Hoyerswerda. Vor der Hoyerswerdaer Oberbürgermeisterwahl im September macht sich so Mancher langsam darüber Gedanken, welche Qualifikation ein erster Mann oder eine erste Frau im Rathaus so mitbringen müssten. Für den studierten Staatswissenschaftler Ehrenfried Poremba aus Klein Neida steht fest: „In dieser Stadt muss es doch gelingen, einen kompetenten, von vielen Einwohnern getragen Kandidaten zu finden.“ Und aus seiner Sicht kommt da nur jemand mit Verwaltungs-Erfahrung oder -Ausbildung infrage. Dass das nach aktueller Rechtslage nicht erforderlich ist, findet Ehrenfried Poremba alles andere als gut. Er führt ebenfalls an, dass eine solche Qualifikation für die Bürgermeisterstelle ja schließlich erforderlich ist.
Grundsätzlich ist Oberbürgermeister eine Amtsbezeichnung, die es laut Sächsischer Gemeindeordnung nur in Kreisfreien Städten und Großen Kreisstädten gibt. Den zweiten Status hat aktuell auch Hoyerswerda. Formaljuristisch handelt es sich aber einfach um einen Bürgermeister. Das Amt bringt zwei Funktionen mit sich. Bürgermeister sind erstens Vorsitzende des Gemeinde- oder Stadtrates und zweitens Leiter der Gemeinde- oder Stadtverwaltung. Der Hoyerswerdaer Bürgermeister dagegen, also derzeit Mirko Pink, ist laut Gesetzestext ein Beigeordneter. Und für ihn sind die Regeln in der Tat strenger. Beigeordnete, heißt es in § 56 der Gemeindeordnung, müssten über „die für das Amt erforderlichen fachlichen Voraussetzungen“ verfügen. Was das genau bedeutet, ist allerdings nach Auskunft des Sächsischen Innenministeriums nicht geregelt. „Von Vorteil ist aber sicher, wenn der für das Amt des Beigeordneten kandidierende Bewerber über eine für den zu übernehmenden Geschäftsbereich geeignete Vorbildung verfügt“, erklärt Ministeriums-Referent Mario Stenzel.
Ausnahme: Wenn der Beigeordnete auch Fachbediensteter für das Finanzwesen sein soll, müsse er speziell ausgebildet sein, zum Beispiel einen wirtschafts- oder finanzwissenschaftlichen Abschluss haben. In Hoyerswerda untersteht die Finanzverwaltung aktuell Oberbürgermeister Stefan Skora, der ja von 2001 bis 2006 als Bürgermeister Beigeordneter für Finanzen, Ordnung und Bauwesen war. Zumindest über Verwaltungserfahrung verfügte auch Skoras Vorgänger Horst Dieter Brähmig. Er war seit 1969 in der Verwaltung tätig und leitete zuletzt das Straßenverkehrsamt des Landkreises Hoyerswerda.
Die Sächsische Gemeindeordnung hält freilich für (Ober)bürgermeister nur fest, dass sie hauptamtliche Beamte auf Zeit sind. Nötig ist dafür lediglich ein Wahlsieg. Und der Umstand, dass sonst keine bestimmte fachliche Qualifikation verlangt wird, hat laut Mario Stenzel vom Innenministerium in Dresden auch seinen Grund. Das für Beamte geltende Leistungsprinzip werde hier vom Demokratieprinzip gleichsam zurückgedrängt: „Der Sächsische Verfassungsgerichtshof spricht davon, dass die Bestimmung [..] für den Bürgermeister als direkt vom Volk gewählten Beamten nicht gilt.“ Denn ein Stadtoberhaupt sei wegen seiner Funktion als Vorsitzender des Stadtrates zu einem guten Teil nicht nur Beamter, sondern auch Kommunalpolitiker. Und für diese gilt nun einmal der allgemeine Gleichheitssatz, nach dem mit wenigen Ausnahmen grundsätzlich allen Wahlberechtigten in gleicher Weise neben dem aktiven auch das passive Wahlrecht zusteht.