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Trübe Aussicht für die Fahrradstation

Der Klosterhof 3 soll abgerissen werden. Mieter Frank Salzmann ist sauer – vor allem, weil ihn die Stadt vorher im Unklaren ließ.

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© Daniel Förster

Von Thomas Möckel

Pirna. Frank Salzmann steht in seinem Geschäft im Haus Klosterhof 3 in Pirna, es ist ein altehrwürdiges Gemäuer, gegenüber liegen Stadtmuseum und Klosterkirche. Seit fünf Jahren hat er sich hier auf recht großer Fläche mit seiner Fahrradstation ein Geschäft aufgebaut, er verkauft, verleiht und repariert Fahrräder. Und er betreibt, ziemlich einzigartig im weiten Umkreis, ein Fahrradparkhaus, es ist stark nachgefragt und frequentiert. Doch seit dieser Woche ist das alles in Gefahr geraten. „Meine Existenz“, sagt Salzmann, „ist bedroht.“ Das Haus, in dem die Fahrradstation logiert, soll weg, der Stadtrat hat am Dienstag beschlossen, dass es irgendwann abgerissen wird. Es kollidiert mit einem geplanten Flutschutz in diesem Bereich. Er habe, sagt Salzmann, leider keine andere Entscheidung erwartet. Ob er es hätte verhindern können, bezweifelt er, darum geht es ihm auch nicht in erster Linie. Er hätte nur gern eher davon gewusst.

Das Haus Klosterhof 3 soll in einigen Jahren abgerissen werden. Derzeit beherbergt es die Fahrradstation und ein Künstleratelier, der Rest steht leer.
Das Haus Klosterhof 3 soll in einigen Jahren abgerissen werden. Derzeit beherbergt es die Fahrradstation und ein Künstleratelier, der Rest steht leer. © SZ/Thomas Möckel

Stattdessen erfuhr er erst wenige Tage vorher aus der Zeitung, dass der Stadtrat über einen möglichen Abriss des Hauses debattiert. Salzmann ist darüber mächtig sauer, zumal die Stadt sein Vermieter ist. Pirna hatte die Fahrradstation 2012 selbst initiiert, Salzmann als Mieter gewonnen und sich dann bei der Eröffnung selbst gefeiert, Bilder und Zeitungsausschnitte von damals zeugen im Fahrradgeschäft noch heute davon. Angesichts dessen hätte sich Salzmann gewünscht, dass einfach mal jemand mit ihm redet. Doch im Vorfeld mochte es niemand tun.

Laut Bürgermeister Eckhard Lang habe man erst den Beschluss im Rat abwarten wollen, man hätte ja nicht darüber reden können, wenn es noch keine Entscheidung zu diesem Thema gibt. „Diese Art und Weise“, sagt Salzmann, „hat mich schon ganz schön enttäuscht.“ Und nicht nur das. Salzmann kann auch den nun tatsächlich beschlossenen Abriss nicht so ganz nachvollziehen. Er selbst habe stets alle möglichen Auflagen erfüllen müssen, doch wenn nun das gesamte Gebäude verschwinden soll, sei man offenbar nicht mehr so kleinlich beim Denkmalschutz.

Der Landestalsperrenverwaltung (LTV), die das Projekt einer Flutmauer für Pirna forciert, erscheint allerdings der Abriss als praktikabelste Lösung. Um Pirnas Altstadt künftig besser vor Elbe-Hochwasser zu schützen, will die LTV von der Schifftorvorstadt bis zur Kurve an der Grohmannstraße eine massive Flutschutzwand parallel zum Bahndamm errichten. Doch genau in dem Knick zwischen Klosterhof und altem Bahnhof käme es zu einem Engpass. Bliebe das Haus Klosterstraße stehen, würde die Mauer die Grohmannstraße einengen, Lkws könnten dann wohl nicht mehr auf der Route fahren.

Zeitrahmen völlig unklar

Die LTV ließ mehrere Varianten untersuchen, um den besten Kompromiss zwischen Flutschutz und Straßenbreite zu finden. Die Lösung: Das Haus Klosterhof müsste mindestens zu zwei Dritteln weichen, was allerdings einem Komplettabriss gleichkommt – denn ein Hausfragment will Pirna an dieser Stelle nicht stehen lassen. Der Denkmalschutz hat schon grünes Licht gegeben, weil das Haus längst nicht mehr im Originalzustand erhalten sei.

Einige Stadträte zweifelten anfangs allerdings an dem Vorhaben. Er könne sich, sagt der fraktionslose Abgeordnete Tim Lochner, den Klosterhof gar nicht ohne das große Haus vorstellen. Und SPD-Fraktionschef Ralf Wätzig erkundigte sich zunächst, auf welchem Weg die Stadt bei der LTV einen Ersatz für das Gebäude einfordern könne. Doch am Ende entschieden die Räte mehrheitlich zugunsten eines verbesserten Hochwasserschutzes. Diesen sei man, sagt CDU-Fraktionschef Frank Ludwig, schließlich den Händlern und Einwohnern der Altstadt schuldig.

Laut Steffen Möhrs, Fachgruppenleiter Stadtentwicklung im Rathaus, habe die zeitige Entscheidung einen entscheidenden Vorteil. Pirna befindet sich zurzeit noch in einer freiwilligen Vorabstimmungsphase und kann als Eigentümer des Hauses Ersatz für den Abriss fordern – im Fall Klosterhof 3 in Form eines kleineren Ersatzneubaus, in den später das Stadtmuseum erweitert werde. Ließe es Pirna hingegen erst auf ein formelles Planfeststellungsverfahren ankommen, könnte die Stadt in dessen Zuge auch ersatzlos enteignet werden.

Unterdessen ist die Zeitschiene für Abriss und Flutschutzwand noch völlig unklar. Laut der LTV beginne man ehestens 2020 mit den Bauvorbereitungen, nach Informationen der Stadt soll die Mauer nicht vor 2022 errichtet werden.

Doch selbst der lange Zeitraum ist für Salzmann problematisch. Er geht jetzt zunächst davon aus, dass er mindestens noch drei Jahre im Klosterhof bleiben kann. „Dennoch kann ich mittel- und langfristig nicht mehr planen“, sagt er. Hinzu kommt die Sorge, dass sich ein adäquates Ausweichquartier mit vergleichbarer Lage und Größe wohl nur schwierig finden lässt. Eckhard Lang hat unterdessen zugesichert, dass die Fahrradstation auch im Interesse der Stadt sei und erhalten bleiben soll. Er versprach dem Inhaber Hilfe bei der Suche nach einem Ersatzquartier. „Dann hoffe ich mal, dass es weitergeht“, sagt Salzmann, „und sich die Stadt an ihr Versprechen hält.“