Roßwein. Wer die Villa Bauch an der Gersdorfer Straße in Roßwein betreten darf, tritt eine Zeitreise an. Die beginnt 1906, als der Roßweiner Teppich-Fabrikant Oskar Bauch für sich und seine Frau einen für damalige wie heutige Verhältnisse schicken Familiensitz bauen lässt. Die Inneneinrichtung ist geschmackvoll und zweckmäßig – perfekter Drehort für einen Film aus damaliger Zeit.
Wer die schwungvolle Außentreppe hinter sich gelassen hat, kommt in eine große Garderobe, die damals schon mit Einbauschränken versehen war. Danach geht es in eine Art Saal mit Holzsitzecke, blauem Kachelofen, Bleiglasfenstern, Holzvertäfelung und einer nach oben führenden Holztreppe.
Der schließt sich eine Empore an, die zu jeden Raum in dieser Etage führt. Dort hatte wohl jedes der drei Mädchen der Familie Bauch ein eigenes Zimmer und die Bauchs selbst ein großes Schlafzimmer. „Das Ehebett stammt wie vieles andere Mobiliar noch aus der Zeit des Einzugs 1907“, erzählt Lukas Lomtscher.
Der 30-jährige Marbacher, der mit Zehn nach Leipzig zum Thomanerchor gegangen ist, hat einen Teil seiner Kindheit in dieser Villa verbracht. „Meine Eltern waren mit Luise Bauch, der letzten Bewohnerin aus der Bauch-Dynastie, befreundet“, erklärt er. Auch zu den heutigen Eigentümern, der Nichte Luise Bauchs, haben die Lomtschers noch regelmäßig Kontakt.
Die Besitzer nächtigen hin und wieder in der Villa, wenn sie in Sachsen sind. So kommt es nicht von ungefähr, dass das Haus nicht nur bewohnt aussieht, sondern es auch zeitweise noch ist. Eine nette Familie hält den Garten in Schuss und gießt die Blumen. So möchte der Besucher meinen, dass jeden Moment jemand zurückkommt, der sich an den Schreibtisch des Fabrikanten setzt oder in der kleinen Küche die Kurbel der noch am Tisch befestigten Brotschneidemaschine bedient.
Regelmäßig werden seit dem Tod von Luise Bauch vor mehr als zehn Jahren einige Räume der Villa von einem Mediziner genutzt, der dort Sprechstunden hält und wohnt. Ansonsten stehen ein Großteil des Hauses und das Nebengelass leer. „Schade“, findet Lukas Lomtscher schon seit langem. Daher hat er sich Gedanken gemacht und erste Pläne von einem Büro zu Papier bringen lassen.
Ihm schwebt vor, in dem Haus eine Musikakademie für kleine Ensembles wie Kammerorchester oder Streichquartett einzurichten. „Die oberen Räume bieten sich als Probenzimmer regelrecht an“, sagt er. Unten wäre Platz für kleine Konzerte, Liederabende, aber auch Weiterbildungen von Firmen“, erzählt Lomtscher.
Das Hauptaugenmerk soll auf der Musik liegen, anderes aber möglichst wenig einschränken. Am Rande des Grundstückes soll eine Art Bettenhaus entstehen. Denn die Musiker und Nutzer blieben meist für mehrere Tage.
„Der Standort hier ist ideal“, schwärmt der 30-Jährige nahezu: idyllisch am Wald, aber doch zentral gelegen in Sachsen und zu anderen möglichen Auftrittsorten wie den Burgen oder Klöstern. Mit der Nutzung sei auch eine Gastronomie verbunden, die gewiss klein beginnt, gern aber wachsen kann.
Große Unterstützung bekommt Lukas Lomtscher für das Projekt zunächst von Mitgliedern des Vokalensembles Nobiles, das für den 25. Juli, 18.30 Uhr, zu einem Benefizkonert in die Villa Bauch einlädt. Danach soll es Gespräche mit Stadträten und Vereinsvertretern geben. Weitere Schritte sind, einen Betreiber zu finden, die Finanzierung zu klären.
„Wir wissen, es wird ein paar Jahre dauern“, so Lukas Lomtscher. Nach ersten Schätzungen belaufen sich die Kosten für Umbau und Bettenhausneubau auf rund drei Millionen Euro.