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Therapie vorm Computer

Felix aus Radebeul muss regelmäßig Sprechübungen machen. In Zeiten der Corona-Pandemie trifft er seine Logopädin per Videokonferenz.

Von Nina Schirmer
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Logopädin Katja Körner und ihr Patient Felix sehen sich jetzt einmal in der Woche über den Computer und machen gemeinsam Übungen.
Logopädin Katja Körner und ihr Patient Felix sehen sich jetzt einmal in der Woche über den Computer und machen gemeinsam Übungen. © Arvid Müller

Radebeul. Felix zap, ruft Katja Körner. Schnell zieht der Junge die Zunge ein, schließt die Lippen und die Logopädin ist zufrieden. Zap, das steht für "Zunge am Platz" und soll den Siebenjährigen daran erinnern, die Zunge nicht unbewusst aus dem Mund zu strecken oder von innen gegen die Lippen zu drücken. Das passiert ihm oft, wenn er sich auf etwas konzentriert. Katja Körner hat einen genauen Blick dafür und das, obwohl ihr junger Patient nicht gegenüber am Tisch sitzt. Die beiden sind per Videoschalte verbunden.

In Zeiten der Corona-Pandemie mussten sich  die Mitarbeiter im  Radebeuler Diagnostik- und Beratungszentrum (DBZ) der Volkssolidarität Elbtalkreis-Meißen etwas einfallen lassen, wie sie Therapien weiterhin auch für die Patienten anbieten können, die nicht in die Einrichtung auf der Serkowitzer Straße kommen wollen. Zwar dürfen Therapien, für die es ein Rezept vom Arzt gibt, weiterhin stattfinden. Aber nicht jeder möchte zurzeit einen persönlichen Kontakt. Deshalb bietet das DBZ jetzt auch Teletherapie an.

Gelerntes nicht wieder verlernen

Für Felix steht bei der Videokonferenz eine Übung zur Kräftigung der Muskulatur im Gesicht an. Mit einem Strohalm muss er zu Hause am Schreibtisch kleine Papierschnipsel ansaugen und so in eine Tasse befördern. Logopädin Katja Körner macht die gleiche Aufgabe im Therapieraum mit, die beiden sehen sich über den Monitor. Danach geht es ans Reimen. 

Die Logopädin hält eine Bilderkarte in die Kamera und der Siebenjährige muss ein Wort finden, das sich auf das Abgebildete reimt. Maus auf Haus, Flasche auf Tasche, Hase auf Nase. Katja Körner achtet genau darauf, dass Felix die S-Laute richtig ausspricht und nicht lispelt. 

Seit gut zwei Jahren ist der Junge bei ihr in Therapie. Gebe es jetzt wegen der Corona-Pandemie eine längere Pause, würde er wahrscheinlich wichtige Dinge, die er schon konnte, wieder verlernen. "Gerade bei den Kindern würde man wieder bei null anfangen", sagt Katja Körner.

Zwischendurch muss sie Felix immer mal wieder an das Zap erinnern, wenn die Zunge dorthin wandert, wo sie nicht hin soll. Davon abgesehen, dass eine heraushängende Zunge nicht gerade schön aussieht, ist das unbewusste Verhalten auch nicht gesund. Dadurch trocknet der Mund schneller aus und man atmet mehr Keime ein, die sonst bei der Nasenatmung besser herausgefiltert werden, erklärt die Logopädin.

Patienten mit Schmerzen müssen kommen

"Bevor die Therapie ausfällt, ist die Variante am Computer eine tolle Alternative", sagt DBZ-Leiterin Manuela Jürß. Inzwischen entschieden sich immer mehr Patienten für die Teletherapie. Für die Einrichtung, die auf die Einnahmen angewiesen ist, geht es dabei auch ums wirtschaftliche Überleben. Bisher musste die Leiterin aber noch keinen Mitarbeiter in Kurzarbeit schicken. "Dafür bin ich sehr dankbar", sagt sie. 

Was bei der Logopädie noch vergleichsweise gut geht, klappt aber nicht überall. Physiotherapie über den Computer ist kaum möglich. "Wir haben Schmerzpatienten mit einem hohen Leidensdruck. Die müssen natürlich zur Therapie kommen", sagt Manuela Jürß. Dafür gelten  auch im DBZ jetzt noch strengere Hygienevorschriften. Wer möchte und vorher Bescheid sagt, muss im Haus überhaupt niemanden begegnen, abgesehen vom eigenen Therapeuten. Die Flure werden dann für den Moment komplett frei gehalten. 

Ein Stück weit Normalität

Für Kinder hat die Teletherapie auch einen positiven Effekt. Sie lernen, dass der Computer nicht nur zum Spielen gut ist, sondern auch für wirklich wichtige Dinge genutzt werden kann, sagt die DBZ-Leiterin. Aber auch einige ältere Menschen haben sich nicht gescheut, die Videokonferenzen auszuprobieren. 

Gerade für Leute, die jetzt nicht aus dem Haus kommen, sind die Therapien  ein Stück weit Normalität, die ihnen auch eine Struktur geben. "Uns ist bewusst geworden, dass sich aus jeder Krise auch etwas Neues entwickelt", sagt Manuela Jürß. Sie würde sich wünschen, dass das Angebot für die Patienten, die möchten, auch nach der Corona-Krise angeboten werden darf.

Für Felix endet seine Logopädiestunde nach gut 45 Minuten mit einem geklatschten Abschiedsspruch. "Du hast das richtig toll gemacht", lobt ihn Katja Körner. In einer Woche sehen sie sich am Computer wieder.

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