diese kurz angerissen. Die Zittauer werden ihr Gefängnis, das nicht zum ersten Mal als Filmkulisse diente, sofort erkennen. "Es sind wichtige Szenen", erklärt Loges. In einer wird die Hauptfigur Franz Jägerstätter, dargestellt von August Diehl, ins Gefängnis gebracht. Im Film befindet sich der Knast natürlich nicht in Zittau. Jägerstätter kam zuerst nach Linz ins Wehrmachtsuntersuchungsgefängnis und wurde dann nach Berlin-Tegel verlegt. Im Zuchthaus Brandenburg ist er im August 1943 hingerichtet worden.
Beim Dreh im Zittauer Gefängnis war Stephan Heimann nicht dabei. Er stand an der Zittauer Johanniskirche und am alten Finanzamt vor der Kamera. Auch in dieser Szene spielte der Jonsdorfer einen Hauptmann. "Ich sollte zwischen den Schauspielern und der Kamera durchlaufen", berichtet er. Dreimal hatte ihm Regisseur Terrence Malick erklärt, wie er laufen soll - allerdings auf Englisch. Wirklich gut verstanden hatte Stephan Heimann die Anweisung deshalb auch nicht - und wich den Darstellern jedes Mal aus, um sie nicht umzurennen. "Es gab dann eine kleine Pause und Malick kam zu mir und sagte mir auf Deutsch 'Stephan, ignoriere die Schauspieler, gehe einfach geradeaus durch'", erzählt er. Er sei von der unerwarteten direkten Ansprache auf Deutsch so überrascht gewesen, dass er einfach losgestiefelt sei und die Szene war danach im Kasten.
Regisseur Terrence Malick ist außerordentlich öffentlichkeits- und pressescheu. Es gibt nur sehr wenige Fotos von ihm, sein letztes Interview gab er 1975. Auch bei der Weltpremiere von "Ein verborgenes Leben" im Mai 2019 bei den Internationalen Filmfestspielen von Cannes lief er nicht über den roten Teppich. Er überließ das den beiden Hauptdarstellern August Diehl und Valerie Pachner. Stephan Heimann hat Malick als ruhigen Menschen und keinesfalls als unnahbar erlebt.
Die Szene an der Zittauer Johanniskirche spielt im Film in Salzburg, wie Marcus Loges erklärt. Mit dabei war auch Ulrich Matthes, Star des Deutschen Theaters Berlin. Er ist der Schwiegervater von Franz Jägerstätter, geht in besagter Szene mit seiner Tochter zu den Behörden, um zu klären, was sie gegen Franz' Inhaftierung unternehmen können.
Insgesamt zwei Tage hat Stephan Heimann für Malicks Film vor der Kamera gestanden. Schon allein die Kostümprobe war etwas Besonderes. Die Statisten sind dafür nach Berlin gefahren worden. Ursprünglich war der Jonsdorfer für die Rolle eines Reisenden vorgesehen. Als er aber in Unterwäsche in der Garderobe stand, musterten ihn die Kostümbildnerinnen und fanden, dass ihm auch eine Uniform sehr gut passen würde. So wurde Stephan Heimann kurzerhand Offizier.
Einem Kollegen von ihm ging es ähnlich. Er sollte einen Soldaten spielen, doch es fand sich kein passendes Kostüm. Damit er nicht umsonst nach Berlin gekommen war, wurde aus ihm stattdessen ein Reisender gemacht.
Sollte der Film "Ein verborgenes Leben" nicht in der Region gezeigt werden, kann sich Stephan Heimann auch vorstellen, nach Dresden zu fahren.