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Tierquälerei im Circus Voyage?

Derzeit gastiert der Zirkus mit vielen Exoten in Bautzen. Tierschützer kritisieren deren Haltungsbedingungen.

Von Franziska Springer
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Kritische Fragen nach den Haltungsbedingungen ihrer Tiere ist Vanessa Spindler vom Circus Voyage gewöhnt. Noch bis Sonntag gastiert der Zirkus auf dem Schützenplatz in Bautzen.
Kritische Fragen nach den Haltungsbedingungen ihrer Tiere ist Vanessa Spindler vom Circus Voyage gewöhnt. Noch bis Sonntag gastiert der Zirkus auf dem Schützenplatz in Bautzen. © SZ/Uwe Soeder

Bautzen. Die Botschaft klingt alarmierend: Die Tierrechtsorganisation Peta wirft dem Circus Voyage, der derzeit in Bautzen gastiert, Mängel in der Tierhaltung vor. Von mit Narben übersäten Giraffen ist die Rede, von einem Nilpferd, das in einem kleinen Wassertank ein trauriges Dasein fristet.

„Stimmungsmache gegen den Zirkus“ nennt das Dieter Seeger. Er ist Tierschutzbeauftragter und Vorsitzender des Verbandes deutscher Circusunternehmen. Die Vorwürfe der Tierrechtler kennt er gut: „Was Peta dem Voyage unterstellt, ist aus der Luft gegriffen“, sagt er. Beispielsweise gäbe es in deutschen Zirkussen kaum noch Wildtiere. „Stattdessen leben dort“, stellt er klar, „Tiere wildlebender Arten“. Der Unterschied sei, dass diese in Obhut von Menschen gezüchtet und aufgewachsen seien. „Sie hätten in freier Wildbahn keinerlei Überlebenschance“, erklärt er.

Veterinäramt kontrolliert unangekündigt

Auf dem Bautzener Schützenplatz, wo die Zirkusmitarbeiter am verregneten Mittwoch noch mit letzten Aufbauarbeiten beschäftigt sind, schert sich Nilpferdmännchen Jedi herzlich wenig um den Trubel um seine Person. Selbst als Vanessa Spindler, seit vier Jahren Artistin im Familienbetrieb, den 35 Jahre alten Kollos mit Futter aus seinem 140.000 Liter fassenden Wasserbecken zu locken versucht, öffnet das Hippo nur träge sein Maul. Es möchte gefüttert werden. „Jedi ist furchtbar faul“, sagt Vanessa Spindler lachend. „Auch in der Show präsentiert er höchstens sich selbst, tritt in die Manege, lässt sich füttern und geht wieder.“ Zwingen würde man ihn dazu nie. „Wenn er keine Lust hat, machen wir eine entsprechende Durchsage.“ Auf die Frage nach den vernarbten Giraffenbeinen hat sie eine klare Antwort: „Welcher Mensch hat keine Narbe?“, fragt sie. Natürlich komme es vor, dass die Tiere sich verletzen, wenn sie sich an Bäumen schubbern. Das sei normal, zumal es sich um kleine Verletzungen, nicht meterlange Wunden handle.

Bereitwillig steht die 23-jährige, die in die Familie von Zirkusdirektor Alois Spindler eingeheiratet hat, Rede und Antwort und gibt zu: „Es ist immer kostenintensiv, wenn die Auflagen zur Tierhaltung verschärft werden. Aber unser Chef hängt so an den Tieren, dass er die Bestimmungen oft sogar übererfüllt.“ 

Eine andere Wahl haben die  zwölf Spindlers, die über 80 Tiere mit höchstens fünf Mitarbeitern versorgen, auch gar nicht: „Ein Zirkus wie der Voyage, der in bis zu 40 Städten pro Jahr gastiert, wird mindestens 35-mal unangekündigt durch die Veterinärämter kontrolliert“, sagt Verbandsvorstand Dieter Seeger. Jeder Verstoß gegen Auflagen wird in das Tierbestandsbuch eingetragen und sei für nachfolgende Tierärzte ersichtlich. „Den Circus Voyage gibt es seit 21 Jahren. Wenn man in so einem Unternehmen gegen die strengen Vorschriften verstößt, sperren die Ämter ziemlich schnell den Laden zu.“

Der Circus Voyage hält auch Giraffen.
Der Circus Voyage hält auch Giraffen. © SZ/Uwe Soeder

Keine Verstöße festgestellt

Auch Frances Lein vom Landratsamt Bautzen bestätigt die strengen Kontrollen durch hiesige Behörden: „Der Circus Voyage gastierte letztes Wochenende in Görlitz und wurde dort einer amtstierärztlichen Kontrolle unterzogen. Nach Aussagen der zuständigen Kollegin wurden keine Verstöße festgestellt und der Zirkus ist in Besitz einer gültigen Genehmigung nach Paragraf elf Tierschutzgesetz.“

Die strengen Kontrollen findet Vanessa Spindler „absolut richtig“. Die wiederkehrenden Vorwürfe der Tierschützer, gibt sie zu, „nagen schon irgendwann an einem.“ Immer wieder komme es vor, erzählt sie, dass Plakate zerstört oder beschmiert würden. Im letzten Jahr hätten Tierschützer das Kassenhäuschen am Eingang des Zirkusses mit Farbbeuteln beschmissen. „Was hat das“, fragt sie „noch mit Tierschutz zu tun?“ Jede dieser Aktionen koste den Zirkus schließlich Geld, das den Tieren nicht mehr zugutekommen könne.

Dem Laien rät Dieter Seeger, auf den Pflege- und Ernährungszustand der Tiere zu achten und aus einer Momentaufnahme keine falschen Schlüsse zu ziehen. „Wem das Verhalten eines Tieres seltsam vorkommt, der sollte einfach einen Zirkusmitarbeiter fragen“, rät er.

Auch Elefanten sind in der Manege zu erleben. 
Auch Elefanten sind in der Manege zu erleben.  © SZ/Uwe Soeder